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Heute morgen und fuer immer - Roman

Heute morgen und fuer immer - Roman

Titel: Heute morgen und fuer immer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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nächsten Morgen war er einfach verschwunden und ließ sich nicht mehr blicken und meldete sich auch nicht.
    Zuerst dachte ich mir nichts dabei, schließlich musste er einiges Private regeln. Nach einigen Tagen ohne Lebenszeichen fand ich es langsam merkwürdig, zumal unsere Zusammenarbeit plötzlich über seinen stellvertretenden Geschäftsführer abgewickelt wurde, der sich mit »Valentin hat mich gebeten, mit euch die nächste Lieferung abzusprechen ...!« meldete, ohne weitere Erklärung.
    Nach einer Woche schickte ich Valentin eine SMS, bekam aber keine Antwort. Dann rief ich an, wurde aber sofort an die Mailbox geleitet und hinterließ eine Nachricht, dass ich mir Sorgen mache und mich freuen würde, wenn er sich wenigstens kurz melden würde. Darauf kam eine knappe SMS, die besagte, dass er für eine Woche auf der Familienhütte in den Bergen abgetaucht sei, er den Kopf klar bekommen wollte, schließlich sei ja einiges vorgefallen in der letzten Zeit. Das war nun drei Wochen her, Valentin war also schon wieder in München, aber immer noch kein Lebenszeichen von ihm, dabei hatte ich seit der Neueröffnung nur noch an ihn denken können. Mit einem Schlag war mir klar geworden, weshalb ich mich ihm so nah fühlte. Wir beide liebten die Musik, mussten mit einem Schicksalsschlag leben und waren unserem familiären Erbe verpflichtet. Mir tat es in der Seele weh, dass Valentin überhaupt nicht mehr Cello spielte, und ich hielt es auch für falsch, dass er so rigoros die Musik aus seinem Leben verbannte. Es war nicht gut, die Liebe zur Musik zu unterdrücken. Auch wenn er nicht mehr konzertreif spielen konnte, so würde die Musik ihm viel bedeuten, dessen war ich mir sicher. Aus diesem Grund hatte ich mich entschlossen, ihm ein Cello zu kaufen. Es war ein wunderschönes altes Stück, über hundert Jahre alt, eine Einzelanfertigung in meisterhafter Handarbeit. Altes, abgelagertes, bestes Resonanzholz aus Ahorn wurde für den Klangkörper des Cellos verwendet, kombiniert mit einer alpinen Hochgebirgsfichte für den Deckel, der aus elastischem Holz sein musste. Das Cello klang harmonisch im Ton und leicht in der Ansprache. Sein Lack war der früher oft verwandte italienische Cremona-Lack, der dem Instrument zu einem warmen, weichen und trotzdem sehr starken Klang verhalf. Ein Freund, der Cellist bei den Münchner Philharmonikern war, war so nett, mir das Instrument über Kontakte zu besorgen. Das Besondere an diesem Cello war, dass es durch einen kleinen Riss beschädigt war, der aber auf den Klangkörper überhaupt keinen Einfluss hatte. Wenn diese Symbolik nicht perfekt zu Valentin und seiner Narbe passte, wusste ich es auch nicht.
    »Was ist denn jetzt?«, holte Nele mich in die Wirklichkeit zurück.
    »Äh, ich gehe wieder, aber kann ich Valentin ein Geschenk hierlassen?«, wollte ich wissen, während ich mich immer wieder unruhig umsah.
    »Na klar! Was ist es denn?«, fragte Nele neugierig. Dass es ein Musikinstrument war, würde sie sicher gleich erraten, wenn ich es aus dem Auto holte. Mit dem Cello und einem Brief bepackt, ging ich zu Valentins Eingangstür zurück und lief geradewegs Ulrike in die Arme. Mein Herz stoppte im selben Moment. Oh weh, hatte sie schon den Teer warm gemacht und die Federn bereitgelegt, oder würde ich nur in den Kerker geschmissen oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt? Nicht, dass sie am Ende auf dumme Gedanken kam. Zu meiner Überraschung sah Ulrike nicht böse aus, im Gegenteil, sie lächelte freundlich, umarmte mich herzlich und sah erstaunt auf das Cello, das ich gerade vor Valentins Tür abstellen wollte.
    »Eine sehr gute Idee. Ich habe immer gesagt, er sollte wieder mit dem Spielen beginnen. Vielleicht hört er ja auf dich!«
    Voller Erleichterung stimmte ich mit ein. Ulrike sah mich forschend an.
    »Magst du einen Kaffee?«
    Meinte sie mich, wirklich mich? Vielleicht war der Scheiterhaufen abbestellt, und stattdessen mischte sie mir Gift in den Kaffee? Verstehen würde ich es.
    Ulrike bemerkte meine Unsicherheit.
    »Die Männer sind alle ausgeflogen, also keine Angst!«
    Aha, das hieß keine Zeugen, niemand würde wissen, dass ich hier war, und einem Kind schenkte man keinen Glauben. Scherz beiseite, natürlich wollte ich einen Kaffee mit ihr trinken. Offensichtlich hasste sie mich nicht, und das allein machte mich glücklich. Nele blieb draußen mit Eddie, und so trottete ich die Stufen rauf in die gemütliche Wohnküche, in der ich schon so oft gesessen hatte, und bekam einen

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