Herztod: Thriller (German Edition)
aber auf Katja Wohle war kein Verlass gewesen. Neugierig oder schlicht beunruhigt, wonach die Polizei suchte, war sie nach anfänglicher Zurückhaltung bemerkenswert schnell bereit gewesen auszupacken – möglicherweise drückten sie ein schlechtes Gewissen und die Befürchtung, in den Sog dieser alten Geschichtezu geraten, in der immerhin ein Mensch sein Leben verloren hatte.
Hannah hatte sich die Morgenbesprechung im Präsidium gespart, um stattdessen in aller Frühe eine lange Joggingrunde mit Kotti zu unternehmen und den Waschkeller der Pension aufzusuchen – nach anderthalb Wochen Hamburg gingen ihre Klamotten inzwischen deutlich zur Neige.
Sie leitete die Mail umgehend ans LKA Hamburg weiter und rief kurz darauf Florian Decker an, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen. »Ich möchte den Mann heute noch kennenlernen«, meinte sie. »Da wir aber nicht wissen, ob er am Verschwinden der Leiche aktiv beteiligt gewesen war oder jemanden damit beauftragte, müssen wir vorsichtig sein mit der Behauptung, es gebe angeblich neue Ermittlungsansätze, sonst riecht er ganz schnell den Braten und gibt Alarm, bevor wir eine Chance haben, der Organisation näher zu kommen.«
»Ich find’s interessant, dass dieser Möller offenbar nicht sonderlich beliebt gewesen war und finanzielle Probleme hatte. Vielleicht lässt sich an dieser Stelle ein Ansatz finden«, schlug Decker vor.
»Ja, wir könnten so tun, als würden wir aufgrund von entsprechenden Hinweisen aus der Familie noch mal nachfragen, ob Biltner Konflikte zwischen ihm und anderen Tagungsgästen bemerkt hätte, und daraus eine Überleitung zu einer tätlichen Auseinandersetzung formulieren, zu der vage Hinweise vorlägen«, überlegte Hannah. »Mal sehen, wie er darauf reagiert.«
»Ja, hm, klingt nicht schlecht, aber …«
»Ich weiß, worauf Sie hinauswollen: Katja Wohle wird nicht aussagen. Doch, wie gesagt – ich möchte Biltner kennenlernen und ein bisschen beschäftigen.«
»Gut, treffen wir uns vor der Firma?«
»Einverstanden.«
»In einer halben Stunde, Nähe Landungsbrücken«, entgegnete Decker. »Ich bringe Kuse mit, da wir vielleicht jemandenbrauchen, der anschließend observiert. Er ist einfach der Beste in diesem Job. Ach, bevor ich es vergesse – Jan berichtete gerade, dass Daniel Gruber einige Schulden an der Backe hat. Er will dem Mann noch mal auf den Pelz rücken und Fingerabdrücke sichern. Man kann nie wissen. Das ist auch Schauberts Ansicht.«
»Der schließe ich mich natürlich an. Apropos Schaubert – hat sich Interpol schon gemeldet?«
»Bislang nicht. Die Adresse vom Kinderheim und die Infos von dem Studenten haben wir allerdings auch erst seit gestern. Die Zusammenarbeit hat bislang immer gut geklappt. Ich bin sicher, dass die russischen Kollegen so schnell wie möglich eine unauffällige Überprüfung einleiten werden.«
So schnell wie möglich, was immer das heißen mag. Ein Pfand in der Hinterhand , dachte Hannah. Das zweite Kind.
Katja war von Anfang an fasziniert gewesen von Sascha Biltner. Als er die Geschäftsführung übernommen hatte, war richtig Schwung in den Laden gekommen – neue Partner, neue Aufträge. Plötzlich herrschte eine agile Atmosphäre, Aufbruchsstimmung und ein Gefühl von Gemeinsamkeit, Teamgeist. Dass der Mann die Zügel in die Hand nahm und mit aggressiver Zielstrebigkeit und Autorität die Geschäfte führte, fand sie völlig in Ordnung. Einer musste letztlich die Entscheidungen treffen und auch verantworten. Dafür zog Biltner lukrative Aufträge an Land und vergrößerte das Geschäftsvolumen. Die Ausrichtung zahlreicher Veranstaltungen im skandinavischen Raum entwickelte sich zum Schwerpunkt des Unternehmens. Außerdem fand sie den Mann faszinierend, und Biltners Ausstrahlung ließ sie nicht kalt.
Es war ein schlichter Zufall, dass sie eines Tages im Zuge einer Auftragsbearbeitung eine Honorarzahlung entdeckte, die nicht mit der erbrachten Leistung übereinstimmen konnte, weil es terminliche Überschneidungen gab – zu dem angegebenen Zeitpunkt konnte der aufgeführte Workshop gar nichtstattgefunden haben, weil Biltner und sein Team in Stockholm gewesen waren. Als sie die Eingangszahlung überprüfte, war der leitende Finanzbuchhalter seit einiger Zeit krank, und sie kümmerte sich vertretungsweise um zahlreiche zusätzliche Aufgaben.
Katja gab sich nach kurzem Zögern einen Ruck. Sie war nicht nur hellhörig geworden, sondern auch ehrgeizig, und so machte sie sich auf die Suche
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