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Herzschlagzeilen

Herzschlagzeilen

Titel: Herzschlagzeilen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG
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immer so durch die Räume zu hetzen. Zwar sind uns hier keine schreienden Kleinkinder im Weg, aber dafür rennen wir fast die nette Dame mit den Sektgläsern und Häppchen um. Todesmutig balanciert sie ihr Tablett durch die Menge und bietet es jedem an, in dessen Nähe sie kommt. Ich will gerade dankbar nach einem Glas greifen, als Marc mich schon weiterzieht. Kurz überlege ich, ob ich ihn einfach loslassen und mir etwas zu trinken schnappen soll, aber meine Angst, ihn hier in der Menge zu verlieren und dann wieder nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, ist zu groß.
    Plötzlich bleibt Marc stehen. Mich immer noch im Schlepptau, redet er ununterbrochen auf eine junge Frau ein, die ihn zu kennen scheint und die bei jedem zweiten Satz seinen Arm berührt. Dass an seinem anderen Arm bereits eine Frau hängt, nämlich ich, scheint diese Kuh gar nicht zu stören. Denn plötzlich greift sie nach seiner freien Hand und zieht ihn hinter sich her. Ich denke gar nicht daran, Marc loszulassen, und so gewinnen die anderen anwesenden Gäste vermutlich den Eindruck, wir wollten zur Eröffnung der Ausstellung eine Polonaise veranstalten. Ich rechne jeden Moment damit, dass sich einer der älteren Herren bei mir einhängt.
    Leider stoppt eine große geschlossene Flügeltür unseren Lauf und jetzt sehe ich auch endlich das erwartete rote Absperrband. Marc lächelt mir zu und drückt sanft meinen Arm, bevor er ihn loslässt. Ich habe das Gefühl, mich unter dem Blick seiner blauen Augen in einen gasförmigen Zustand zu verwandeln. Mir wird ganz schwindelig und ich klammere mich schnell wieder an ihm fest. Energisch schiebt Marc meine Hand weg und greift nach der Schere, die ihm irgendjemand plötzlich reicht. Dass diese Scheren aber auch immer wie von Zauberhand aus dem Nichts auftauchen.
    Ich bin voller Bewunderung für Marc. Wie souverän er mit all diesen wichtigen Leuten umgeht. Wie locker er dabei wirkt, selbst in Momenten wie diesem, wo er auch noch eine kleine Rede halten muss. Ich lausche gebannt und fange total begeistert an zu applaudieren, als er mit seiner kurzen Ansprache fertig ist. Dummerweise bin ich die Einzige, die applaudiert, sodass mich ziemlich schnell ziemlich viele Augenpaare ziemlich missbilligend anstarren.
    Ich fühle, wie ich knallrot werde, während Marc mir den gleichen funkelnden Blick zuwirft, den ich schon bei der Kindergarteneinweihung kennenlernen durfte. Dann dreht er sich um und zerschneidet das rote Band. Allein.
    Danach werden jede Menge Hände geschüttelt, die Dame mit dem Tablett taucht wieder auf, und da mich im Moment sowieso keiner beachtet, greife ich schnell nach einem Glas Sekt.
    Es riecht ein bisschen streng in diesem Saal. Vielleicht lenkt ein Schlückchen Sekt mich davon ab. Dass ich noch keine sechzehn bin, interessiert hier zum Glück niemanden.
    Jetzt spricht dieser Boris Yefimenko ein paar Worte. Die Dame mit den Sektgläsern bleibt neben mir stehen und lauscht ihm interessiert. Praktisch. Da kann ich mein leeres Glas gleich abstellen und mir ein neues nehmen. Der komische Geruch, der von irgendwo schräg unten zu kommen scheint, ist nämlich noch nicht ganz verschwunden.
    Dieser Boris sieht ganz anders aus, als ich mir einen Künstler vorgestellt hatte. Er trägt weder einen Rollkragenpullover noch hat er lange Haare. Eigentlich wirkt er schrecklich seriös und langweilig. Bestimmt malt er auch nur langweilige Bilder, denke ich, während ich mein leeres Glas wieder gegen ein volles austausche.
    Als Boris endlich fertig ist mit seiner Rede, werden die Flügeltüren weit aufgestoßen. Alle strömen in den Saal. Eine schwarze Masse schiebt sich an mir vorbei. Ich beschließe, noch ein bisschen abzuwarten und den anderen den Vortritt zu lassen. Marc wird bestimmt gleich zu mir kommen und dann können wir die Bilder gemeinsam betrachten. Aus den Augenwinkeln nehme ich einen roten Fleck wahr. Ein rotes Kleid. Ich kann das Kleid nur von hinten sehen, aber im Stillen beglückwünsche ich die Trägerin zu diesem genialen Schachzug. Auf eine solche Veranstaltung in einem roten Outfit zu gehen, diese Idee ist grandios. Vor allem hat dieses Kleid auch noch einen total raffinierten Rückenausschnitt, der von zwei gekreuzten Trägern gehalten wird. Jetzt legt sich ein dunkler Anzugarm um den Rücken und versperrt mir die Sicht. Gut, dass ich ohnehin kein rotes Kleid besitze, sonst hätte ich mich jetzt geärgert, denke ich neidisch. Ich hätte mir höchstens diesen Fummel von Mama

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