Herzüberkopf (German Edition)
richtigen Worte herauszuklauben, damit er eine doch plausible Erklärung geben konnte. Rasch hatte die Gesprächspartnerin die Lage erkannt, lächelte an diversen Stellen der Erklärung und steckte damit auch Lea und Louis an. Als Louis geendet hatte, schwieg sie zunächst und meinte anschließend, wie romantisch diese Geschichte doch sei. Sie war sichtlich gerührt, sah abwechselnd Lea und Louis an und überlegte ernsthaft, wie sie helfen konnte. Schließlich erklärte sie, dass es eine Möglichkeit gäbe, die sie allerdings erst am Flugtag selbst eröffnen konnte, da es sich um eine Chance handelte, tatsächlich als sogenannter „Notfall“ zurückfliegen zu können, und dabei lächelte sie und formte das bekannte Pseudo-Zeichen mit den Händen. Es würde in jedem Flugzeug einen Notsitz für Gäste geben, die unvorhergesehen früher, als gebucht, zur Rückkehr in ihr Heimatland gezwungen waren. Im Normalfall, so erklärte sie, wären das Krankheitsfälle, Unfälle von Angehörigen zu Hause et cetera. Und dann schloss sie den Satz an: Und möglicherweise auch Notfälle aus Herzensangelegenheiten wie dieser – und lächelte milde. Sie erklärte, dass es sehr selten vorkam, dass dieser Notsitz im Flugzeug benutzt werde – somit stehe die Chance für Lea unter günstigen Sternen. Señora Rosaria erkundigte sich nach der Option von Leas Rückfahrt und winkte schon geringschätzend ab, als sie das Wort „Fähre“ vernahm – zeigte unter diesen Umständen zusätzlich vollstes Verständnis für den Wunsch und nickte zuversichtlich. Sie vereinbarten für den Samstag am späten Vormittag den endgültigen Termin zur Stunde der Wahrheit, ob das Ticket erhältlich sein würde oder nicht. Eine andere Option war aus gesetzlichen Ausreisegründen so kurzfristig nicht möglich. Auch der Flugpreis war gerecht – Señora Rosaria schaute im Computer nach den Daten von Louis‘ Buchung und selektierte den reinen Flugpreis heraus, teilte diesen durch zwei und schrieb die Summe verbindlich auf ein Notizblatt, welches am Samstag, bei gutem Glück, Gültigkeit erlangen würde. Eine Bezahlung war verständlicherweise erst bei Zusage möglich. Mit dieser Hoffnung entließ sie Lea und Louis, drückte beiden noch einmal die Hand und erklärte nachdrücklich ihre Zuversicht und wünschte unbesorgte Urlaubstage.
Nun hatten sie zwar keine wirkliche Zusage, doch ein außergewöhnliches Paket an Hoffnung und unumstößlicher Zuversicht im Gepäck. Louis fühlte sich erleichtert, als sie zum Hafen zurück schlenderten, was er Lea anvertraute. Sie küsste ihn darauf mitten auf dem Gehweg und Louis merkte, dass es auch ihr gerade gut ging. Als sie mit dem Roller die Küstenstraße entlang zurück zum Hotel fuhren und er Leas Umarmung um seinen Leib spürte, fällte er folgenden Beschluss: Sollten sie tatsächlich am Samstag mit dem gemeinsamen Rückflug scheitern, so würde er sein Flugticket auf Lea übertragen und an ihrer Stelle mit der Fähre zurückfahren.
An einer lieblich einsam aussehenden Stelle am Strand, bog Louis ab und fuhr hin. Sie lehnten den Roller an einen Pinien-Baum und setzten sich nah beim Wasser im Schatten unter einer Baumgruppe in den Sand. Es war niemand zu sehen, keine Badenden und keine Bauchladen-Verkäufer, die meist sogleich zu den Neuankömmlingen kamen und ihre Waren mit viel Geplapper in allen Sprachen feilboten. Ein Mann war zu sehen, der mit seinem Hund am Saum des Wassers spazieren ging. Große Holzpflöcke waren in den Boden getrieben, an denen Eisenketten und Stahlseile festgemacht waren. Sie lagen lose im Sand und reichten bis weit ins Wasser hinein. Es war ein Boots-Liegeplatz und alle Boote waren auf See. Eine schöne Bucht war das und sehr wahrscheinlich kamen die Boote erst am Abend wieder zurück und wurden vertäut. Lea hatte Pistazien eingepackt, die sie nun genüsslich aßen. Irgendwann vertraute Louis ihr sein Vorhaben an, falls es am Samstag eine Verweigerung geben sollte. Lea sah ihn an und suchte seine Hände, mit denen Louis sich im Sand abstützte und sagte:
„Ich weiß deinen Vorschlag zu schätzen, aber das nehme ich niemals an“. Und das sagte sie mit einer felsenfesten Sicherheit. Louis nickte verständnisvoll und schwieg.
„Glaubst du, dass es klappen wird?“, fragte Lea nach einer Pause.
„Ja, irgendwie fühlt es sich gut an. Ich könnte auch mit dir auf der Fähre zurück, falls es mit dem Ticket für den Flug nicht klappt – sicherlich gibt es auf der Fähre noch
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