Heute schon geträumt
sein, es findet doch erst am Samstag statt. Ich sehe noch mal auf das Datum. Habe ich mich etwa geirrt? Nein, es ist heute. Am 23. August.
»Moment, hier kann doch etwas nicht stimmen«, sage ich.
»Was denn?«
Ich kehre ins Hier und Jetzt zurück.
Beatrice’ Stimme klingt besorgt. »Aber es stimmt. Der Termin für 15 Uhr ist bestätigt.«
»Oh, nein, schon in Ordnung. Ich habe nur gerade in einem alten Tagebuch gelesen und festgestellt, dass die Daten nicht stimmen. Ich muss da etwas verwechselt haben.«
»Aber natürlich sind die Daten verschieden. Die Wochentage wechseln jedes Jahr.« Sie klingt erleichtert.
Oh Gott, natürlich! Ich bin so dämlich. Daran habe ich überhaupt nicht gedacht.
»Der gregorianische Sonnenkalender ist arithmetisch«, fährt sie sachlich fort. »Er zählt die Tage als Basiseinheit der Zeit und unterteilt sie in 365 oder 366 Tage. Der Sonnenkalender wiederholt sich alle 146.097 Tage, was 400 Jahre ausmacht und insgesamt 20.871 Siebentagewochen.«
»Ach ja?« Geistesabwesend starre ich auf das Tagebuch in meinem Schoß. Das erklärt es natürlich. Heute ist Donnerstag, aber vor zehn Jahren fiel der 23.August auf einen Samstag. Was heißt … Plötzlich fällt der Groschen: Billy Romani gibt heute Abend ein Konzert. Mist.
Beatrice faselt munter weiter, aber ich höre nicht mehr hin. Stattdessen wandert mein Blick zum Ende der Seite. Denn da, in Großbuchstaben, stehen die Worte, vor denen mir so sehr graut, unterstrichen und mit vier, nein fünf Ausrufungszeichen versehen.
MIT BILLY ROMANI GESCHLAFEN!!!!!
Ich hole tief Luft. »Verdammte Scheiße!«
»Charlotte?«, höre ich Beatrice mit unsicherer Stimme sagen. »Ist alles in Ordnung? Geht es dir gut?«
Nein, mir geht es nicht gut. Überhaupt nicht gut, verdammt noch mal! Ich bin drauf und dran, einen riesigen Fehler zu begehen.
»Ja, klar, alles bestens …« Meine Gedanken überschlagen sich, und ich sehe auf die Uhr.Vielleicht ist es ja noch nicht zu spät.Vielleicht kann ich das Ganze stoppen. Ich lasse das Tagebuch fallen und springe auf. »Aber ich muss jetzt Schluss machen.«
»Schluss machen?«
»Äh … ja …« Aus dem Fernseher dringt Musik, und ich sehe hinüber. »Project Runway fängt gerade an. Meine … äh... Lieblingssendung.«
»Ach ja? Tja, dann viel Spaß.Wir sehen uns morgen.«
»Ja, bis morgen.« Ich lege auf und sehe mich hektisch nach den Autoschlüsseln um.
Da! Ich schnappe sie vom Couchtisch und schalte den Fernseher aus.
Vergiss Project Runway!
Projekt Kein-Sex-mit-Billy ist soeben angelaufen!
Obwohl ich behauptet habe, ich sei ein Riesenfan von Shattered Genius, kann ich mich an keinen Song von ihnen erinnern. An keinen einzigen. Was seltsam ist, wenn man bedenkt, dass ich auch heute noch den Text von »Making your Mind Up« von Bucks Fizz auswendig kann, obwohl ich höchstens fünf gewesen sein kann, als sie den Eurovision Song Contest gewonnen haben.
Aber vielleicht kommt es ja wieder, wenn ich sie gleich auf der Bühne erlebe, sage ich mir, während ich die Umleitung hinter mich bringe. Ein unerwartetes Hochgefühl überkommt mich. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal bei einem Live-Konzert war. Obwohl … doch … ich war bei Licence to Thrill, einer Band, die die alten James-Bond-Klassiker nachspielt.
Widerstrebend denke ich an den Abend vor ein paar Monaten zurück. Miles hat die Karten besorgt. Er ist ein eingefleischter James-Bond-Fan, hat sämtliche Bücher von Ian Fleming hundert Mal gelesen und kann die Dialoge der Filme auswendig mitsprechen.Was mich in den Wahnsinn treiben würde, gäbe es nicht diese unfassbare Badehosen-Szene mit Daniel Craig zum Trost. Ich könnte mir diese Sequenz stundenlang ansehen. Obwohl man als wahrer Fan ja Sean Connery besser finden muss, sagt Miles.
Ich konnte Shirley Bassey mit ihrem »Goldfinger« ja nie sonderlich viel abgewinnen, aber ein alterndes Trio aus Manchester auf der Hammondorgel und mit Stroboskop ist dann vielleicht doch ein bisschen sehr heftig. Ihr großes Finale bestand aus »Nobody Does It Better«, obwohl selbst ich das wohl geschafft hätte, um nicht zu sagen, dass Großtante Marys sprechender Papagei dieser Aufgabe gewachsen gewesen wäre. Aber natürlich habe ich das Miles nicht auf die Nase gebunden. Ich wollte ihn nicht verletzen, also habe ich geschwärmt, wie toll ich sie fand.
Allerdings habe ich das bitter bereut, denn er zog prompt los und kaufte mir die CD, »weil du sie doch so toll
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