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Herzschlagzeilen

Herzschlagzeilen

Titel: Herzschlagzeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG
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einmal nichts, was an eine Kindergarteneinweihung erinnert. Es gibt einen Bericht über die neue geplante Mülldeponie, ein Foto von einer Kunstausstellung malender Senioren, eine Einladung des Heimatvereins zu seiner nächsten Vollversammlung. Ob sie am Ende gar keinen Bericht über den Kindergarten gebracht haben? Was mich gestern noch sehr erleichtert hätte, lässt mich heute fast ein wenig enttäuscht sein. Dann war die ganze Aufregung ja vollkommen umsonst!
    Plötzlich bleibt mein Blick an einer Überschrift hängen. Ich lese sie einmal, zweimal, dreimal. Die Worte sind von mir. Eindeutig. Mit klopfendem Herzen überfliege ich den ganzen Text.
    Kindertagesstätte »Die Froschkönige« eingeweiht
    Mit einem fröhlichen bunten Spielefest wurde am Samstag die neue Kindertagesstätte »Die Froschkönige« in der Bangertstraße eingeweiht. Da Oberbürgermeister Klaus Behrendt die Eröffnung wegen Krankheit leider nicht selbst vornehmen konnte, wurde das rote Band feierlich von seinem Sohn Marc Behrendt durchtrennt. Mit großem Jubel stürmten die anwesenden Kinder die neue städtische Einrichtung.
    Wegen dieses kurzen Artikels habe ich jetzt das ganze Wochenende über Höllenqualen gelitten? Und dann hat es der
Stadtanzeiger
nicht einmal für nötig befunden, meinen Namen unter den Text zu setzen? Eigentlich ist das nicht zu fassen. Trotzdem bin ich unglaublich erleichtert, als ich begreife, dass die Sache mit Marc Behrendt damit jetzt erst einmal abgehakt ist. Zumindest was seine wüsten Drohungen betrifft. Von der geplanten Entführung weiß er ja noch gar nichts. Und davon soll er so schnell auch nichts erfahren, füge ich in Gedanken hinzu.
    Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass ich dringend losmuss, wenn ich an meinem ersten Arbeitstag nicht gleich zu spät kommen will.
    Wo ist eigentlich Mama?
    Erst als ich meine leere Müslischale in die Spüle stelle, fällt mir auf, dass ich meine Mutter heute überhaupt noch nicht gesehen habe. Papa schläft sicher noch, der hatte ja gestern Abend noch Spätdienst. Aber Mama muss schließlich pünktlich im Buchladen stehen. Ob sie verschlafen hat? Colin und Kiki haben die Wohnung inzwischen in Richtung Schule verlassen. Ich schmiere mir schnell zwei Toastbrote und fülle meine Lunchbox, dann stopfe ich sie zu Notizbuch, Handy und meinem Schminkzeug in die Tasche und mache mich auf den Weg zum Schlafzimmer meiner Eltern. Als ich am Bad vorbeikomme, höre ich Gesang. Ganz offensichtlich trällert meine Mutter unter der Dusche vor sich hin. Irritiert bleibe ich stehen. Zu jeder anderen Tageszeit hätte ich mich nicht über den Gesang meiner Mutter gewundert. Aber jetzt schon.
    Es ist kurz nach sieben am frühen Morgen. Meine Mutter ist der totale Morgenmuffel. Sie leistet uns zwar normalerweise beim Frühstück Gesellschaft, aber meistens spricht sie dabei kein Wort, sondern starrt nur stumpf in ihre Kaffeetasse, als könnte sie durch bloßes Hineinstarren Energie für den Tag daraus saugen. Und jetzt singt sie unter der Dusche?! Das ist alles andere als normal. Kurz probiere ich, ob das Bad offen ist, aber die Tür ist abgeschlossen. Deshalb klopfe ich nur und rufe Mama ein »Tschüss, ich muss los!« zu. Keine Reaktion. Vermutlich hat sie mich gar nicht gehört. Egal. Ich muss jetzt echt weg. Ich schnappe mir meinen Fahrradschlüssel vom Haken und verlasse die Wohnung.
    Endlich stehe ich vor dem Verlagsgebäude. Ich bin schon oft hier vorbeigefahren, aber jetzt schiebe ich mein Fahrrad zum hauseigenen Parkplatz (»Nur für Mitarbeiter«!) und schließe es dort an den Fahrradständer. Mitarbeiter! Ich! Ich straffe die Schultern und lasse den Blick über die Fensterfronten wandern. Hier werden also in Zukunft meine Artikel entstehen. Mit klopfendem Herzen drücke ich die Klinke zum Haupteingang des
Stadtanzeigers
herunter.
    »Zu wem wollen Sie? Zu Herrn Fischer?« Die Dame am Empfang lacht glockenhell auf. Irritiert starre ich sie an.
    Ich weiß nicht, wen oder was ich am Empfangstresen einer Zeitung erwartet hatte. Aber ganz sicher nicht das: Vor mir sitzt eine Mischung aus Tinkerbell und der kleinen dicken Fee aus dem
Cinderella
-Film. Blonde Löckchen kringeln sich wie ein zerrupftes Vogelnest um ihren Kopf, auf ihrer Nase sitzt eine goldene Brille mit Strasssteinchen, ihr rundlicher Körper steckt in einem viel zu engen pinkfarbenen Kleid mit viel zu tiefem Dekolleté. Und ich frage mich für einen kurzen Moment, ob auf ihrem Rücken wohl kleine schillernde Flügel

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