Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heuchler

Heuchler

Titel: Heuchler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Franley
Vom Netzwerk:
genau sagen, weil keiner an ihn herankam. Auch an Mädchen zeigte er keinerlei Interesse, obwohl er sicher gute Chancen gehabt hätte, denn hässlich war er nicht. Er lernte und las fast wie ein Besessener, was vermutlich auch der Grund war, warum es zwischen ihm und seinem Vater immer öfter zum Streit kam. Als er dann achtzehn war, eskalierte die Situation eines Abends. Björn war völlig betrunken nach Hause gekommen, hatte Henrik wüst beschimpft und schließlich mit einer leeren Schnapsflasche nach ihm geworfen. Von dem Tag an sprachen die beiden kein Wort mehr miteinander und gingen sich aus dem Weg. Henrik machte seine Schule fertig und verschwand dann an seinem neunzehnten Geburtstag. Spurlos.«
Mike runzelte die Stirn: »Was heißt, er verschwand spurlos?«
»Na, so ganz spurlos war es dann doch nicht«, gestand Frau Kaspar ein. »Man fand seine komplette Kleidung und einige Blutspuren da oben …« Sie zeigte auf den Hügel oberhalb ihres Ferienhauses. »Von Henrik selbst fehlt aber bis heute jede Spur und das Ganze ist jetzt bereits neun Jahre her. Viele im Ort sind der Meinung, dass sich Henrik einfach abgesetzt hat und es so inszenierte, damit sein Vater nicht nach ihm sucht. Doch seit dieser Zeit streift der alte Björn immer wieder durch die Wälder und sucht nach seinem Sohn. Aber um auf die Bedenken bezüglich Ihres Sohnes zurückzukommen … Björn ist zwar alt und sicher auch nicht mehr ganz richtig im Kopf, aber er würde keinem etwas zuleide tun. Seit er nicht mehr trinkt, ist er der friedlichste Mensch hier in der Gegend.«
Als Frau Kaspar geendet hatte, brauchten alle am Tisch einige Augenblicke, um die Geschichte wirken zu lassen, und Sjören meinte nur: »Das wusste ich ja alles gar nicht.«
Im selben Moment begann die Band wieder zu spielen und machte damit eine weitere Unterhaltung schwierig. Mike sah noch einmal zu dem Platz, an dem der alte Björn gesessen hatte, und sagte dann zu Petra: »Ich werde trotzdem einmal mit ihm reden und ihm klarmachen, dass wir nicht möchten, dass er sich Felix nähert.« Petra nickte: »Ganz geheuer ist mir das Ganze auch nicht! Und wenn ich daran denke, dass dieser Henrik in der Nähe unseres Hauses verschwunden ist, wird mir ganz anders.« Mike legte seine Hand beruhigend auf ihre: »Aber das ist doch schon Jahre her.« Petra versuchte ein Lächeln und Mike schlug vor: »Soll ich uns etwas zum Essen besorgen?« Inzwischen war es Abend geworden und aus den Grillständen erhoben sich immer größere Rauchschwaden in den Himmel. Felix kam jede halbe Stunde vorbei und fragte, wie spät es denn sei, und ob sie auch sicher noch bis zum Feuerwerk bleiben würden.
Nachdem sie gegessen hatten, beschlossen Katja und Sjören, ein wenig herumzulaufen. Als die beiden in Richtung Ort und nicht hinunter zum See davongingen, wunderte sich Mike kurz, dachte aber nicht weiter darüber nach.
Kaum dass sie um die nächste Häuserecke waren, hielt Katja Sjören fest, zog ihn zu sich und gab ihm einen langen Kuss. »Ich hätte es fast nicht mehr ausgehalten«, stellte sie etwas atemlos fest und bekam gleich noch einen zweiten Kuss hinterher. Nachdem sie eine Runde zwischen den Häusern gelaufen waren, gingen sie wieder hinunter zum See und zurück in Richtung Hafenpromenade, wo gerade eine Schulklasse ihren Tanz aufführte.
»Oh nein!«, stöhnte Sjören, kurz bevor sie die ersten Tische erreicht hatten.
»Was ist?«, fragte Katja und sah es dann selbst. Hanna hatte sie nicht nur gesehen, sondern drängelte sich jetzt auch noch auf sie zu, und ihr Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.
Der blonde Mann, der sie unbemerkt verfolgt hatte, setzte sich unweit auf ein kleines Mäuerchen und sah den kommenden Ereignissen gespannt entgegen.
Auch Katjas Mutter hatte die beiden entdeckt, doch ihr Winken wurde nicht gesehen. Hanna legte die letzten drei Meter fast rennend zurück und holte dann, ohne jede Vorwarnung, zu einer Ohrfeige aus, die Sjören nur mit Mühe abblocken konnte. Da sie nicht zum Schlag gekommen war, keifte sie Sjören ein Wort, das Katja nicht verstand, entgegen und spuckte den beiden vor die Füße. Da Petra bemerkt hatte, dass bei ihrer Tochter irgendetwas nicht stimmte, machte sie Mike darauf aufmerksam. Mike sah gerade noch, wie Hanna ausspuckte, und beschloss hinüberzugehen.
Wieder mussten Sjören und Katja einen Schwall von offensichtlichen Schimpfwörtern über sich ergehen lassen, bis sie endlich den Grund von Hannas Verhalten präsentiert bekamen. Diese

Weitere Kostenlose Bücher