Heute morgen und fuer immer - Roman
ist und ihr beide nicht. Falls du wissen willst, was ich genau jetzt an deiner Stelle machen würde, kann ich dir das gerne sagen. Bring das Cello Valentin persönlich vorbei. Er ist noch mal auf die Hütte gefahren und wollte morgen wiederkommen. Ich gebe dir die Adresse, wenn du willst!«
Und ob ich wollte! Erleichtert und überglücklich umarmte ich Ulrike.
»Weißt du, meine Mama hätte mir bestimmt denselben Rat gegeben, ihr hättet euch genial verstanden!«
Ulrike strahlte.
»Das glaube ich sofort, denn wer so eine tolle Tochter hat, muss so vieles richtig gemacht haben!«
Sofort machte ich mich auf den Weg Richtung Hütte. Eddie hatte ich wieder eingepackt, er liebte Auto fahren! Leider gab es noch keine Absperrung im Kofferraum, sodass Eddie stolz wie Harry auf dem Beifahrersitz thronte und sich regelmäßig auf die Hinterbeine stellte, die Vorderpfoten auf das Armaturenbrett setzte und die Lage fest im Griff hatte. Es war zu niedlich anzusehen. Wenn ich das Fenster öffnete, flatterten seine Ohren im Fahrtwind, und alles, was am Fenster vorbeizog, schien spannend für ihn zu sein, zumindest wedelte Eddie alle paar Minuten aufgeregt mit dem Schwanz.
»Wir fahren in die Berge, Eddie!«, rief ich aufgeregt, und Eddie, der zwar nicht verstand, was ich sagte, aber an meiner Stimme merkte, dass etwas ganz Spannendes vor uns lag, leckte ungestüm meinen Arm am Lenkrad. Die Autobahn nach Garmisch-Partenkirchen war mitten in der Woche fast leer, sodass ich nach einer Dreiviertelstunde bereits angekommen war. Ich parkte den Wagen auf dem Parkplatz nah am Skilift, der im Frühjahr fast leer stand, denn für die Wandertouristen war es noch zu früh, und Skifahrer gab es nicht mehr. Zwar lag in den oberen Regionen der Alpen noch Schnee, und auf dem Gletscher ließ sich bestimmt gut fahren, aber im Moment wirkte der kleine, malerische, von den Alpen eingesäumte Kurort ein wenig verschlafen und sehr gemütlich.
»Wir sind da, Eddie!«, rief ich vergnügt und schaute auf den Zettel mit der Wegbeschreibung, die Ulrike mir mitgegeben hatte, denn ab jetzt ging es zu Fuß weiter, und ein Navi nutzte nichts mehr. Zum Glück trug ich flache Schuhe, denn soweit ich es überblicken konnte, dauerte der Aufstieg bestimmt eine Stunde, was an sich nicht viel war, aber mit einem Cello auf dem Rücken und einem frechen Dackel zwischen den Beinen vermutlich nicht so leicht zu meistern. Da es in den letzten Wochen trocken und frühlingshaft gewesen war, lagen die Wege weitgehend frei. Nur an schattigeren Stellen oder in Waldteilen, wo die Sonne nicht hinkam, waren noch vereiste Schneereste. Eine interessante Mischung, auf der einen Seite sprossen die Krokusse und Schneeglöckchen, wohin man sah, und dann gab es kleine gefrorene Pfützen an der einen oder anderen Stelle. Ein milder Wind strich mir ins Gesicht, und als ich bereits eine Viertelstunde aufgestiegen war, hielt ich inne und ließ meinen Blick über das kleiner werdende Tal schweifen. Diese Ruhe, diese Luft! Ich konnte mich gar nicht sattatmen und sog immer wieder die klare, frische Bergluft ein, im Gefühl, gleich einen Sauerstoffflash zu bekommen. Eddie seinerseits war schwer begeistert. Keine Ahnung, ob sein früheres Herrchen ihn mal mit in die Berge genommen hatte, auf alle Fälle rannte er, was das Zeug hielt. Im Gegensatz zu mir war er bereits ein paar Mal den Weg ein gutes Stück hochgewackelt, nur um dann wieder mir entgegenzurennen, an verschiedenen Stellen anzuhalten, zu schnuppern und sein Bein zu heben. So beschwingt ich anfangs war, so beschwert fühlte ich mich nach einiger Zeit und erntete, sagen wir mal, erstaunte Blicke von den vereinzelten Wanderern, denen ich begegnete. Okay, eine Frau in normaler Stadtkleidung mit einem Cello auf dem Rücken und einem aufgeregten Dackel sah man auch nicht alle Tage in den Bergen. Die Reaktionen variierten sehr. Ein Paar hielt mich anscheinend für voll zurechnungsfähig, lachte und fragte nach, was es mit dem Cello auf sich habe. Ein anderer Wanderer hingegen wollte besorgt wissen, ob es mir gut ginge, und fragte das besonders langsam und deutlich, so als ob er dachte, ich hätte einen Drogencocktail intus und er müsse besonders eindringlich sprechen, um zu mir durchzudringen. Mit hochrotem Gesicht und unter Keuchen brachte ich ein Ja hervor und streckte zur Unterstützung den Daumen in die Höhe. Nach einer gefühlten Ewigkeit sah ich endlich die Hütte hinter einer Kurve. Sie sah aus wie eine alpenländische
Weitere Kostenlose Bücher