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Herzschlagzeilen

Herzschlagzeilen

Titel: Herzschlagzeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG
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ich gar nicht erst zu fragen, die lässt von ihrer endlos langen Mähne auch immer nur die Spitzen schneiden. Es bleibt mir nichts anderes übrig, als die infrage kommenden Salons heute Mittag mit dem Fahrrad abzuklappern. Vielleicht habe ich ja Glück und einer kann mich spontan dazwischenschieben.
    Bevor ich mich dieser Aufgabe widmen kann, steht aber erst mal die Redaktionssitzung auf dem Programm. Die findet zweimal täglich statt und wird von allen hier beim
Stadtanzeiger
tierisch ernst genommen. Das hat mir Tinkerbell gestern noch verraten. Heute bin ich bei der Vormittagsrunde dabei und sogar
Wefi
ist diesmal pünktlich. Muss er auch, schließlich ist er heute Redakteur vom Dienst, das heißt, er ist quasi der Chef des Tages, teilt ein, koordiniert, guckt, dass alles da ist, und wimmelt nervige Leser am Telefon ab. Wenn sie es überhaupt bis ans Redaktionstelefon schaffen. Dafür müssen sie schließlich erst am Empfang vorbei und somit an Tinkerbell. Ich darf neben
Wefi
sitzen und zwischendurch Fotokopien von wichtigen Unterlagen für das ganze Team machen, neuen Kaffee kochen und den Zucker auffüllen. Das alles macht mir nicht nur klar, wie weit mein Weg von der Teeküche bis zur Starjournalistin noch sein wird, sondern auch, wie groß meine Chance ist, diesen steinigen Weg mithilfe einer satten Entführungsstory ein wenig zu ebnen. Allerdings hält mich das Vorhaben, mich von einer grauen Maus in eins dieser Mädchen zu verwandeln, bei denen sogar Mister »Ich bin einfach unwiderstehlich«-Kotzbrocken schwach werden muss, ziemlich konsequent davon ab, mich auf die Sitzung zu konzentrieren.
    »Und Isa macht in den nächsten zwei Wochen die Meldungen.«
    Ich zucke zusammen und schaue hoch. Fünf Augenpaare starren mich abwartend an.
    Meldungen? Welche Meldungen? Hektisch rufe ich alle Informationen über den Redaktionsalltag ab, die ich inzwischen sammeln konnte. Ich habe keine Ahnung, von welchen Meldungen
Wefi
da spricht.
    »Der Ordner liegt im Newsroom. Die Mustermappe auch. Kannst du dir gleich nach der Sitzung holen.«
    In meinem Kopf schwirrt alles durcheinander. Newsroom. Ordner. Mustermappe.
    Der Newsroom ist eigentlich der Raum, in dem die Seiten geplant und die Texte redigiert werden. Da immer noch alle warten, nicke ich schnell. Klar. Newsroom. Kein Problem. Genauso gut hätten sie mich in die Wüste schicken können. Ich habe tatsächlich keine Ahnung, was ich eigentlich machen soll. Ich werfe
Wefi
einen Blick zu. Aber der grunzt nur und geht schon zum nächsten Tagesordnungspunkt über. Endlich stehen alle wieder auf, um sich an ihre Schreibtische zu begeben.
    Jetzt weiß ich zwar, wie viele Löffel Zucker der Sportredakteur nimmt und dass die Damen vom Feuilleton ihren Kaffee am liebsten Schwarz trinken, aber ansonsten bin ich kein bisschen schlauer.
    »Kommst du?«
Wefi
sieht mich auffordernd an.
    Ich starre dämlich zurück.
    »Ähm – wohin?«
    Wefi
rennt einfach los, und ich bemühe mich hastig, mit ihm Schritt zu halten.
    »Du kannst die Meldungen hier unten schreiben oder bei mir im Büro. Wie du willst.«
    Ich nicke. Welche Meldungen, zur Hölle?
    »Wichtig ist nur, dass du dich an die Standards vom
Stadtanzeiger
hältst. Findest du in der Mustermappe.«
    Da
Wefi
sowieso nicht auf mich achtet, lasse ich das Nicken jetzt einfach weg. Vor dem Newsroom bremst er abrupt ab.
    »Also?«
    »Ja.«
    »Was, ja? Wo willst du schreiben?«
    »Hier. Also, ich … Wenn Sie wollen, kann ich auch oben. Also bei Ihnen …« Hilflos sehe ich ihn an.
    »Kann es sein, dass du keine Ahnung hast, wovon ich rede?«
    Ich fühle, wie mir der Schweiß ausbricht.
    »Ich soll Meldungen schreiben … der Ordner liegt im Newsroom … aber ich …«
    Wefi
unterbricht mein Gestammel mit einer ungeduldigen Handbewegung.
    »Es geht um die Pressemeldungen. Wir können nicht zu jedem Termin gehen. Deshalb bitten wir die Vereine oft, selbst ein paar Zeilen zu schreiben, ein Foto zu machen und uns das Ganze per Mail zu schicken.«
    Endlich verstehe ich.
Wefi
öffnet die Tür zum Newsroom. »Der Ordner mit den aktuellen Meldungen liegt dahinten. Die Texte deiner Vorgänger kannst du als Muster nehmen.« Er nickt mit dem Kopf irgendwo in Richtung der hinteren Ecke und schiebt mich in den Raum. »Viel Glück.«
    Eine Stunde später raucht mir der Kopf. So anstrengend hatte ich mir das mit den Meldungen nicht vorgestellt. Vor mir liegen die Mails des heutigen Tages. Fein säuberlich ausgedruckt und in besagtem Ordner abgeheftet.

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