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Heute schon geträumt

Heute schon geträumt

Titel: Heute schon geträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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Knightsbridge daraus zu machen, verdammt.«
    »Hey, kein Grund, zu fluchen«, mahnt sein Großvater mit einem missbilligenden Blick.
    »Ich kann einfach nicht anders. Die Leute haben keinerlei Respekt vor jemandem, der aus der Gegend das gemacht hat, was sie ist. Es geht nur um Geld und Profit.«
    »In diesem Laden habe ich so manches erlebt. Hier habe ich meine verstorbene Frau, Betty, kennen gelernt.« Olivers Großvater wendet sich mir zu. »Sie kam rein, weil sie eine Porzellanteekanne kaufen wollte. Was sie auch getan hat«, fügt er hinzu, als hätte ich Zweifel daran. »Und sie hat noch viel mehr bekommen«, sagt er und lässt wieder sein dröhnendes Lachen hören. »Nach ihrem Tod habe ich überlegt, den Laden zu verkaufen, aber was hätte ich dann tun sollen?« Er zuckt die Achseln. »Der Handel mit Antiquitäten liegt mir im Blut, und sehen Sie mich an. Inzwischen bin ich fast selber schon eine.«
    »Aber was werden Sie jetzt mit all den Sachen anstellen?«, frage ich, bereue es aber augenblicklich. Ich wollte ihn nicht noch mehr deprimieren.
    »EBay«, antwortet er schlicht.
    »EBay?« Das war nicht die Antwort, die ich erwartet hatte.
    »Ich habe mir von meinen Enkeln Nachhilfeunterricht geben lassen«, fährt er fort und taucht seinen Keks in den Tee. »Das ist doch jetzt der letzte Schrei. Ich hab sogar ein PayPal-Konto.« Er lächelt mich an, und ich lächle zurück.
    »Aber es wird nicht mehr dasselbe sein«, brummt Oliver wütend.
    »Ah, was soll man tun?«, seufzt sein Großvater mit der Ruhe eines Menschen, der schon so vieles erlebt hat. »Alles geht irgendwann mal zu Ende.« Er hält inne und sieht uns beide an. »Ich habe mein ganzes Leben damit zugebracht, mit teuren Gegenständen zu handeln, aber wisst ihr, was das Wertvollste von allem ist?«
    »Was denn?«
    »Zeit«, antwortet er schlicht. »Die Zeit kannst du nicht zurückholen, für keinen Preis der Welt. Es gibt keine zweite Chance für etwas. Jede Sekunde ist kostbar, also vergeudet keine einzige davon. Die Zeit ist unbezahlbar.«
    Ich sehe ihn an, lasse die Worte auf mich wirken. Ist es das, was ich gerade bekommen habe? Eine zweite Chance?
    »Noch etwas Tee?«
    Ich kehre ins Hier und Jetzt zurück. »Äh … ja. Bitte.« Ich schiebe die Gedanken beiseite und strecke ihm die Tasse hin. »Das wäre nett.«
     

Kapitel 29
    Zwei Tassen Tee und drei Kekse später steht Oliver auf, um einige der schwereren Objekte für den bevorstehenden Umzug zu verpacken. Natürlich biete ich meine Hilfe an, die Olivers Großvater jedoch rigoros ablehnt.
    »Nein, Herzchen, das ist Männerarbeit«, erklärt er hinter einem mannshohen ausgestopften Grizzlybären, der auf den Hintertatzen steht, die Vorderpfoten erhoben und das furchteinflößende Gebiss gebleckt.
    »Wenn Sie meinen.« Normalerweise fühle ich mich verpflichtet, auf eine sexistische Bemerkung wie diese mit einer scharfen Erwiderung zu reagieren, verkneife sie mir in diesem Fall aber.
    »Eins, zwei, drei und hoch.« Mit einem lauten Stöhnen wuchten die beiden Männer den Bären in die Höhe, so dass Oliver ihn sich über die Schulter legen kann, wobei seine Beine prompt unter dem Gewicht nachgeben. »Heiliger Strohsack, dieses Ding wiegt ja eine Tonne.«
    »Hör auf zu jammern.Als ich in deinem Alter war, konnte ich einen auf jeder Schulter tragen.«
    »Wie bitte? Du hattest mal zwei von denen?« Er verzieht das Gesicht, als eine Staubwolke aufsteigt und ihn einhüllt.
    »Aye. Fred habe ich 1952 an einen Japaner verkauft, deshalb ist jetzt nur noch Ginger übrig.« Mit einem wehmütigen Seufzer streicht er über das Fell des Ungetüms, als wäre es ein Schoßhündchen.
    »Sie heißt Ginger?«, frage ich zweifelnd.
    »Genau. Nach der Tänzerin.« Er nickt stolz. »Alle beide Schönheiten, meint ihr nicht auch?«
    »Ich meine, ich breche gleich zusammen«, beschwert sich Oliver, der noch immer versucht, das Biest durch den Laden zu bugsieren.
    Ich nehme es als Stichwort, um mich auf den Weg zu machen. »Tja, ich sollte dann langsam gehen. Es war sehr nett, Sie kennen zu lernen.« Ich strecke Olivers Großvater die Hand hin, aber er scheint nicht viel für Förmlichkeiten übrigzuhaben, sondern zieht mich an sich und drückt mir einen stoppligen, kekskrümeligen Kuss auf beide Wangen.
    »Sind Sie sicher, dass Sie kein hübsches silbernes Milchkännchen mitnehmen wollen?«, meint er. »Oder ein Pferdegeschirr?«
    »Nein, danke.« Lächelnd befreie ich mich aus seiner Umarmung und wende mich

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