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Herzstoss

Herzstoss

Titel: Herzstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
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wollen. Jetzt lagen die Klamotten zerknittert auf dem Boden, manche noch mit Preisschild. »Ich rede. Du hörst zu.«
    Devon zuckte die Achseln. Sie trug einen gelben Flanellschlafanzug, den Marcy ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Die Verkäuferin hatte vergessen, das Sicherheitsetikett zu entfernen, aber Marcy war trotzdem aus dem Laden gekommen, ohne den Alarm auszulösen. Das Etikett klemmte noch immer am Saum der Hose, weil Devon nie dazugekommen war, mit dem Kassenzettel noch einmal in den Laden zu gehen und es entfernen zu lassen. Marcy fand, dass es aussah wie eine elektronische Fußfessel, die Menschen unter gerichtlich angeordnetem Hausarrest tragen mussten, was ihr im Nachhinein und unter den gegebenen Umständen prophetisch, ja sogar angemessen erschien.
    »Du hast ein Riesenproblem, Devon.«
    »Ich hab kein Problem.« Devon lehnte sich in die Kissen zurück, die Augen glasig, ihr Blick gelangweilt. »Unser Anwalt paukt mich da raus.«
    »Das wissen wir nicht mit Sicherheit.«
    »Er hat mich auf Kaution frei bekommen, oder nicht?«
    »Das ist etwas anderes.«
    »Es war nicht meine Schuld. Ich wusste nichts von den Drogen.«
    »Das glaube ich dir nicht«, erklärte Marcy ihr.
    »Natürlich.« Devon schnaubte abschätzig.
    »Und auch wenn ich dir glauben würde, wäre das ohne Belang. Du warst dort. Und zwar zusammen mit einem Mann, der als polizeilich bekannter Dealer identifiziert wurde …«
    »Er heißt Tony, und er ist kein Dealer.«
    »Es ist mir egal, was er ist. Du wirst ihn nicht wiedersehen.«
    »Was?«
    »Keine Diskussion.«
    »Und ob.«
    »Ich rede. Du hörst zu. Schon vergessen?«, sagte Marcy.
    »Ich bin volljährig. Du kannst mir nicht vorschreiben, was ich machen soll.«
    »Solange du unter unserem Dach wohnst, kann und werde ich das sehr wohl tun.«
    Devon sprang vom Bett auf und stürzte mit rudernden Armen auf ihre Mutter zu. »Dann muss ich wohl ausziehen.«
    Marcy verzog keine Miene und grub ihre Zehen in ihre Schuhe, als wolle sie an Ort und Stelle Wurzeln schlagen. »Ich darf dich daran erinnern, dass du nur unter der Bedingung gegen Kaution freigelassen worden bist, dass du weiterhin bei deinen Eltern wohnst.«
    »Dann bist du jetzt mein Gefängniswärter?«
    »Ich bin deine Mutter.«
    »Ja. Das kriegst du ja super hin.«
    »Es geht hier nicht um mich.«
    »Nicht? Das ist alles deine Schuld, weißt du. Es sind deine verdorbenen Gene, die ich geerbt habe.«
    »Und das tut mir auch sehr leid. Wirklich. Ja, du hast ein mieses Blatt bekommen. Glaub mir, ich wünschte, ich hätte einen Zauberstab, mit dem ich all deinen Kummer verschwinden lassen könnte. Aber das kann ich nicht. Und du bist kein Kind mehr, Devon. Du bist erwachsen. Irgendwann musst du mit dem Blatt spielen, das dir zugeteilt wurde, und anfangen, Verantwortung für dein eigenes Leben zu übernehmen.«
    »Und genau das versuche ich auch.«
    »Ach ja? Indem du mit irgendwelchen Losern rumhängst, dich verhaften lässt und Drogen nimmst?«
    »Ich dachte, ich soll meine Medizin nehmen.«
    »Deine Tabletten zu nehmen, ist ja wohl etwas völlig anderes.«
    »Da hast du allerdings recht. Mit deiner Medizin geht es mir schlecht. Und mit meiner Medizin geht es mir gut.«
    »Devon, das ist doch lächerlich. Du führst dich auf wie eine Zwölfjährige.«
    »Ich bin zwölf! Ob’s dir gefällt oder nicht, Mommy. Älter bin ich nicht!«
    »Das gefällt mir aber nicht!«, fauchte Marcy zurück, nachdem ihre Geduld endgültig aufgebraucht war. »Es gefällt mir kein bisschen, verdammt noch mal. Ich hab es satt, die Mutter eines zwölfjährigen Kindes zu sein. Ich möchte die Mutter einer einundzwanzigjährigen Frau sein. Hörst du mich, Devon? Verstehst du das?« Sie brach in eine Flut wütender, bitterer Tränen aus. »Ich musste Mutter spielen, seit ich selbst noch ein Kind war, und mir steht es bis hier. Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Hörst du mich?«
    Sie wappnete sich für Devons wütende Erwiderung, ein weiteres Wortgefecht, nach dessen unweigerlichem Verlust sie sich taub und erschöpft fühlen würde, ihr Körper mit unsichtbaren Narben und Wunden überzogen. Stattdessen schlang Devon die Arme um ihre Mutter und drückte sie fest an sich. »Ich höre dich, Mommy«, sagte sie leise.
    »Hören Sie mich?«, fragte eine Stimme aus weiter Ferne. »Marcy, hören Sie mich?«
    Marcy schlug die Augen auf und sah zwei besorgte Gesichter auf sich herabblicken. Sie stützte sich auf die Ellbogen und sah sich um. Sie lag auf

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