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Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Titel: Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Saberton
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zu.
    »’tschuldigung.« Ich pflanze mich an den großen Eichentisch, auf dem wie üblich allerhand Geraffel, von Rechnungen und vergilbten Zeitungen bis zum Terrarium von Jewells Python und der einen oder anderen Katze lagert. Das macht einen chaotischen Eindruck, aber Jewell schwört auf ihre spezielle Form von Ordnung.
    Sie platziert eine braune Teekanne mit Macken auf die Fernsehzeitung mit dem Konterfei des schmalzig lächelnden Gabriel Winters. »Jetzt trinken wir eine schöne Tasse Tee, und du erzählst mir, warum du hier bist.«
    »Was für einen Tee gibt’s denn?« Jewell hat schon alles von Brennnesseln bis Cannabis für ihr Gebräu verwendet. Was offenbar beim Vikar einmal für so schlimmen Heißhunger gesorgt hat, dass der Mann seinen gesamten Vorrat an Hostien verputzte. Aber das ist eine andere Geschichte.
    »Ganz gewöhnlicher Earl Grey«, versichert sie mir, gießt eine hellgelbe Flüssigkeit in zwei Becher und schiebt mir einen hin. Dann setzt sie sich, befördert eine der Katzen auf ihren Schoß und betrachtet mich über ihre Halbbrille hinweg. »Also entweder ist es mit meiner Sehkraft nicht mehr weit her, oder du hast die Absicht, etwas länger als nur übers Wochenende zu bleiben.«
    Ich starre traurig in meinen Becher. »Es ist so ein Chaos, Tante. Ich hab alles kaputt gemacht.«
    »Blödsinn«, erwidert Jewell unverblümt. »Ihr jungen Leute habt gar keine Ahnung, was schlimm oder schrecklich ist. Es gibt wenig im Leben, das man nicht wiedergutmachen kann, Schätzchen. Aber manchmal muss man dazu auf seinen Stolz verzichten und zugeben, dass man sich geirrt hat. Und meiner Erfahrung nach hängt das stark davon ab, was man bereit ist zu tun, um etwas wiedergutzumachen.«
    Ich fische ein Katzenhaar aus meinem Tee. »Ich bin bereit, Fehler zuzugeben, aber ich glaube, es ist zu spät, um etwas zu reparieren.« Und während ich den brühheißen Tee schlürfe, erzähle ich Jewell die ganze Geschichte: dass es mit James aus ist und dass ich versehentlich auch noch die beste Freundschaft zerstört habe, die ich je hatte. Als ich zum Ende der epischen Leidensgeschichte komme, bin ich wieder am Heulen und tupfe mir die Augen mit einem Geschirrtuch ab.
    »So war es«, schniefe ich. »James ist zum Stalker geworden, Ollie ist mit der Fiesen Nina zusammen, und ich bin mutterseelenallein.«
    Jewell streichelt die Katze. In der Diele tickt die alte Standuhr, und in der Ferne hört man ein Martinshorn. Im Licht eines Sonnenstrahls sehe ich Stäubchen und Tierhaare zu Boden sinken.
    »Schätzchen«, sagt Jewell dann schließlich, als ich mich schon zu fragen beginne, ob sie mich überhaupt gehört hat, »was willst du denn?«
    »Wie?«
    »Was willst du selbst am liebsten tun?«
    Diese Frage finde ich nun etwas nervig. Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt. »Ich möchte einfach, dass James …«
    »Nein, Katy!« Jewells knochige Hand fährt über den Tisch und packt meine. Unter der papierdünnen Haut mit den tintenblauen Adern verbirgt sich eine erstaunliche Kraft, und ich zucke zusammen, als sich ihre Diamantringe in meine Finger bohren. »Hast du meine Frage nicht verstanden? Ich will wissen, was du dir wünschst, Katy, du ! Nicht James oder Ollie oder irgendeiner der anderen jungen Männer, denen du dich gewidmet hast. Was sind deine Hoffnungen und Träume? Was wünschst du dir mehr als alles andere?«
    Sie starrt mich durchdringend an.
    »Was erwartest du vom Leben, Schätzchen? Was macht dich glücklich? Du hast nur davon geredet, was du tun kannst, um andere Menschen glücklich zu machen. Aber was möchtest du für dich selbst?«
    Irgendwas hat wohl klammheimlich meine Stimmbänder geraubt, denn ich kann nicht sprechen. Offen gestanden: Ich fürchte, nach all den Jahren mit James, in denen ich heuchelte, Austern zu mögen, obwohl sie nach Rotz schmecken, in denen ich die Times lesen musste, obwohl ich lieber in einer Klatschgazette geblättert hätte, und in denen ich ihm zuliebe einen minimalistischen Schrein als Wohnung akzeptiert habe, weiß ich nicht mehr, was ich gerne mag oder was mich glücklich macht. Ich weiß nur, dass mit Ollie herumzuhängen meiner Vorstellung von Glück ziemlich nahekam und … Mist! Jewell hat recht. Ich sehe mein persönliches Glück schon wieder im Zusammenhang mit den Männern in meinem Leben.
    »Du«, fährt Jewell mit der Feinfühligkeit eines Nashorns fort, das über Eierschalen trampelt, »hast all deine Fähigkeiten darauf ausgerichtet, Männer glücklich

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