Herztod: Thriller (German Edition)
ein Thema: Sex zwischen Dr. Schade und Caroline Meisner, und zwar in allen möglichen Spielarten und Varianten. Dass der Nachbar häufig akustischer Zeuge der leidenschaftlichen Begegnungen geworden war, glaubte Hannah ihm aufs Wort. Die beiden waren laut, ungestüm, phantasievoll und unersättlich.
»Es gibt nur einen Blickwinkel«, bemerkte Schaubert nach wenigen Minuten.
»Die Kamera befand sich wohl auf der Kommode neben dem Bett«, vermutete Hannah, während sie sich den Raum vergegenwärtigte. »Fragt sich nur, wer sie dort postiert hat.«
»Die Meisner selbst«, schlug der LKA-Mann vor. »Sie hat der Schade das Video zugespielt oder gemailt, um sie zu brüskieren und eine Entscheidung zu provozieren. Vielleicht lässt sich noch feststellen, wie der Film auf den Rechner gekommen ist, aber das dürfte eine Weile dauern, wenn die Meisner es darauf angelegt hat, ihre Spuren zu verwischen.«
Hannah stützte das Kinn auf die Hand. »Ich weiß nicht … Schauen Sie sich mal das Zimmer an.«
Schaubert folgte der Aufforderung.
»Da liegen Klamotten herum, der Schlafzimmerschrank steht auf …«
»Und?«
»Ich kann mir gut vorstellen, dass sie nichts von der Kamera wusste. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass sie ihre Wohnung betont aufgeräumt hinterlassen hat, bevor sie verschwunden beziehungsweise verreist ist, denke ich, dass Caroline stets eine Fassade um sich herum aufgebaut hat«, mutmaßte Hannah. »Sie hätte Ordnung gemacht, wenn sie vorgehabt hätte, sich und Oliver Schade beim Sex zu filmen und damit die Ehefrau zu schockieren. Sie hätte sich auch besser geschminkt und ihr Gesicht häufiger zur Kamera gewendet, um ihre Lüsternheit besser und damit verletzender zur Schau zu stellen.«
Schaubert runzelte die Stirn. »Das heißt im Umkehrschluss aber doch, dass ein anderer die Kamera postiert hat. Schadeselbst? Aber warum ist der Film dann auf ihrem PC?«, grübelte er. »Nun, vielleicht hat sie ein bisschen in seinem Computer herumgeschnüffelt und dabei die Datei entdeckt und an ihre Adresse gemailt – um derlei Einzelheiten herauszufinden, müssen wir den Jungs aber wohl noch ein bisschen Zeit lassen.«
»Warum hätte er sich und Caroline filmen sollen?«
»Als Erinnerungsvideo für Zeiten, in denen er seine Geliebte nicht sehen kann – zum Beispiel auf öden Kongressen«, schlug Schaubert vor und wies mit beiläufiger Geste in Richtung des Bildschirms. »Er versüßte sich damit einsame Abendstunden im Hotel.«
»Das kann man nicht ausschließen«, stimmte Hannah zu. »Aber ich denke, er hätte Caroline davon erzählt, und damit hat wieder mein Einwand seine Berechtigung. Die beiden beachten die Kamera aber gar nicht. Sie wissen nicht, dass sie gefilmt werden.«
Schaubert biss sich auf die Unterlippe. »Und wer könnte ein Interesse haben, die beiden zu filmen und das Video auf Marie Schades PC zu hinterlassen?«
»Vielleicht jemand, der möchte, dass wir Marie Schade für eine Mörderin halten.«
Schaubert blies die Wangen auf. »Ist das Ihr Ernst?«
Hannah wiegte den Kopf. »Komplett ausschließen sollten wir den Gedanken jedenfalls nicht.«
Im gleichen Augenblick klopfte es. Stefanie Hobrecht steckte den Kopf zur Tür herein. Sie hatte ein vages Lächeln in den Augenwinkeln. »Wenn sich die Gelegenheit bei der Vernehmung ergibt, würde ich an eurer Stelle die Schade fragen, ob Lilly Heinrich sie sexuell belästigt hat. Ein ehemaliger Student lässt derlei durchblicken«, bemerkte sie. »Und noch was: Der Laptop von Oliver Schade ist kürzlich neu formatiert worden, wie ich gerade erfahren habe. Da er ja noch nebenan sitzt, habe ich mir erlaubt, ihn zu fragen, was ihn dazu bewogen hat, die Festplatte zu löschen.«
»Und?«, fragte Schaubert.
»Er sagt, er hätte sich einen Virus eingefangen.«
»Ja, klar … Mir kommen die Tränen. Gibt das Handy schon was Interessantes her?«
»Na ja, wie man es nimmt – ein paar Fotos. Aufnahmen aus Helsinki, die er seiner Frau auf deren Handy geschickt hat. Schnappschüsse. Kriegt ihr gleich hier auf den PC, zusammen mit denen von Marie Schades Smartphone.«
»Ich bin begeistert.«
»Viel zu selten.«
Schaubert hob den Blick zur Decke. »Sagst du bitte vorne Bescheid, dass wir noch einmal mit Marie Schade sprechen möchten?«
»Klar doch.« Stefanie Hobrecht zog die Tür wieder heran.
»Wollen Sie ihr das Video zeigen?«, fragte Schaubert in die plötzliche Stille hinein.
»Ja.«
Marie Schade atmete heftig ein, kaum dass der Film
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