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Heute morgen und fuer immer - Roman

Heute morgen und fuer immer - Roman

Titel: Heute morgen und fuer immer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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der offenen Flasche, die er von drüben mitgenommen hatte, ein. »Auf uns und darauf, dass ich dich gefunden habe ...« Er hob sein Glas und sah mich zärtlich an. Aneinandergekuschelt saßen wir auf dem Sofa und ließen schweigend den Tag Revue passieren. Im Bad beim Zähneputzen hörte ich, wie Valentin und Nele nach Hause kamen und leise miteinander sprachen. Müde vom aufregenden Tag fiel ich ins Bett.
    Vor dem Einschlafen dachte ich noch mal kurz an den Sekundenschmerz in meiner linken Hand. Wahrscheinlich hatte es nur daran gelegen, dass ich mich vorher nicht warmgespielt hatte.

Kapitel 3
    Wie du mir, so ich dir!
    »Clara, wie schön, dich zu sehen, hast du eine neue Frisur, irgendwie siehst du verändert aus!« Professor Bruckner gab mir erfreut die Hand und war, typisch Mann, nicht in der Lage, gleich zu orten, dass meine Augenbrauen dunkler waren als sonst. Zum Glück war ihr Anblick nicht mehr wie ein Schlag ins Gesicht, aber diese rassigen Härchen waren immer noch weit entfernt von meinen hellen rötlichen Originalbrauen. Ohne mich weiter damit aufzuhalten, sah ich Professor Bruckner freudestrahlend an. Was hatte ich diesem Mann alles zu verdanken! Er war derjenige gewesen, der mein Talent von Anfang an erkannt und gefördert hatte, dem es nichts ausmachte, dass ich aus einfachen Verhältnissen stammte und keine kulturversessene Familie vorweisen konnte. Stipendien, Förderungen, all das hatte er für mich organisiert und auch andere Professoren von meinem Können überzeugt. Er war derjenige gewesen, der mir geraten hatte, nicht nur auf Konzertpianistin zu studieren, sondern Pädagogik dazuzunehmen, um später einmal unterrichten zu können. Damals konnte ich es mir nicht vorstellen, war ich doch nur darauf aus, Konzerte zu spielen; aber heute konnte ich sehen, mit welcher Erfahrung und welchem Weitblick er mich begleitet hatte. Die Ausbildung kam mir genau jetzt zugute. Wir trafen uns im Sobi Cacao, meinem Lieblingscafè in der Georgenstraße, das Sobi, ein französischer Perser und ehemaliger Sprachlehrer, führte. Doch noch mehr als Café war es vielmehr eine Insel »für Liebe, Hoffnung und die Revolution«, wie Sobi mit seinem dröhnenden Bass oft lachend sagte. Das Sobi Cacao war so besonders, weil es nicht vorgab, etwas zu sein, aber genau deshalb vieles war. Die Einrichtung war liebevoll zusammengesucht, einfache kleine Holztische mit verschiedenen Stühlen, einem Kronleuchter an der Decke und kleinen Fensterkabinen, in denen man sich die Schuhe ausziehen musste, dann aber auf großen Kissen und mit Blick auf die Straße stundenlang sitzen konnte. Es roch immer entweder nach Schokolade, das Sobi bot fünfzehn verschiedene Sorten an, oder frischem Kaffee. Das wahrlich Einmalige am Sobi Cacao waren Sobi selbst und die Menschen, die er anzog. Mit seinem schwarzen Lockenkopf, der, was das Volumen anging, jede Frau neidisch werden ließ, war er auf Anhieb auszumachen. Sobi war ein Freigeist, ein Lebenskünstler mit Herz, der Menschen liebte und das Wort Gastfreundschaft neu definierte, indem er jedem Gast mit großem Interesse begegnete. Sobi hatte genaue Vorstellungen und Meinungen, die er gern austauschte, wobei er vor lauter Diskussion auch mal vergaß, den Gast am Nebentisch zu bedienen, was er mit seinem sympathischen Lachen schnell wettmachte. Man konnte ihm nicht böse sein, und es störte auch nicht, dass nicht alles perfekt lief - im Gegenteil, genau das war der Charme des Sobi Cacao. Gerade erklärte Sobi einem neuen Gast in bestem Deutsch, aber mit seinem deutlich hörbaren französischen Akzent, weshalb man bei ihm Milchkaffee trank und keine Latte macchiato.
    »Latte macchiato ist keine Kaffeekultur, das hat irgendein Deutscher erfunden, und jetzt wollen es alle trinken, aber das ist künstlich! Versuch mal meinen Milchkaffee, dann brauchst du nie wieder Latte macchiato!«
    Professor Bruckner und ich trafen uns hier zu einem Vorgespräch. Das offizielle Interview vor dem versammelten Beirat fand erst in einigen Wochen statt, aber er wollte mich gründlich vorbereiten.
    »Dass du spielen kannst, ist klar. Wichtig wird sein, dass du zeigst, wie du dein Können vermittelst. Du wirst einen Schüler bekommen, mit dem du unter unserer Aufsicht ein Stück einübst. Das Stück kennst du vorher nicht, damit es fair ist. Wir können frischen Wind gut gebrauchen. Und den würdest du mitbringen, da bin ich sicher. Ich sag dir aber auch gleich, dass Frau Professor Wiese sich für Amelie Fischer

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