Hetzer & Kruse 03 - Schattengift
Regens.
„Wenn es weiterhin so stark regnet wie jetzt, verwischen die Spuren etwas, sie werden undeutlich. Die Hunde haben auch in dieser Situation gute Nasen, aber sie riechen dann wie durch einen Schleier. Mal sehen, ob wir heute Nacht noch etwas erreichen können.“ Hetzers Blick wurde ernst.
„Wir haben nicht viel Zeit. Falls das Opfer noch lebt, müssen wir es so schnell wie möglich finden. Der Blutverlust könnte kritisch sein“, sagte Hetzer eindringlich.
Kaum dass die Hunde außer Sichtweite waren, kam Kruse mit froher Miene aus dem Dunkel. Zunächst war nur der Schein seiner Taschenlampe zu sehen gewesen. Dann formte sich nach und nach seine große Gestalt.
„Komm Wolf“, sagte er, „wir sehen uns den Tatort noch mal genau an.“ Dabei beobachtete er Hetzers Reaktion genau.
„Ich habe genug gesehen!“ Wolf schüttelte den Kopf. Tropfen flogen aus seinen Haaren.
„Wenn du dir ein detaillierteres Bild machen möchtest, bitte sehr. Ich rufe inzwischen Kunze an, ob er den Mann von Ma... Frau Schulze erreicht hat, oder vielleicht sogar sie selbst.“
Aisha hatte sich inzwischen wieder etwas beruhigt.
Die Diensthunde waren von ihr verbellt worden. Jetzt stand sie neben dem Busch, in dem sich die Leine verfangen hatte und schüttelte sich. Ihr Fell hatte durch die Feuchtigkeit eine wellige Struktur bekommen. Das hatte etwas komisches.
„Gleich gehen wir nach Hause!“, sagte Hetzer zu ihr.
Gut, dass es nicht kalt war, dachte er, obwohl die Nässe selbst in dieser Spätsommernacht überall hinkroch und die dunklen Stunden ungemütlich machte.
Er würde Aisha erst mal zu Moni bringen. Dort konnte sie sich akklimatisieren, ohne gleich mit Gaga oder den Katern konfrontiert zu werden. Moni wäre bestimmt nicht sauer, wenn er sie in der Nacht wecken würde.
Sie war immer hilfsbereit. Das wusste er und hatte sofort ein schlechtes Gewissen, weil er ihr in den letzten Tagen aus dem Weg gegangen war. Er schob den Gedanken fort und wählte die Nummer der Bückeburger Wache.
„Schon was Neues, Kunze? Habt ihr den Mann erreicht? Ist sie irgendwo aufgetaucht?“
„Negativ, Wolf, dem Mann habe ich auf die Mailbox seines Handys gesprochen. Die Kollegen unten in Neuperlach versuchen, ihn zu Hause zu erwischen. Er hat dort eine Zweitwohnung. Normalerweise fährt er freitags nach Bückeburg, um das Wochenende mit seiner Frau zu verbringen, aber diesmal habe er erst Samstag fahren wollen, sagte mein bayerischer Kollege. Von Frau Schulze ist weit und breit nichts zu hören. Die Nachbarn wissen auch nicht, wo sie sein kann. Es sei allerdings ungewöhnlich, dass der Hund nicht da sei, meinte der Nachbar. Du weißt schon, der mit der kranken Frau. Er hat auch einen Schlüssel. Im Haus war alles unversehrt, keine Einbruchsspuren oder dergleichen – aber auch kein Hund.“
„Und wieso ist das ungewöhnlich? So einen Hund kann man doch auch irgendwo mit hinnehmen.“
„Kann man schon, aber Frau Schulze ließ ihn meistens zu Hause, es sei denn, sie ging mit ihm spazieren.
Ihr Nachbar meinte, sie sei der Ansicht gewesen, dass man Nichthundebesitzern keinen so großen, haarigen Vierbeiner antun könne. Und andere könnten bestimmt auf einen zweiten verzichten.“
„Merkwürdige Einstellung!“, erwiderte Wolf.
„Ach ja, sie hat noch eine Freundin in Vehlen. Anna Ebeling. Aber da ist sie auch nicht. Weder sie noch der Hund, denn Frau Ebeling hat eine russische Katze.“ Kunze lachte in den Hörer. Irgendwo im Wald bellte ein Hund.
„Wieso russische Katze? Eine Russisch Blau?“, fragte Hetzer.
„Nee, sie heißt Ludmilla.“ Kunze prustete. „Die beiden wollten nicht testen, ob die Viecher sich verstehen.
Wahrscheinlich hätten sie auch nicht dieselbe Sprache gesprochen – der eine arabisch, der andere russisch.
Auf jeden Fall hat die Ebeling keine Ahnung, wo ihre Freundin sein könnte, aber sie macht sich Sorgen. Das sei ungewöhnlich für ihre Freundin meinte sie, sich so einfach in Luft aufzulösen, normalerweise sei sie sehr häuslich.“
Von einigen nächtlichen Besuchen abgesehen, dachte Hetzer und sagte: „Gut, halte mich bitte auf dem Laufenden, Carsten. Wenn du irgendetwas Neues hörst, egal was, melde dich bitte sofort. Holger Pinell und sein Kollege sind inzwischen losgegangen.“
„Ja, ist gut. Du, ich muss jetzt auflegen. Es ist ein zweites Gespräch in der Leitung.“ Im Hintergrund klopfte es an. Es war Nadja. In diesem Moment kam ein Lichtkegel um die Ecke und mit ihm Holger
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