Herzschlagzeilen
einer Karriere als Journalistin ist geplatzt wie eine Seifenblase.
Angefangen hat alles mit den dämlichen Ballerinas. Mama hat sich nämlich hartnäckig geweigert, mir ihre schwarzen Pumps zu leihen.
»Zieh deine Ballerinas an, die passen wunderbar zu dem Rock«, war alles, was sie zu dem Thema sagte. Dass ich mit den Dingern plus dem kurzen Rock aussah, als wollte ich in einem englischen Mädcheninternat einchecken, hat sie nicht eingesehen.
Auch mein Argument, dass Gott sich doch etwas dabei gedacht haben muss, als er uns beiden exakt die gleiche Schuhgröße gab, konnte sie nicht umstimmen. Also habe ich irgendwann aufgegeben und zähneknirschend die flachen Treter angezogen.
Als ich mein Fahrrad endlich vor dem Kindergarten abschloss, war schon allerhand los. Der Parkplatz war voller Autos und vor der Eingangstür drängelten sich jede Menge Mütter mit Kleinkindern im Schlepptau. Das Treppengeländer rechts und links war mit Luftballons dekoriert und über der Tür prangte ein großes mit vielen Farbklecksen versehenes »Herzlich willkommen«-Schild.
Was für ein Auto fuhr eigentlich so ein Oberbürgermeister? Und fuhr er es selbst oder hatte er einen Chauffeur? Neugierig ließ ich meinen Blick über den Parkplatz schweifen, konnte aber zumindest auf Anhieb keine schwarze Limousine oder dergleichen finden.
Ich schnappte mir meine Tasche, fummelte Notizbuch und Kugelschreiber heraus und straffte meine Schultern. Jetzt würde ein neuer Lebensabschnitt beginnen. Den ersten Artikel der berühmten und für ihre knallharte Berichterstattung bekannten Journalistin Isa Heimbucher würde man später in ihrer Biografie abdrucken. Also, Isa, zeig, was du kannst. Ich griff nach der Türklinke, als die schwere Kindergartentür von innen aufgestoßen wurde und mir an den Kopf knallte.
»Jean-Pierre, Angelique-Lasalle, ich hab euch doch gesagt, ihr sollt drin warten.« Zwei blond gelockte Kinder stürmten aus dem Haus, dicht gefolgt von einer Frau mit einem Baby auf dem Arm.
»Oh, Entschuldigung, können Sie mal eben kurz halten? Ich habe nur den Schnuller im Auto vergessen. Jean-Pierre, Angelique-Lasalle, wartet bei der Tante hier, ich bin gleich zurück.«
Die Frau drückte mir etwas auf den Arm und dieses Etwas brüllte mir ins Ohr. Als der Schmerz an meiner Stirn ein wenig nachgelassen hatte und mir klar wurde, was geschehen war, stand ich schon allein mit dem Baby auf dem Arm da.
Schon-Piär
(wie um alles in der Welt kann man seinen Sohn Jean-Pierre nennen?) und
Onschelik-Lasall
(auf welche Art von Romanen stand wohl die Mutter dieser bedauernswerten Geschöpfe?) klammerten sich an meinen Rock. Ich öffnete den Mund, um der Frau nachzurufen, dass ich einen dringenden Termin hatte, aber in dem Moment fiel mir fast das Notizbuch aus der Hand, und ich musste aufpassen, dass das brüllende Baby nicht gleich hinterherrutschte.
»Ich will zur Hüpfburg«, kreischte
Onschelik
und hüpfte dabei jetzt schon wie ein Flummi neben mir auf und ab.
»Mama hat gesagt, hier gibt es Eis. Ich will
sofort
ein Eis!«
Schon-Piär
zog an meinem Rock, dass ich fast das Gleichgewicht verlor.
Wo war die Mama überhaupt? Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um den Parkplatz besser überblicken zu können, aber von Jean-Pierre-Angelique-Lasalles Mama war weit und breit nichts zu sehen. Das Baby brüllte mir weiter ins Ohr. Die beiden Kinder zerrten inzwischen mit vereinten Kräften an der schweren Eingangstür. Jean-Pierre schlüpfte schneller durch den schmalen Spalt ins Innere, als ich Stopp brüllen konnte, der blond gelockte Engel namens Angelique-Lasalle wollte hinterher, blieb aber in der bereits wieder zufallenden Tür stecken.
»Du Voll-Aaarsch! Du Kack-Gesicht! Du hast mich eingekleeeeeeemmt!«
Ich starrte den Engel mit offenem Mund an.
»Warte, das haben wir gleich.« Jemand schob mich zur Seite, zog die Tür wieder auf und befreite das kreischende Gör.
»Hast du dir wehgetan?«
Ich sah auf den Typen herunter, der da zu meinen Füßen kniete. Er musste ungefähr in Colins Alter sein. Dichte schwarze Locken kringelten sich frech über breiten Schultern in einem ziemlich engen weißen T-Shirt.
Onschelik
zog die Nase hoch, schüttelte den Kopf und schlüpfte ins Haus. Das weiße T-Shirt erhob sich und drehte sich um. Ich hielt die Luft an. Der Typ, der da vor mir stand, war ein ganzes Stück größer als ich und sah aus, als sei er direkt einem von Kikis Romanen entstiegen. Sein Äußeres war nahezu perfekt. Er kam mir
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