Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
Liebe seines Lebens bin, wird mir klar, dass ich das gar nicht will.
Ist das Leben nicht niederträchtig?
»Was ist los?«, fragt James.
»So geht das nicht.« Ich schaue ihn an, und es kommt mir vor, als täte ich das zum ersten Mal. Ich frage mich, weshalb mir nie zuvor aufgefallen ist, dass er schmale Lippen und eng stehende Augen hat, die ihn ziemlich unsympathisch wirken lassen. »Es ist vorbei, James. Aus und vorbei.« Und als ich das sage, merke ich, dass ich tatsächlich jedes Wort meine. Ich will wirklich und wahrhaftig nicht mehr mit James zusammen sein.
Die letzten vier Jahre erscheinen mir plötzlich wie ein Alptraum.
»Das meinst du nicht wirklich«, sagt James entschieden, so wie er das früher getan hat, wenn ich sagte, ich äße nicht gerne Austern oder könne Opern nicht ausstehen. »Sei nicht albern und komm nach Hause, Pummel. Du hast deinen Standpunkt ja jetzt klargemacht.«
Ich schüttle den Kopf. »Mein Standpunkt ist, dass ich nicht mit dir nach Hause gehen werde, James. Es ist wirklich aus mit uns. Du hattest recht, obwohl ich das lange nicht erkennen konnte. Uns geht es besser, wenn wir getrennt sind. Und uns andere Partner suchen.«
Die Röte weicht aus James’ Gesicht, bis auf zwei leuchtende Flecken auf seinen Wangen, die an Ronald McDonald erinnern, und er atmet schnaubend, was ein verlässliches Zeichen für die drohende Ausrastung ist. Die Haut um seinen Mund nimmt einen grünweißen Farbton an.
»Du bist mit jemand anderem zusammen«, schnaubt er. »Wer ist es?«
Als kleines Kind war ich versessen auf Ochsenschwanzsuppe; ich löffelte den Teller immer im Nu leer und verputzte den Rest dann mit einem Stück Brot. Dann, kurz nachdem ich lesen gelernt hatte, kam ein Tag, der sich unauslöschlich in mein Gedächtnis gegraben hat. Ich blickte nach dem Mittagessen auf meinen leeren Teller, und mir wurde mit zunehmendem Grauen bewusst, was ich mir da immer einverleibt hatte. Ochse und Schwanz. Ochsenschwanz. Ochsenschwänze! Krass. In einem einzigen Moment wurde mir etwas, das ich zuvor heiß geliebt hatte, total zuwider. Allein beim Gedanken daran hätte ich kotzen können.
Ich gehe mal davon aus, dass ihr diesen Vergleich versteht.
In Ollies Diele, an das Treppengeländer gedrängt, während sich der Griff eines Mountainbikes in meine Hüfte bohrt, danke ich dem Herrn, dass James mich abserviert hat, bevor ich die Dummheit begehen konnte, ihn zu heiraten.
»Es gibt niemanden«, erwidere ich fest, während ich am Türriegel herumhantiere. »Aber selbst wenn es so wäre, geht dich das nichts an, James.« Ich öffne die Haustür. »Ich möchte, dass du jetzt gehst. Es hat, glaube ich, auch keinen Sinn, wenn wir Freunde bleiben, weil wir uns von Anfang an nicht richtig gut verstanden haben. Jedenfalls weiß ich jetzt, wer meine wahren Freunde sind.«
»Freunde?«, zischt James. »Oh, verstehe. Du bildest dir ein, du hättest eine Chance bei Ollie, oder? Versuch nicht, mich für dumm zu verkaufen«, fährt er fort, als ich widersprechen will. »Du warst immer schon wie ein Teenie in den verknallt. Das ist echt peinlich, denn seien wir doch mal ehrlich: Welcher Mann will schon dich, wenn er jemanden wie Nina haben kann?«
»Du zum Beispiel«, sage ich.
»Nur wegen …«
»Nur wegen was?«
»Nichts.« James’ zusammengezogene Lippen gleichen einem Katzenpo. »Spielt keine Rolle.«
»Sag es mir«, insistiere ich. »Was habe ich, das Nina nicht hat?« Von roten Haaren und einem dickeren Hintern abgesehen. »Wieso warst du mit mir zusammen?«
Er schaut mich mit blauäugigem Unschuldsblick an. »Weil ich dich liebe. Niemand wird dich jemals so lieben, wie ich dich liebe.«
Die Worte klingen irgendwie misstönend, wie wenn man ein Instrument falsch spielt. Ich kann keine Liebe entdecken, wenn ich James’ Gesicht jetzt betrachte. Er beißt die Zähne zusammen, und unter seinem linken Auge zuckt ein Muskel. Ärger, Wut, weil er seinen Willen nicht bekommt, aber Liebe? Wohl eher nicht.
Ich seufze. »Vielleicht hast du mich irgendwann mal geliebt. Ich weiß jedenfalls, dass ich dich geliebt habe. Aber es ist aus, James, denn deine Art, mich zu lieben, genügt mir nicht.«
»Das meinst du nicht so. Du brauchst mich.«
Ich schüttle den Kopf. »Nein, absolut nicht. Es ist aus, und ich möchte, dass du jetzt gehst.«
»Keine Sorge, ich verschwinde«, sagt James und tritt beim Rausgehen auf die Lilien. Es riecht unangenehm nach Begräbnis. »Aber du begehst den größten Fehler
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