Heute schon geträumt
sieht mich reumütig an. »Ich fürchte, nachdem du weg warst, war ich ziemlich …«, sie schluckt, »in Flirtlaune.«
»Verstehe.« Obwohl das eigentlich nicht stimmt. Eine Beatrice in Flirtlaune ist eine Vorstellung, die sich mir nicht unbedingt aufdrängt.
»Und dann kam seine Frau.«
»Aua.« Ich zucke zusammen.
»Wie aus dem Nichts. Zack. Auf einmal stand sie da, direkt vor mir, in einem Pringle-Pulli.«
»Ah, die semiprofessionelle Golferin, ich erinnere mich.« Beatrice lässt beschämt den Kopf hängen. »Ich weiß, das war gemein von mir. Ich wusste, dass er verheiratet ist. Und ich wollte ja auch nichts tun. Ich war nur …« Sie hält inne und stößt einen abgrundtiefen Seufzer aus. »Oh, Charlotte, glaubst du, ich lerne irgendwann mal einen Mann kennen?«
Sie sieht so niedergeschlagen aus, dass ich Mitleid mit ihr habe. »Aber natürlich wirst du das.« Ich drücke ihre Schulter. »Du bist süß und nett und superklug …«
»Aber das reicht eben nicht«, unterbricht sie mich. »Männer wollen keine superschlaue Frau als Freundin. Sie suchen eine, die hübsch ist, und keine mit Hirn.«
»Das stimmt doch nicht«, widerspreche ich. »Sieh dir nur mal …« Ich halte inne. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, fällt mir niemand ein.
»Siehst du. Auch du kennst niemanden«, erklärt sie traurig.
»Natürlich kenne ich jemanden«, protestiere ich und durchforste mein Gehirn. Los, Charlotte, mach schon. Es muss doch jemanden geben. »Jetzt weiß ich es! Was ist mit Miranda aus Sex and the City?«, rufe ich triumphierend.
Beatrice straft mich mit einem vernichtenden Blick. »Was soll mit ihr sein?«
»Na ja, sie ist eine superschlaue Anwältin und hat Steve bekommen«, antworte ich.
Beatrice sieht noch deprimierter drein. »Genau«, sagt sie trübselig und wendet sich wieder der Kaffeemaschine zu.
Am liebsten würde ich widersprechen, lasse es dann aber doch. Im Grunde hat Beatrice nicht Unrecht. Na gut, Steve mag ein netter Typ gewesen sein, hatte aber eben nicht das Kaliber eines Aiden oder Mr. Big, richtig? Und hatte er nicht diese dämliche Brille?
»Männer wollen Frauen, die Geld für Klamotten, Make-up und Designerschuhe ausgeben und keine 3000 Pfund für ein Teleskop.« Sie gießt den frisch gekochten Kaffee in zwei Becher.
»Glaub mir, Männern ist es egal, wofür du Geld ausgibst, solange es nicht ihr eigenes ist«, sage ich, ehe ich innehalte. »Du hast 3000 Pfund für ein Teleskop hingelegt?«, hake ich verblüfft nach.
»Ja, bei eBay. Ehrlich, Charlotte, es ist unglaublich!« Mit einem Mal kommt Leben in sie, ihre Augen beginnen zu leuchten. »Das brandneue, hyperbolische LX200R Ritchey-Chrétien.«
»Äh … ist das gut?«, frage ich vage.
Beatrice legt eine Hand um ihre Perlen und sieht mich an, als hätte ich mich erkundigt, ob die Red-Velvet-Küchlein mit Buttercremeguss aus dem Sprinkles-Laden an der Ecke etwas taugen. »Nahezu jedes große Weltraum-Teleskop auf der Welt ist ein Ritchey-Chrétien, auch das Hubble-Teleskop der NASA«, verkündet sie, ehe sie sich mit vor Aufregung gerötetem Gesicht unterbricht. Doch ihre Begeisterung verpufft schneller, als man mit den Fingern schnippt. »Siehst du, so ist es immer«, sagt sie.
»Was ist immer so?«
»Dieser Ausdruck.«
»Welcher Ausdruck?«, frage ich trotzig.
»Auf deinem Gesicht.Völlig ausdruckslos.«
Oh Scheiße, ist das so offensichtlich? »Das liegt an meinem Gesicht«, protestiere ich eilig. »So sehe ich nun mal aus.«
»Unsinn«, widerspricht sie schmollend. »Diese Wirkung habe ich auf alle Leute. Kaum fange ich an zu reden, schalten sie geistig auf Durchzug. Mami hat mir geraten, in die PR-Branche zu gehen, weil ›kein Mann auf der Welt eine Wissenschaftlerin als Frau haben will‹. Und sie hat Recht. Mami hat immer Recht.« Ihre großen blauen Augen füllen sich mit Tränen. Sie blinzelt hastig, ehe sie sich einen Kaffeefilter schnappt und sich die Augen betupft.
»Mami hat nicht immer Recht«, widerspreche ich aufgebracht, unterbreche mich jedoch. »Ich meine, äh, deine Mami … Mum«, korrigiere ich mich, »hat nicht immer Recht.«
»Meinst du?«, fragt sie zweifelnd und zerpflückt den Kaffeefilter in ihrer Hand.
»Definitiv.« Ich nicke entschieden und lächle sie aufmunternd an. »Du bist einfach nur noch nicht dem Richtigen begegnet.«
»So wie du Miles«, sagt sie und sieht mich bedeutungsvoll an.
»Na ja, im Prinzip schon. Wie ich Miles.« Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich in den
Weitere Kostenlose Bücher