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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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messerscharfe Falten in ihren Rock gebügelt.
    »Wer bist du, meine Psychotherapeutin?«
    »Brauchst du eine?«
    »Sehr witzig.« Ich griff nach meinem Eiersalat-Sandwich und biss einen Riesenhappen davon ab. Viel zu viel Mayonnaise mit Eierstückchen rann mir übers Kinn.
    Ich wischte mir den Mund mit einer kratzigen braunen Papierserviette ab und sah zu, wie Valerie mit der Gabel kleine Gassen durch ihre Käsemakkaroni bahnte.
    »Magst du ihn? Willst du ihn?«, fragte Valerie.
    Ich hob die Hände, um die Tatsache auszudrücken, dass ich keine Meinung hatte.
    »Wie kannst du nicht wissen, was du willst?«
    »Ich glaube, normalerweise will ich einfach denjenigen, der mich will, wer auch immer das ist.«
    »Herrgott, wie erbärmlich. Kein Wunder, dass du mit Losern arbeitest.«
    »Du arbeitest mit den gleichen Losern.«
    »M-m.« Sie schüttelte das Haar und genoss offensichtlich, wie es ihr um den Kopf flog. »Ich habe nur jugendliche Straftäter. Die haben noch eine Chance.«
    »Okay. Du bist die verdammte Mutter Teresa des Gerichts, und ich bin neurotisch. Findest du jetzt, dass ich ihn anrufen sollte, oder nicht?«
    »Ich finde, du solltest ihn anrufen.«
    Ehe ich fragen konnte, warum, kam mein Klient Jesse herein. Ich hatte nach dem Mittagessen einen Termin mit ihm, aber jetzt hob er zur Begrüßung nur ganz cool zwei Finger und nahm mich kaum zur Kenntnis.
    »Wer ist das?«, fragte Valerie.
    »Jesse. Der gerade seinen GED bestanden hat. Jetzt ist er am Bunker Hill Community College eingeschrieben.« Ich erwiderte seinen Gruß, indem ich leicht das Kinn anhob. »Es sind wohl doch nicht nur die Jugendlichen, die sich noch ändern können.«
    »Wir werden ja sehen.« Sie knüllte ihre Serviette zusammen und ließ sie auf ihren Teller fallen, obwohl sie höchstens zwei Bissen gegessen hatte. Ich schob mir den Rest meines hastig verschlungenen Sandwichs in den Mund.
    »Ruf Michael an«, befahl Valerie, als wir das Dumpy's verließen.
    Jesse wartete schon auf mich, als ich das Gerichtsgebäude betrat, und folgte mir von der Lobby bis hoch in mein Büro. Als Vorschau auf die kommende Attraktion seiner üblen Laune schlurfte er dabei besonders laut.
    »Hören Sie, Miss Zachariah, ich habe echt was Besseres zu tun, als so einen Scheiß wie die Biografie von Ronald Reagan zu lernen.« Jesse fing meinen finsteren Blick auf, als er sich auf den Stuhl fläzte. »So ein Zeug, meine ich.«
    Das war nicht unser bestes Gespräch. Er war reizbar und in dieser Verarsch-die-weiße-Frau-Stimmung. Er war leicht zu durchschauen, aber aus reiner Freundlichkeit ließ ich ihn glauben, er könne mich damit drankriegen.
    »Jesse, in der Schule kann man sich nun mal nicht einzeln herauspicken, was man lernen will und was nicht. Das College ist kein China-Restaurant.«
    »Bunker Hill ist doch ein College für Idioten.«
    »Das kann nicht sein, denn Sie sind da eingeschrieben, und Sie sind ganz schön klug, wenn Sie sich nicht gerade wie ein Idiot aufführen.«
    »Das sagen Sie.« Jesse starrte finster zu Boden. Seine Turnschuhe waren leuchtend weiß. Ich wollte lieber nicht darüber nachdenken, wo er das Geld für die schicken neuen Schuhe herhatte.
    »Das sage ich, und ich bin Ihre Bewährungshelferin. Ist also nicht so, als wäre ich Ihre Mutter.«
    Jesse sank noch ein bisschen tiefer und stieß ein fieses Kichern aus. »Wohl nicht, Sie sind ja nicht betrunken oder bieten an, jedem Kerl, der vorbeikommt, einen zu blasen.«
    »Setzen Sie sich aufrecht hin«, sagte ich. Ich hatte sein Selbstmitleid satt. »Werden Sie endlich erwachsen. Niemand wird es Ihnen im Leben leicht machen, nur weil Ihre Mutter trinkt oder Ihr Vater tot ist. Dass Ihnen jemand eine Ladung Müll in die Hand drückt, bedeutet noch lange nicht, dass Sie ewig daran festhalten müssen. Sie müssen derjenige sein, der den Müll loslässt, Jesse. Das wird niemand sonst für Sie tun.« Ich war nicht sicher, ob meine kleine Ansprache zum Thema »Pech gehabt – na und?« etwas genützt hatte, denn Jesse schlurfte mit ebenso finsterer Miene hinaus, wie er hereingekommen war.
    Bier, Wein, Bourbon. Gedanken an Alkohol überfluteten mich auf der Zugfahrt nach Hause. Ich stieg an der Boston University aus der Green Line aus und marschierte über die Brücke, die Boston mit Cambridge verbindet. Der Mantel, den ich heute Morgen noch gebraucht hatte, diente jetzt nur noch dazu, mir die schweißfeuchte Bluse an den Körper zu drücken.
    Ich schaute im Bio-Supermarkt vorbei und holte mir

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