Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
befördert hat.
Ich weiß. Ich weiß. Es ist echt erbärmlich, aber würdet ihr euch an meiner Stelle nicht auch zumindest ein winziges bisschen selbst bemitleiden? Und was soll ich nun mit Ollie und der Tatsache machen, dass ich ihm ein kleines Vermögen an Arztkosten schuldig bin? Wieso hab ich das nicht gleich kapiert? Er muss mich für total undankbar halten.
Seit dem verhängnisvollen Abend in der Milford Road ist die Stimmung zwischen Ollie und mir ziemlich angespannt. Ich habe mich natürlich bei ihm bedankt, dass er die Rechnungen übernommen hat. Und angeboten, alles zurückzuzahlen, aber davon wollte Ollie nichts wissen.
»Ich habe das gern gemacht«, beharrte er, den muskulösen Rücken mir zugekehrt, während er im Spülbecken nach einer Gabel suchte, um sich sein Hühnchen Madras einzuverleiben. »Keiner hat mich dazu gezwungen.«
»Aber das war doch viel zu viel.«
»Herrje!«, raunzte Ollie das schmutzige Geschirr an. »Es ist erledigt, okay? Hör endlich auf, darauf herumzureiten.«
»Aber das muss ein Vermögen gekostet haben.« Das weiß ich übrigens deshalb ganz genau, weil ich die Mülltonnen nach dem Beweisstück durchsucht habe – ein widerwärtiges Unterfangen, nach dem ich froh war, dass ich nicht den illustren Beruf der Journalistin ergriffen habe, sondern Lehrerin geworden bin. Nachdem ich die Rechnung entdeckt und sie von chinesischen Essensresten befreit hatte, stellte ich fest, dass ich Ollie über tausendfünfhundert Pfund schulde, was für mich bei meiner gegenwärtigen Finanzlage so viel ist wie fünfzehn Millionen. Ich bin aber wild entschlossen, ihm das Geld zurückzuzahlen, auch wenn ich noch keinen blassen Schimmer habe, wie ich das anstellen soll. Vielleicht sollte ich mich mal bei Reverend Rich erkundigen, ob der Teufel immer noch Seelen ankauft.
»Vergiss es!« Ollie zerrte eine Gabel unter einem Stapel schmutziger Teller hervor. Unglücklicherweise hatte er kein gutes Händchen bei diesem Geschicklichkeitsspiel, weshalb Teller und Töpfe schwungvoll zu Boden stürzten und Scherben durch die Luft flogen.
»Verfluchte Scheiße!«, brüllte er, was mich fast zu Tode erschreckte. Ollie ist der entspannteste Typ unter der Sonne. Er rastet nie aus, weshalb er unter anderem so ein guter Lehrer ist. Die Kids kapieren immer schnell, dass sie Mr Burrows mit gar nichts stressen können.
Das gelingt offenbar nur mir.
Weshalb ich sicher davon ausgehen konnte, dass ich ihn ernsthaft verärgert hatte.
»Nun hör endlich auf damit«, knurrte er und bückte sich, um die Scherben aufzuklauben. »Du schuldest mir kein Geld, wenn dir das Sorgen macht. Und ich erwarte auch nicht, dass du mir deinen Körper zum Dank anbietest.«
Seine Wut veranlasste mich dazu, augenblicklich die Klappe zu halten. Und nicht nur das. Ich tappte nach oben in mein Zimmer und flennte so lange, bis man mich als Rudolph das rotnasige Rentier auf eine Weihnachtskarte hätte kleben können. Dann rief ich Jewell an und fragte sie, ob ich bei ihr unterkommen könnte. Ollie stürmte inzwischen aus dem Haus – vermutlich zu Nina –, und den Rest der Geschichte kennt ihr.
Was mir außerdem Kopfschmerzen bereitet, ist die Tatsache, dass James offenbar nicht aufgeben will. Er hat mir unzählige Entschuldigungsbriefe geschickt, und mit dem Mann von Fleurop bin ich inzwischen per Du. Dazu bin ich stolze Besitzerin von Heliumballons, erlesenen Pralinen und seit heute Morgen sogar Fahrkarten für den Orientexpress. James’ Fantasie sind derzeit offenbar keine Grenzen gesetzt. Ich habe allmählich den Eindruck, dass er vollkommen durch den Wind ist. Glaubt er ernsthaft, ich würde ihm verzeihen, nach allem, was er sich geleistet hat? Nein, ich habe nicht die geringste Absicht, jemals zu dem Mann zurückzukehren. Ich werde mich nie mehr damit zufriedengeben, wie zweite Wahl behandelt zu werden. Weshalb ich alle Geschenke mit der Aufforderung, er möge sich verpissen, zurückschicke und mich bei Jewell verstecke, bis er hoffentlich demnächst aufgibt.
Ein Jammer, dass er nie solches Interesse an mir hatte, als wir noch zusammen waren.
Ich stelle die trübsinnigen Grübeleien ein, überzeuge mich, dass Zwicki sich in Jewells riesiger Wanne mit Klauenfüßen wohlfühlt, und tappe nach unten in die Küche.
»Vorsicht, da ist Tabitha«, flötet meine Patentante, als ich mir um ein Haar den Hals breche, weil ich auf der Türschwelle über eine Katze stolpere.
Tabitha wirft mir aus gelben Augen einen giftigen Blick
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