Herzschlagzeilen
ausborgen können, den sie neulich in meinem Zimmer vor mir verstecken wollte. Ich kichere bei dem Gedanken daran, dass ich ja immerhin schon Mamas Schuhe trage.
»Schön, dass du dich amüsierst.«
Marc steht neben mir, nimmt mir mein leeres Sektglas ab und reicht mir ein volles. Endlich hab ich ihn wieder. Ich hänge mich bei ihm ein und strahle ihn an.
»Komm, lass uns ein bisschen rausgehen. Hier drin riecht es irgendwie komisch.«
Ich bin froh, dass auch Marc den Geruch bemerkt hat. Man kann im Zusammenhang mit Kunst ja so leicht in Fettnäpfchen treten.
»Und die Bilder?«
»Du interessierst dich für die Bilder?« Erstaunt sieht er mich an.
Tu ich das? Schnell schüttele ich den Kopf. »Gehen wir raus.«
Marc zwinkert mir zu und zieht mich in Richtung Ausgang. Vor der Tür empfängt uns milde Sommernachtsluft. Er führt mich die Stufen der Vortreppe hinunter und dirigiert mich unter eins der erleuchteten Fenster. Meine Beine fühlen sich an wie Wackelpudding. Das kommt sicher von den ungewohnten Schuhen. Moment mal! Schuhe? Ich riskiere einen vorsichtigen Blick nach unten. Um den Kopf sofort wieder nach oben zu reißen. Das, von dem ich glaubte, es zwischen ein paar Grasbüscheln entfernt zu haben, klebt jetzt stattdessen nicht nur an der Sohle, sondern auch auf der Oberseite meines linken Schuhs. Mamas linken Schuhs, korrigiere ich mich in Gedanken. Mir wird ganz schlecht bei dem Gedanken daran, was Mama zu ihren schmutzigen Pumps sagen wird. Oder kommt die Übelkeit doch von dem Geruch?
Vorsichtshalber lehne ich mich gegen die Hauswand. Und jetzt? Wie geht es weiter? Muss ich nun irgendwas machen? Worüber soll ich mich mit Marc unterhalten? Hier kann er nicht mal in einer Eiskarte blättern, um sich zu beschäftigen. Das Schweigen zwischen uns macht mich total nervös. Und der Gestank, der von meinem linken Schuh aufsteigt, macht es nicht besser.
»Wenigstens hat dir heute niemand aufs Hemd gekotzt«, sage ich in die Dunkelheit. Und frage mich, wo jetzt dieser Satz herkommt.
»Was?« Marc sieht mich irritiert an.
»Das Baby. Hier gab es heute wenigstens kein Baby«, helfe ich ihm auf die Sprünge.
»Pssst.« Marc dreht sich zu mir und legt mir seinen Zeigefinger auf die Lippen. Erschrocken halte ich die Luft an. Wenn ich jetzt atme, werde ich vielleicht wach und stelle fest, dass alles nur ein Traum ist. Marc sieht mir direkt in die Augen. Dann nimmt er mir sanft das Sektglas aus der Hand und stellt es hinter mich auf die Fensterbank.
Denk an das Pferd, Isa,
ermahne ich mich.
Du brauchst nur eine Geburtstagseinladung. Und die Story. Der Prinz interessiert dich nicht. Vergiss den Prinzen und denk an das Pferd.
Im Hinterkopf höre ich ein leises Wiehern. Blöd nur, dass der Prinz so wunderschöne blaue Augen hat. Jetzt hat er seinen Finger von meinen Lippen genommen und streicht mir damit eine Haarsträhne aus der Stirn. Stromstöße jagen durch meinen Körper. Bestimmt werde ich gleich ohnmächtig. Ich muss mich dringend irgendwo festhalten. Meine Hände greifen nach seinen Hüften, ich schwanke ein bisschen. Gut, dass er schnell einen Arm um mich legt und mich zu sich zieht. Wie lange kann man, ohne zu atmen, aushalten? Ich schließe die Augen und plötzlich spüre ich seine Lippen auf meinen. Ganz fest sind sie. Und fordernd. Ich klammere mich an Marc und seine freie Hand gleitet auf meinem Rücken unter mein Shirt. Seine Hand ist warm und verursacht wohlige Schauer auf meinem nackten Rücken. Die Schmetterlinge in meinem Bauch benehmen sich wie orientierungslose Autoscooter, die dauernd aneinanderknallen. Mit viel Anstrengung schaffe ich es, eine Hand von Marcs Hüfte zu lösen und langsam seinen Rücken hinaufwandern zu lassen, bis ich endlich in seine wunderschönen schwarzen Locken fassen kann. Was für ein Traum. Ich ziehe seinen Kopf noch ein Stückchen weiter zu mir und öffne bereitwillig den Mund. Pfeif auf das Pferd, wenn der Prinz so küssen kann.
ZOSCH! Plötzlich trifft helles Blitzlicht meine Augen. Und noch eins. Und noch eins. Zosch! Zosch! Marc weicht zurück und lässt mich so abrupt los, dass ich stolpere und fast gefallen wäre, hätte nicht die Hauswand hinter mir mich abgefangen. Ich blinzele gegen das plötzliche Blitzlichtgewitter an und starre fassungslos in das versteinerte Gesicht von Luke.
»Was – was machst du da?«, stammele ich und halte Marc am Ärmel fest. Der ist rasend vor Wut und sieht aus, als würde er sich jeden Moment auf Luke stürzen.
»Das
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