Herztod: Thriller (German Edition)
Fenster lehnen. Die hat sich an jeden und jede herangemacht, ungeachtet bestehender Bindungen und ohne Rücksicht auf Verluste.«
Hannah spitzte die Lippen. »Das ist interessant.«
»Finde ich auch.«
Dr. Schade war genauso bleich wie am Vortag. Eine Dusche täte ihm sicherlich auch gut. Er grüßte nur beiläufig und sah kurz von einem zum anderen. »Was soll das? Warum halten Sie meine Frau fest?«
»Sie hat kein Alibi, dafür ein sehr starkes Motiv«, antwortete Hannah.
»Das ist doch nicht Ihr Ernst!«
»Unbedingt. Ihre Frau duldet Ihre Affären, aber bei einer echten Bedrohung ihrer Ehe versteht sie keinen Spaß mehr. Das konnten wir ihrer Aussage deutlich entnehmen.«
Der Arzt fixierte sie. Dann holte er tief Luft. »Es gab keine echte Bedrohung, wie Sie es nennen, das ist das eine. Und das andere wiegt noch viel schwerer: Zwischen der Wut auf eineGeliebte und einem grausigen Mord liegen Welten, das werden Sie zugeben, oder?«
»Das tue ich gerne.«
»Aha. Und? Warum halten Sie sie fest? Können Sie irgendetwas beweisen?«, herrschte Schade sie an.
»Noch nicht.«
»Na bitte!«
»Erinnern Sie sich an Lilly Heinrich?«
Dr. Schade öffnete den Mund und schloss ihn wieder, als Hannah ihm mehrere Fotos präsentierte – die keck lächelnde Studentin, einige Aufnahmen aus Lissabon und von der Gartenfete in Fischbek, gemeinsam mit dem Doktor am Grill. »Was wollen Sie andeuten?«, flüsterte er.
»Lilly Heinrich war eine attraktive junge Frau, die sich nichts entgehen ließ und jedes Liebesabenteuer mitnahm. Damit hat sie sich nicht nur Freunde gemacht«, berichtete Hannah in neutralem Tonfall. »Sie hatten auch etwas mit ihr.«
»Tatsächlich?«
»Davon bin ich überzeugt, und wenn wir uns Mühe geben, werden wir Zeugen ausfindig machen, die bereit sind, entsprechende Aussagen zu machen. Wir können uns den Aufwand aber auch sparen und schlicht von einer Tatsache ausgehen. Abgesehen davon ist es ja kein Verbrechen, mit einer jungen, attraktiven Frau zu schlafen.« Hannah pokerte, allerdings ohne großes Risiko – Schade war eindeutig erschüttert, mit seiner alten Liebschaft konfrontiert zu werden.
»Und was hat das alles mit Caroline zu tun?«, fragte er nach einigem Zögern in barschem Ton.
»Das liegt auf der Hand, oder? Ihre Frau hat sich bitter gerächt, in beiden Fällen.«
»Was? Um Gottes willen, nein! So ein Irrsinn – meine Frau bringt doch niemanden um!«, ereiferte sich Schade. »Das können Sie niemals beweisen.«
»Stimmt – noch nicht. Es wäre das Beste, Ihre Frau würde ein Geständnis ablegen. Sie sollten sie dazu ermuntern.«
»Sie kann nichts gestehen, was sie nicht getan hat. Hören Sie endlich auf damit! Sie ist keine Mörderin.«
Hannah nickte verständnisvoll. »Ihre Frau ist schön und klug. Sie haben zum Ausdruck gebracht, dass Sie sie lieben und Ihre Familie niemals aufgeben würden, was natürlich auch etwas mit Ihrer beruflichen und gesellschaftlichen Stellung zu tun hat. Was läuft schief in Ihrer Ehe? Erklären Sie es mir. Affären sind offensichtlich stillschweigend erlaubt, aber eine ernsthafte Beziehung wird nicht geduldet.«
Dr. Schade legte den Kopf in den Nacken und rieb sich die Stirn. »Es gibt diese Vereinbarung, ja – warum, das geht Sie, das geht niemanden auch nur das Geringste an.«
»Sex spielt keine Rolle mehr für Ihre Frau«, erwiderte Hannah achselzuckend. »Das kommt vor nach zehn Jahren Beziehung. Daraus müssen Sie kein Geheimnis machen.«
Schade sah hoch und warf ihr plötzlich ein seltsames Lächeln zu. »Sie wissen nicht, wovon Sie reden«, meinte er.
Sex hat noch nie eine Rolle gespielt, dachte Hannah prompt. Oder vielleicht gerade deshalb eine ausschlaggebende. Sie lässt sich nicht gerne berühren. Es ist ihr zuwider. Einige Sekunden herrschte Stille. Schade las ihr an den Augen ab, dass sie verstand. »Das ändert nichts an ihrem Motiv«, fügte sie schließlich hinzu. »Ganz im Gegenteil.«
»Sie hat nichts von mir und Caroline gewusst«, beharrte Schade. »Und auch nichts davon, dass wir uns häufig in Blankenese getroffen haben.«
»›Wir haben uns bemüht, dass niemand etwas davon mitbekommt, aber mir ist klar, dass das nicht hundertprozentig funktionieren kann, schon gar nicht auf Dauer‹« , zitierte Hannah. »Waren das nicht Ihre Worte, als wir gestern miteinander sprachen?«
Der Arzt sah sie verblüfft an.
»Dr. Schade, Ihre Frau ist doch nicht blöd, wenn ich das mal so salopp ausdrücken darf. Sie hat bemerkt,
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