Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
deines Lebens.«
Ich drücke mich gegen die Flocktapete, ziehe dabei noch den Bauch ein, damit ich nicht mit James in Berührung komme, und wünsche mir, dass mir nicht so idiotisch nach Heulen zumute wäre. Ich sollte aus Erfahrung wissen, wie unerträglich James sein kann, wenn er seinen Willen nicht bekommt. Er bleibt in der Tür stehen, vermutlich, um irgendeine pathetische Bemerkung zu machen, übersieht dabei aber, dass einer von Ollies Skiern kreuz und quer im Weg steht, kommt ins Stolpern und fliegt mit Karacho in das Unkrautsortiment und den Matsch, der sich als Ollies Garten ausgibt. Unglücklicherweise begehe ich die Kardinalsünde, in Gelächter auszubrechen. Und zwar nicht in dezentes Gekicher, sondern in röhrendes Lachen, das den Jumbojets am Himmel alle Ehre macht.
»Lach du nur«, schreit James, rappelt sich auf und versucht sich Dreck vom Hintern zu wischen. Der allerdings aussieht, als hätte er in die Hose gekackt, was mich zu noch lauterem Gewieher animiert. »Du wirst dir noch wünschen, dass du mein Angebot angenommen hättest. Ich bin das Beste, was dir jemals passiert ist. Du hast deine Chance gehabt.« Er versucht möglichst würdevoll zum Gartentor zu gelangen – was schwierig ist, wenn man sich Unkraut aus den Haaren zupfen muss – und wirft mir einen garstigen Blick zu. »Das wirst du noch bereuen.«
»Möchte ich bezweifeln«, erwidere ich und sehe zu, wie James hocherhobenen Hauptes, die Hände an den Seiten zu Fäusten geballt, zu seinem BMW marschiert. Ich bin mir nicht sicher, was diese bizarre Episode zu bedeuten hat, habe aber so eine Ahnung, dass James nicht so schnell lockerlassen wird. Mit einem flauen Gefühl im Magen schließe ich die Tür und befasse mich damit, die lädierten Lilien vom Boden aufzuklauben und mir Pollenflecken von den Fingern zu schrubben wie eine neuzeitliche Lady Macbeth.
Und hoffe dabei inständig, dass der gruftige Geruch nicht als Omen gedeutet werden muss.
11
G ute Güte!«, ruft Jewell aus und beäugt meine vollgestopften Koffer – die ich mir von Ollie geliehen habe, weil ich die Mülltüten mittlerweile herzlich satthabe. »Wie lange bleibst du denn? Ich bin ja sehr dafür, dass wir Mädels all unsere hübschen Sachen dabeihaben, aber …« Sie verstummt und beobachtet, wie der Schachbrettboden des Vorraums im Nu unter meinem Laptop, zwei Wintermänteln und dem vermaledeiten Zwicki in seinem Eimer verschwindet, »ist das nicht ein bisschen übertrieben für ein Wochenende?«
Ich muss ihr recht geben. Elisabeth I. hatte vermutlich weniger Gepäck bei ihren Reisen durchs Land. Aber ich bin eine Frau mit einer Mission, und ich werde nichts dem Zufall überlassen. Meine Anwesenheit in der Milford Road stellt ein Hindernis für Ollies Liebesleben dar, weshalb ich beschlossen habe, ihn und die Fiese Nina sich selbst zu überlassen. Und ich kenne mich selbst so gut, dass ich nichts zurücklassen wollte, um es später abholen zu müssen. Das wäre nämlich die emotionale Entsprechung zum Abzupfen von Schorf auf einer Wunde.
Ich bücke mich und streichle eine von Jewells Katzen. »Ich hatte eigentlich gehofft, dass ich ein bisschen länger bleiben könnte als nur übers Wochenende – wenn das ginge, Tante Jewell.«
»Aber natürlich!« Jewell nickt, was die grünen Federn an ihrem Turban zu begeistertem Wippen veranlasst. »Ich habe gern junge Leute hier. Es wird uns einen Riesenspaß machen, wieder Mädchen zu sein! Wie nennt man das heutzutage? Bei jemandem pennen? Wir können uns gegenseitig die Nägel lackieren und uns auftakeln.«
Jewells Lippenstift hat die Farbe von getrocknetem Blut, und ihre Augenbrauen bestehen aus aufgemalten Strichen.
»Super«, äußere ich matt.
»Wie wär’s, wenn du das ganze Zeug«, sie weist auf meine weltliche Habe, »nach oben in dein altes Zimmer schaffst? Und ich mache uns derweil eine schöne Tasse Tee.«
Mein altes Zimmer befindet sich auf dem Dachboden, und nachdem ich den ganzen Plunder da raufgeschafft habe, bin ich schweißgebadet und habe vermutlich eine Kleidergröße weniger. Keuchend sinke ich auf mein altes Bett und sinne trübsinnig darüber nach, dass ich mich mit annähernd dreißig Jahren wieder am selben Ort befinde wie mit sieben. Kommt mir vor, als hätte ich beim Leiterspiel beinahe Feld hundert erreicht – verlobt mit einem Banker, hübsche Wohnung in West London, anständiges Sozialleben – und sei dann auf der längsten Leiter gelandet, die mich umgehend zurück auf Feld eins
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