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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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Vorstellungsgespräch gehen und sich so hinsetzen, wird Sie garantiert niemand einstellen.«
    »Einen Vorbestraften stellt doch sowieso keiner ein.«
    »Nicht, wenn er sich so benimmt wie Sie, das stimmt.«
    Victor funkelte mich an, aber er richtete sich trotzdem auf und zog die Beine vor seinem ganzen Stolz zusammen.
    Ich schlug seine dicke Akte auf und sah mir die Berichte an. »Sie zeigen sich immer noch wenig kooperationsbereit in der Gewalttäter-Therapie. Außerdem schulden Sie denen Geld.«
    »Das ist alles, was die interessiert. Geld, Geld, Geld. Als wäre das für die eine Religion oder so.« Er schnappte sich den Brieföffner von meinem Tisch und tippte damit an die Tischkante. »Die sollten das umsonst machen.«
    Ich beugte mich vor und nahm ihm den Brieföffner ab. Man hätte meinen können, meine Klienten wären sechs Jahre alt, so wie sie ständig Sachen von meinem Schreibtisch klaubten. »Würden Sie umsonst mit jemandem wie Ihnen arbeiten?«
    Dieselben Fragen, dieselben Beschwerden. Mit jeder Woche fühlte ich mich stärker vergiftet. Als Jesse, der letzte Klient für heute Vormittag, mein Büro betrat, war ich gewillt, es ihm besonders schwer zu machen, einfach nur, weil ich hungrig und müde war.
    »Alles okay, Miss Zachariah?«, fragte Jesse, als er eintrat. »Sie sehen nicht besonders gut aus.«
    Ich lachte schnaubend. »Na, herzlichen Dank.«
    »Nein, im Ernst.«
    Tränen brannten mir in den Augen. Ich hasste das. Ich hasste es, wenn mein Körper auf jedes bisschen Nettigkeit reagierte, als hätte ich gerade eine Million Dollar geschenkt bekommen. »Mir geht's gut.« Ich richtete mich auf. »Nur eine Allergie.«
    »Gegen uns?« Jesse wies mit der Hand in einem großen Bogen auf alles, all die verlorenen Männer, die durch die Flure der Justiz irrten.
    »Pollen.«
    »Kann nicht sein«, sagte er. »Pollen verursachen im Sommer Allergien, im Herbst ist es Ambrosia.«
    »Schön«, sagte ich und griff nach seiner Akte. »Dann also gegen Ambrosia.«
    »Sie sind nicht gut drauf, was?« Er neigte den Kopf zur Seite. »Ich werde Sie zum Lächeln bringen.«
    »Wie?«
    Er griff in seine hintere Hosentasche und holte ein gefaltetes Blatt Papier hervor. »Sehen Sie sich das mal an.« Er reichte es mir.
    Ich faltete es auf und las. »Sie haben bestanden! Sie haben den GED -Test.«
    Er lächelte breit. »Ja. Sie hatten recht. War gar nicht so schwer. Ich wusste mehr, als ich dachte.« Er straffte die Schultern und setzte rasch seine Coolness wieder auf, die ihm kurz heruntergerutscht war.
    »Und?«
    »Und?«, ahmte er mich nach. »Ja. Ich habe mich für ein paar Kurse am College eingeschrieben. Nicht am Roxbury Community College – ich weiß ja, dass ich mich von Wie-hieß-er-nochmal fernhalten muss.«
    Ich fand es nicht gut, dass Jesse den Mann, den er beinahe ermordet hatte, als Wie-hieß-er-noch-mal bezeichnete, aber ich konnte nun mal nicht jeden Kampf ausfechten.
    Michael fand es aufregend, mich nach New York zu entführen. Er wusste ja nicht, dass ich etwa eine Million Mal dorthin gefahren war, seit ich nicht mehr bei den Cohens wohnte, weil ich meinen Vater mindestens einmal im Monat besuchte.
    Es stellte sich als umständlicher heraus, nach New York zu fliegen, als ein Auto zu mieten und selbst zu fahren, wie ich es meistens tat. Fliegen bedeutete neuerdings nämlich, dass man schuldig war, bis es einem zumindest halbwegs gelang, das Gegenteil zu beweisen. Die Sicherheitskräfte am Logan Airport waren vorsichtig, ja argwöhnisch. Erging es meinen Klienten jeden Tag so? Wenn die mich und Michael schon wie potenzielle Terroristen behandelten, mussten meine ziemlich derb aussehenden Schützlinge wohl auf dem Bauch an Bord eines Flugzeugs kriechen, die Hände im Rücken gefesselt.
    »Heutzutage geht Sicherheit eben vor Höflichkeit«, sagte Michael friedfertig, als ich mich beschwerte.
    Unser Taxi hielt vor dem Waldorf Astoria. Ich wartete, während er den Fahrer bezahlte, und bemerkte, dass er dem Mann ein anständiges Trinkgeld gab. Geiz brauchte ich also nicht zu seinen Minuspunkten zu zählen, obwohl seine Einstellung mir immer republikanischer vorkam. Ein Portier in blauer Livree öffnete die Wagentür und bot mir die weiß behandschuhte Hand, als gehörte ich zum niederen Adel.
    Ich musste mich beherrschen, um nicht vernehmlich nach Luft zu schnappen, als wir die riesige Lobby betraten. Überwältigt von dem Marmor, dem Messing, dem verflixten Glanz, der hier von allem ausging, besonders im Kontrast

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