Heute schon geträumt
Champagner«, erinnert er mich spitz, schnallt sich an und bringt den Beifahrersitz in die richtige Position.
»Oh, ja, stimmt.« Ich setze den Blinker.
»Obwohl du deinen nicht mal ganz ausgetrunken hast«, fährt er fort und fummelt an den Hebeln herum. Sein Sitz saust nach vorn, dann zurück und wieder nach vorn.
»Wenn ich zu viel getrunken hätte, würde ich mich wohl kaum hinters Steuer setzen, oder?«, erkläre ich leichthin und fädle mich in den Verkehr ein.
»Wir hätten den Bus nehmen können«, beharrt er. Sein Sitz neigt sich zu weit nach hinten, worauf er versucht, ihn in eine aufrechtere Position zu bringen. »Um die Ecke ist die Haltestelle.«
»Ja, das weiß ich.« Allmählich werde ich genervt. »Das sagtest du gerade.«
In diesem Moment ertönt ein metallisches Krachen, und der Sitz schnellt nach hinten.
»Miles, würdest du endlich damit aufhören?«, blaffe ich ungeduldig.
»Womit aufhören?«, fragt er unschuldig. »Ich versuche doch nur, es mir bequem zu machen.«
»Das weiß ich, es ist nur …« Ich unterbreche mich und hole tief Luft. Keine Ahnung, wieso, aber ich bin plötzlich so genervt. »Tut mir leid, ich wollte dich nicht anschnauzen.«
»Das weiß ich doch.« Er lächelt und drückt liebevoll meine Hand.
Ich habe ein schrecklich schlechtes Gewissen. Was ist denn nur los mit mir? Miles ist ein so reizender Mann.Wieso führe ich mich wie eine übellaunige Ziege auf?
»Keine Sorge, lange wird es nicht mehr so gehen«, erklärt er fröhlich.
»Was meinst du?«, frage ich abwesend und setze den rechten Blinker.
»Jedes Wochenende zwischen unseren Apartments hinund herpendeln«, antwortet er, als läge die Antwort doch auf der Hand. »Schon bald sind wir in unserem eigenen Haus.«
»Oh, klar. Natürlich.« Ich räuspere mich. Mit einem Mal ist meine Stimme etwas brüchig. »Klar.«
»Kein Hin- und Herfahren mehr. Du während der Woche in deiner Wohnung, ich in meiner. Überleg doch nur! Wir können jeden Abend gemeinsam verbringen.«
Er strahlt mich an, und ich lächle zurück, während ich mir vorstelle, jeden Abend mit Miles zu verbringen. Jeden Morgen neben ihm aufzuwachen. Mir neben ihm die Zähne zu putzen.Tagein, tagaus.
Für immer.
Ich reiße mich zusammen. Gott, Charlotte, ich weiß überhaupt nicht, wieso du dich so aufregst, sage ich mir entschieden. Alles wird ganz wunderbar werden. Du liebst Miles. Miles liebt dich. Und es wird nicht anders sein als bisher an den Wochenenden. Es bedeutet nur, dass du keine Klamotten in seiner Wohnung deponieren, die Kosmetikartikel nicht doppelt kaufen und deine Unterwäsche nicht in eine winzige Schublade stopfen musst. Überleg doch nur, wie nervtötend es vor ein paar Wochen war, als du deine Beißschiene zu Hause vergessen hast und am nächsten Morgen mit rasenden Kopfschmerzen aufgewacht bist. Mit einem gemeinsamen Hausstand hast du immer alles in Reichweite.
Etwas beruhigt halte ich vor meiner Wohnung an, während ich mit einem unterdrückten Lächeln daran denke, wie der arme Miles seine kräftigen Schenkel einmal in meine engen Lycra-Laufshorts quetschen musste, als er seine eigenen Sportsachen vergessen hatte.
»Es wird alles ganz wunderbar werden«, sage ich und schalte den Motor ab.
Andererseits …
Ich nehme die Post aus dem Briefkasten. Wie üblich habe ich das Haus verlassen, bevor der Postbote kam. Neben den gewohnten Kreditkartenabrechnungen und Bankschreiben finde ich eine Geburtstagskarte von Mum und Dad. Mum ist einfach unglaublich. Sie schafft es immer wieder, dafür zu sorgen, dass die Karte genau am richtigen Tag eintrifft, nicht zu früh und nicht zu spät, unabhängig davon, ob bei der Post gerade gestreikt wird oder Personalknappheit herrscht.
Im Wohnzimmer läuft der Fernseher. Ich reiße den Umschlag auf und gehe hinein, wo Miles es sich mit der Fernbedienung in der Hand bereits auf dem Sofa bequem gemacht hat.
»Hast du die Folge von Location, Location, Location dieser Woche aufgenommen?«, fragt er, ohne aufzusehen.
»Äh, nein …«, antworte ich vage und ziehe den Gutschein von Marks & Spencer mit der Anweisung »Kauf dir mal etwas Anständiges zu essen« heraus. Ich muss grinsen. Jedes Jahr dasselbe, seit ich von der Uni abgegangen bin. Ich sehe auf die Uhr - sie haben am Nachmittag angerufen, als ich gerade einen Termin hatte - und überlege, ob es schon zu spät ist, zurückzurufen. Wahrscheinlich ja, stelle ich mit einem Anflug von Enttäuschung fest. Meine Eltern essen
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