Heute schon geträumt
später auch noch machen, sage ich mir und folge den beiden ins Haus.
Im oberen Stockwerk befinden sich zwei Schlaf- und ein Badezimmer. Miles nimmt mich beiseite, als ich einen Blick ins zweite Schlafzimmer werfe.
»Und, was denkst du?«, flüstert er, so dass uns der Makler nicht hören kann.
»Ich find’s toll!«, sage ich begeistert und betrete das zweite Schlafzimmer.
»Wirklich?« Ein erleichtertes Lächeln breitet sich auf Miles’ Zügen aus.
»Ja, es ist herrlich.« Ich nicke. »Der wunderbare Kamin, und der Garten.« Ich halte inne, um die Größe des Raums auf mich wirken zu lassen, als mir eine Idee kommt. »Und dieser Raum hier wäre perfekt als Büro geeignet.« Augenblicklich fluten die Details über mich herein. »Den Schreibtisch könnte man hierhin stellen, und ausreichend Platz für einen Drucker und alles andere wäre hier.«
»Eigentlich hatte ich eher eine andere Idee.«
»Oh, du meinst, der Schreibtisch sollte dort an der Wand stehen?« Stirnrunzelnd überlege ich. »Ja, das könnte klappen.«
»Nein, Dummerchen.« Er legt den Arm um meine Taille, zieht mich an sich und sieht mich bedeutungsvoll an. »Ich dachte, der Raum wäre das ideale Kinderzimmer.« Er lacht und streicht mir übers Haar.
»Äh.« Ich schiebe mir eine Strähne hinter die Ohren und überlege, was ich darauf sagen könnte. Plötzlich keimt leise Panik in mir auf. Gerade noch ging es darum, ein gemeinsames Haus zu beziehen, und jetzt werde ich bereits Mutter? Was ist mit dem Teil in der Mitte? Den haben wir offenbar einfach übersprungen. Den Teil mit dem Heiratsantrag, dem Ja-Sagen, der Hochzeit …
Nicht dass ich fände, man müsse unbedingt verheiratet sein, um ein Kind zu bekommen, und das Problem ist auch nicht, dass ich nicht gern Mutter wäre - irgendwann -, aber wir haben über dieses Thema noch nicht einmal geredet. Bis auf dieses eine Mal bei der Taufe von Miles’ Neffen (ich glaube, er heißt Horatio, was ich ziemlich heftig finde, schließlich reden wir hier von einem unschuldigen Kind). Auf der Heimfahrt entspann sich ein scherzhaftes, rein hypothetisches Gespräch darüber, welche Namen wir unseren Kindern geben würden, sofern wir welche hätten. Der Dialog lief etwa folgendermaßen ab:
Ich: »Mir gefällt Tallulah für ein Mädchen.«
Er: »Igitt. Das klingt nach Stripperin.Was ist mit Tarquin für einen Jungen?«
Ich: »Oh Gott, das klingt nach Idiot.«
So ging es hin und her, bis uns langweilig wurde und wir uns anderen Themen zuwandten und das Ganze vergaßen. Ich zumindest.
»Und haben Sie Ihre Immobilie schon auf den Markt gegeben?«, unterbricht die muntere Stimme des Maklers unsere Intimität.
»Nein, noch nicht, aber das sollte kein Problem sein, es sind beides wunderschöne Zwei-Zimmer-Eigentumswohnungen«, erklärt Miles selbstbewusst.
Ich mustere ihn scharf. »Tun wir das?«
Du meine Güte, das geht alles ziemlich schnell. Ich erinnere mich nicht daran, meinen Segen gegeben zu haben.
»Na ja, natürlich, Schatz«, sagt Miles. »Das haben wir doch gerade besprochen, oder nicht? Unsere beiden Haushalte zusammenwerfen, unsere Wohnungen verkaufen …«
»Eine kluge Entscheidung«, meldet sich der Makler zu Wort.
»Äh … ja, ich denke schon«, sage ich benommen.
Unsere Wohnungen verkaufen? Als es darum ging, muss ich mit den Gedanken anderswo gewesen sein.
»Vom finanziellen Standpunkt her ist das eine sehr vernünftige Entscheidung.«
»Ich weiß, es ist nur …« Ich unterbreche mich und denke wieder an unser Gespräch über den Kamin. Daran, dass Miles die Magie eines offenen Feuers nicht nachvollziehen kann. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Ich kann es mir selber kaum erklären, und Miles schon gar nicht. Ebenso wenig wie dem Makler, der mich eindringlich mustert und offenbar Ausschau nach einem Hinweis auf meine Zögerlichkeit hält.
»Ich muss Ihnen allerdings sagen, dass ich mehrere Interessenten habe, die sich um das Objekt bemühen«, erklärt er warnend. »Es gibt auch bereits mehrere Angebote, die den Einstiegspreis übersteigen, sprich, Sie werden schon ein richtig gutes Angebot machen müssen, um dabeizubleiben.«
Mein Magen verkrampft sich. Gott, es ist plötzlich alles so real. Der Kauf eines Hauses ist etwas, worüber Miles und ich bei einem Schälchen Oliven und einer Flasche Wein geplaudert haben, und in der Theorie hat es sich auch sehr nett angehört, aber ich habe mich nie ernsthaft damit auseinandergesetzt, mit der Tragweite einer solchen
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