Hetzer & Kruse 03 - Schattengift
nicht sich selbst. Trieb dahin in einem Nichts. Abrupt stand er auf. Er brauchte sein Bett und das selige Vergessen im Schlaf, auch wenn es sich fast nicht mehr lohnte. Doch der Kreislauf machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Wäre Moni nicht aufgesprungen und hätte ihn gestützt, als er zusammensackte, hätte er sich bestimmt verletzt. So war die einzige Folge dieser hastigen Aktion, dass sich das Wasser aus der Wanne auf Moni und den Boden verteilte. Aisha machte einen Satz zur Seite.
Als sich Wolf kurze Zeit später vom Wannenrand erheben wollte, schüttelte Moni den Kopf.
„Du bleibst jetzt schön da sitzen. Hier hast du ein Handtuch.“ Sie warf ihm ein frisches, trockenes zu.
„Und dann wartest du, bis ich dir hochhelfe.“ Wolf brummte, ärgerlich über seine Schwäche, dass er noch keine hundert sei. Doch dann ließ er sich nach nebenan führen.
„Das ist dein Schlafzimmer!“, protestierte er.
„Ja und? Das weiß ich, aber du glaubst doch nicht, dass ich dich in dem Zustand nach Hause lasse!“ Sie 148
schubste ihn sanft ins Bett. „Los rück rüber, sonst kühlst du wieder aus.“ Sie ließ den nassen Bademantel von ihren Schultern gleiten.
Wolf kam sich vor wie auf einem Schiff. Er wusste nicht, ob das Schwanken vom Bett oder ihm selbst kam, aber es war angenehm und warm. Nur eine leichte Brise streifte ihn, als Moni ihn zudeckte. Er war stolz auf seine erste eigene Jacht. Albatrosse kreisten.
Das Meer glitzerte unter ihm. Es war Sommer. In dem Moment, als sie sich an ihn schmiegte, glitt er in das Wasser der lauwarmen Bucht, das ihn umfing. Er fühlte sich wohl.
Gute Aussichten
Als Kruse nach Hause kam, bereute er die Riesenpizza nicht länger. Die Nacht hatte ihren Tribut gefordert. Er hatte wenigstens eine gute Grundlage gehabt. So langsam meldete sich wieder ein leichtes Hungergefühl.
„Mit leerem Magen sollte man nicht zu Bett gehen“, dachte er und griff in den Kühlschrank nach einem Bier. Im Schrank hatte er noch diese kleinen Salami-Snacks und ein paar Brotchips mit Zwiebeln. Das würde eine leckere Nachtmahlzeit sein, fand er.
Er ließ sich in seinem Ohrensessel nieder, schmunzelte über den lächerlichen Horrorfilm, der ihn gähnen ließ und wachte erst auf, als die Sonne wieder am Himmel stand. Das Bier war schal, die Brotchips weich. Sie hätten ihm eh zum Frühstück nicht geschmeckt, dachte er und sann nach einer Alternative. Es war halb acht.
Zeit genug für eine Dusche, den Kaffee konnte er auf der Bückeburger Wache einnehmen. Auf dem Weg zum Wagen hatten Hetzer und er in der Nacht vereinbart, sich dort um Viertel nach acht zu treffen. Vorher, überlegte Kruse, sollte er noch beim Tankhof Harting vorbeifahren. Dort gab es die leckersten Nougat- und Marzipan-Croissants. Ja, so konnte der Morgen gut beginnen. Leicht müde, aber mit der Aussicht auf ein schmackhaftes Frühstück, sang er unter der Dusche
„I’m a Gigolo“. Es war ihm endlich gelungen, sich mit Nadja zum Essen zu verabreden. So wie jetzt das Wasser seine breiten Schultern massierte, würden es vielleicht demnächst ihre Hände sein, träumte er. Er hatte den Moment genutzt, als er sie in der Nacht zum Auto gebracht hatte. Sie hatten sich endlich auf einen konkreten Abend festgelegt. Kruse hoffte, dass keine Leiche dazwischenkam.
Aufbruch
Sie hatten Arm in Arm im Tiefschlaf gelegen, als es an der Tür klingelte.
Sven stöhnte: „Mann, wer klingelt denn hier mitten in der Nacht?“
„Keine Ahnung!“, erwiderte Thomas und zog seinen Bademantel über. „Bleib ruhig im Bett. Ich schaue mal nach.“
Schon durch den Spion sah Thomas Schulze die Uniformen. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Der Schreck fuhr ihm in die Glieder. Er öffnete mit besorgtem Blick.
„Guten Morgen, sind Sie Thomas Schulze?“ Er nickte.
„Dürfen wir reinkommen?“
Er nickte wieder und ließ die Beamten eintreten. Die Worte fehlten ihm.
„Mein Name ist Engel, das ist mein Kollege Finzl. Wir sind wegen Ihrer Frau hier. Sie ist verschwunden.“
„Das muss ein Irrtum sein. Ich habe gestern noch mit ihr telefoniert.“
Raimund Engel zog ein Notizbuch aus der Tasche.
„Wann genau haben Sie mit ihr gesprochen?“
„Das muss so am Nachmittag gegen halb drei gewesen sein. Ich wäre normalerweise nach Hause gefahren, aber ich hatte hier ein wichtiges Projekt, das meine dringende Anwesenheit erforderte. Marie-Sophie wusste Bescheid.“
„Dann sind sie also hiergeblieben?“
„Ja, ich wollte heute Morgen früh
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