Herzschlagzeilen
klicke mich verärgert weiter.
Geht’s dir noch ganz gut, Isa? Du bist doch jetzt nicht ernsthaft eifersüchtig auf eine Tennispartnerin von diesem verwöhnten Typen
? Ich schließe die Seite und kehre zu Facebook zurück. Was ist eigentlich in mich gefahren? Wieso interessiert es mich plötzlich, mit wem dieser Marc in seiner Freizeit Tennis spielt? Und wieso fühle ich mich auf einmal in meinem schlabberigen Sweatshirt und meiner Jeans unbehaglich? Liegt das an den alles durchdringenden blauen Augen von Marc Behrendt, die mich von jedem Foto aus anzustarren scheinen?
Jetzt reiß dich endlich zusammen, Isa. Marc Behrendt interessiert dich aus rein beruflichen Gründen. Es kann dir völlig egal sein, mit wem er Tennis spielt und ob er eine Freundin hat
.
Die Lust am Fotosgucken ist mir erst mal vergangen. Stattdessen checke ich meine Nachrichten. Nichts Neues. Natürlich nicht. Was mache ich jetzt? Wie um alles in der Welt soll ich herausfinden, wer Marc Behrendt da an den Kragen will? Ziemlich ratlos klicke ich mich eine Weile durch alle möglichen Postings, bis ich plötzlich eine Idee habe. Wie heißt der Oberbürgermeister doch gleich mit Vornamen? Ich schnappe mir mein Notizbuch und blättere zu den Stichpunkten, die ich mir vor der Kindergarteneröffnung gemacht habe.
Klaus. Klaus Behrendt. Richtig. Ich gebe diesen Namen in die Suchmaske bei Facebook ein und – Bingo! Klaus Behrendt, Oberbürgermeister unserer reizenden Stadt, hat eine richtige Fanseite bei Facebook. Die fünfstellige Anzahl von Likes lässt darauf schließen, dass er entweder sehr beliebt ist oder aber von vielen Augen argwöhnisch beobachtet wird. Gespannt durchforste ich die Beiträge auf seiner Seite, in der Hoffnung, irgendetwas Privates oder Wichtiges über seinen Sohn herauszufinden. Aber Fehlanzeige. Die meisten Beiträge drehen sich nur um ein paar politische Termine, hin und wieder sind Glückwünsche darunter oder auch Einladungen zu irgendeinem Event in der Stadt. Nichts Privates, gar nichts. Genervt klappe ich meinen Laptop zu.
So langsam bekomme ich Hunger. Seit wir dem Kleinkindalter entwachsen sind, gibt es bei uns sonntags kein Mittagessen mehr. Wir frühstücken meistens lange und ausführlich und treffen uns erst zum Abendessen wieder am Familientisch. Nachdem mir Papas Schilderungen heute Morgen den Appetit verdorben haben, merke ich jetzt doch, dass mir das ausgiebige Frühstück fehlt. Ich mache mich auf den Weg in die Küche, um mir ein Stück von dem Kuchen zu holen, den Mama heute Morgen angeschnitten hat. Im Flur bleibe ich stehen. Irre ich mich oder weint da jemand? Verwirrt lausche ich einen Moment, bis ich erkenne, dass es Kiki ist, die da ganz offensichtlich schluchzt. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass sie wieder zu Hause ist. Das Geräusch kommt aus dem Badezimmer. Ich gehe hin und drücke die Klinke. Abgeschlossen.
»Kiki? Alles in Ordnung?« Ich klopfe gegen die Tür. Das Schluchzen hört einen Moment auf, setzt aber sofort wieder ein. Ich bin einigermaßen durcheinander. Eigentlich kenne ich meine Schwester nur frech und fröhlich. Und meistens schrecklich nervig. Dass sie auch mal Kummer haben oder traurig sein könnte, ist mir bisher kaum in den Sinn gekommen. Ich klopfe noch mal.
»Kiki, ich bin’s. Isa. Mach doch bitte die Tür auf.«
Ich höre ein kurzes Schniefen, dann ein Schlurfen. Und endlich dreht sich der Schlüssel im Schloss und die Badezimmertür geht auf. Vor mir steht meine völlig verheulte kleine Schwester. Mit
grünen
Haaren. Entsetzt starre ich sie an. Kiki wischt sich mit dem Ärmel über ihr verquollenes Gesicht. Als sie meinen Blick sieht, knallt sie mir die Tür vor der Nase zu und schließt wieder ab.
A ls ich am Montag erwache, bin ich alles andere als euphorisch. Dabei scheint draußen die Sonne und durch das offene Fenster dringt das Gezwitscher der Vögel bis zu mir unter die Bettdecke. Seufzend drehe ich mich auf den Bauch und vergrabe meinen Kopf im Kissen. Ich hatte mich so lange auf diesen Tag gefreut, aber seit der Aktion im Kindergarten ist mir klar geworden, dass mein Weg zur erfolgreichen Journalistin wohl doch steiniger werden wird, als ich ursprünglich angenommen hatte.
Außerdem fehlen mir meine Freunde. In der Schule ist an schlechten Tagen immer jemand zum Reden da. Heute würde ich den Tag allein überstehen müssen. Dass ich am Abend mit Nina verabredet bin, ist mir im Moment nur ein schwacher Trost.
Ein Gutes hatte der gestrige Selbstversuch meiner
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