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Hex

Titel: Hex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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fremdartige Laute und Worte, die für die Ohren der Matrosen wie Kauderwelsch klingen. Nun versuchen die Seefahrer, diesen Menschen ihre eigene Sprache beizubringen, Spanisch, Englisch, was auch immer. Wie werden sie dabei wohl vorgehen?«
    Sina verstand, worauf er hinaus wollte, gab aber aus Trotz keine Antwort.
    Zacharias fuhr fort: »Sie werden auf Gegenstände zeigen und ihnen Worte zuordnen. Danach gehen sie zu Bilderfolgen über und vermitteln so ganze Sätze und Zusammenhänge, bis einige der begabtesten Eingeborenen das System begreifen, die Sprache erlernen und sie wiederum ihren Brüdern und Schwestern beibringen können. Und mit einem ganz ähnlichen Ablauf haben wir es hier zu tun. Jemand versucht, mit der immer wiederkehrenden Vision des Ezechiel den Schlüssel zu einer Sprache zu vermitteln. Jemand will uns lehren, mit ihm zu kommunizieren. Diese Visionen sind nichts anderes als der erste Schritt eines Lernprozesses, über Jahrtausende immer wieder an einzelnen Menschen getestet, in der Hoffnung, daß einige darunter sind, die das System begreifen.«
    »Und das ist Ihren Experten gelungen?«
    »Allerdings.«
    Sina spürte, daß sie schwitzte. Sie wollte sich mit dem Handrücken über die Stirn fahren, aber ihre Fesseln hielten sie klirrend davon ab. »Wessen Sprache ist es? Wessen Alphabet?«
    Zacharias schmunzelte sanft, als er sah, daß sie endlich am Haken zappelte. Sina durchschaute seine Absicht, aber sie war zu schwach, der Verlockung zu widerstehen. Jetzt wollte sie alles wissen.
    »Kommen Sie«, sagte der Alte. »Ich will Ihnen etwas zeigen.« Damit trat er an dem schwarzen Kachelofen vorbei zu einer Spitzbogentür aus Holz.
    Sina blieb stehen und sah ihm nach. »Warum töten Sie mich nicht?« fragte sie unvermittelt. »Warum setzten sie den Magier auf Max an und lassen mich am Leben? Weshalb erzählen Sie mir das alles?«
    Zacharias öffnete die Tür, ohne sich umzusehen. »Weil man mich darum gebeten hat, Sina. Und weil ich Sie schätze.« Er trat hinaus auf den Felsengang. »Folgen Sie mir bitte.«
    »Was ist mit den Handschellen?«
    »Ich bin vielleicht vertrauensselig, meine Liebe, aber nicht dumm.«
    Sina zögerte einen Augenblick länger, dann ging sie ihm nach. Die beiden Soldaten folgten ihr schweigend.
    Zacharias führte sie durch einen Raum, der früher einmal eine Art Empfangszimmer gewesen sein mußte; die Wände waren blau-rot-gold vertäfelt, die Decke mit zwei Dutzend Wappen verziert. Sie erkannte die Zeichen des österreichisch-spanischen Weltreichs unter Kaiser Karl V. Durch eine Tür betraten sie ein weiteres Zimmer, geschmückt mit Wandmalereien und geschnitzten Renaissancegrotesken. Die gesamte Decke wurde von einem doppelköpfigen Reichsadler eingenommen.
    Der Blick aus den Fenstern gestattete Sina, ihren Aufenthaltsort genauer einzuordnen. Sie blickte über die roten Dächer der Altstadt hinweg, was wohl bedeutete, daß sie sich an der Südseite der Burg befanden.
    Durch einen Ecksaal betraten sie ein enges Treppenhaus. Eine steinerne Wendeltreppe führte nach unten. Der Schacht war gerade breit genug, daß sie hintereinander gehen konnten. Zacharias lief voran, danach folgte Sina, hinter ihr die beiden Soldaten. Der Abstieg über die schmalen Stufen erinnerte sie unweigerlich an Max, obschon Sie versuchte, jeden Gedanken an ihn zu verdrängen.
    Sie erreichten das Erdgeschoß, doch die Wendeltreppe führte immer noch tiefer nach unten. Sina wurde bewußt, daß Zacharias sie in die Tiefe des Burgberges führte. Was hatte er mit ihr vor? Und was konnte es dort unten geben außer mittelalterlichen Folterkammern? Bei dem Gedanken wurde ihr schlagartig übel.
    Um sich von ihrem eigenen Schicksal abzulenken, fragte sie Zacharias: »Was gibt Ihnen das Recht, von Poser und seine Tochter gefangenzuhalten?«
    »Das Recht der Vernunft«, entgegnete Zacharias. »Er hat mir gedroht, das alles hier an die Öffentlichkeit zu bringen. Was hätten Sie an meiner Stelle getan? Ihn laufen lassen? Das Risiko wäre zu groß. Er wußte, auf was er sich einließ, als er sich uns vor Jahren anschloß.« Seine Stimme wurde leiser. »Wir haben Fehler gemacht. Viele Fehler. Verstehen Sie meine Motive nicht falsch, Sina. Was wir hier tun, hat nichts mit wahnsinnigem Forscherdrang zu tun – nur mit Schadensbegrenzung. Wir versuchen, Abbitte zu leisten. Wir wollen unsere Fehler wiedergutmachen, wir müssen es tun.«
    »Abbitte bei wem?« fragte sie beharrlich. »Was tun sie hier unten?«
    Er lächelte,

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