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Hex

Titel: Hex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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zurück.«
    »Sie können mich nicht verunsichern.«
    »Ach, nein?« Sie wollte ihm weh tun, wollte ihn so tief verletzen, wie es in ihren Kräften stand. Das war besser, als ihn festzunehmen und hinter Gitter zu stecken, vielleicht sogar besser, als ihn zu töten. Sie wollte, daß er litt. »Niemand hält Sie heute noch für den Besten. Zacharias mag Ihnen erzählen, was er will, aber wenn es das ist, was er sagt, dann lügt er. Als er Ihnen den Auftrag gab, Max zu töten, da tat er es nur, weil er wußte, was Sie und mich verband. Für seine Zwecke waren Sie das beste Werkzeug, ohne Zweifel, aber nicht aus den Gründen, die Sie gerne glauben möchten. Jeder dahergelaufene Kriminelle hätte Max ermorden können. Was Zacharias brauchte, war jemand, der mich verunsicherte, mich aus der Bahn warf, um mit dem Rest des Hex leichtes Spiel zu haben.«
    Seine Wangenmuskeln zuckten unmerklich, als er sagte: »Es war gar nicht Zacharias, der mir den Auftrag gab.«
    Sina starrte ihn überrascht an. »Nicht? Wer dann?«
    Die Verbindungstür zum Hinterzimmer ging auf.
    »Ich«, sagte der Meister des letzten Wortes. Er gab dem Magier einen Wink. »Sie können gehen. Ich brauche Sie hier nicht mehr.«
     
    »Ich hoffe, du hattest nicht vor, mich zu überraschen.« Sina erkannte seine Kleidung wieder; er war einer der drei Männer gewesen, die am Ende der Halle an der letzten Mauer gestanden hatten.
    Dominik schien gelinde amüsiert, aber zugleich wirkte er gedankenverloren. »Ich mußte verschwinden, es ging nicht anders.« Seine blauen Augen leuchteten, und sein Lächeln war charmant wie eh und je. Trotzdem wirkte er ebenso erschöpft wie sein Vater; sein blonde Haar war in Unordnung, die Wangen fleckig. »Vater brauchte einen Anlaß, um sich vom Hex zurückzuziehen und für eine Weile unterzutauchen. Nach meinem angeblichen Tod hatte jedermann Verständnis dafür. Selbst als er vorschlug, das Hex aufzulösen, schöpfte niemand Verdacht. Sentimentalität macht Menschen zu Strohpuppen.«
    »Wer saß wirklich in dem Wagen, als er explodierte?«
    »Irgend jemand. Ich kannte ihn nicht. Das haben andere geregelt.«
    War es möglich, daß man einen Menschen jahrelang so völlig falsch einschätzte? Schwer vorzustellen, daß dies derselbe Dominik war, den sie einmal gemocht hatte. Lieber Gott, das war erst ein paar Tage her...
    »Du machst es dir sehr leicht«, sagte sie und blickte ihm dabei kraftlos in die Augen. »Seit wann gehörst du dazu?«
    »Lange.«
    Sie spürte, daß sich eine gefährliche Gleichgültigkeit in ihr breitmachte. »Blond und blauäugig – die müssen viel von dir halten.«
    Er überging die Bemerkung mit einem Stirnrunzeln. »Sie wollten dich umbringen. Ich habe es verhindert. Mein Wort besitzt einiges Gewicht in der Gesellschaft.«
    »Mehr als das deines Vaters?«
    »In deinem Falle, ja.«
    »Er hat mir gesagt, daß er dagegen war, mich nach Grönland zu schicken.«
    »Das stimmt.«
    »Ich kann ihn verstehen. Es war ein Fehler.«
    »Das kommt darauf an, wie du dich entscheidest.«
    Sie ließ sich auf das Sofa fallen und faltete die gefesselten Hände im Schoß. »Du willst mich wirklich vor diese Entscheidung stellen, Dominik? Hast du mich in den letzten drei Jahren so wenig kennengelernt?«
    Er setzte sich auf die Armlehne des Sofas und zog ein Knie an. Er sah wie ein trotziges Kind aus. »Ich kenne dich gut, Sina. Viel besser als du glaubst. Es war meine Idee, den Magier zu beauftragen. Es hat lange gedauert, bis ich ihn fand, aber ich glaube, die Suche hat sich gelohnt.«
    »Wer hat Karel getötet? Auch du?«
    Er zögerte, ehe er sich zu einer Antwort durchrang. »Karel war dumm. Er hat sich in Dinge gemischt, die ihn nichts angingen.«
    Sie lächelte humorlos. »Das ist das älteste und durchschaubarste Argument eines jeden Verbrechers, Dominik. Setz dich nicht selbst so herab.«
    »Er hätte die Finger von den Kayssler-Akten lassen sollen.«
    »Wahrscheinlich habt ihr selbst ihn darauf gestoßen.«
    »In jener Nacht hatte er nichts im Archiv verloren. Ihm wäre nichts geschehen, wenn er zu Hause geblieben wäre.«
    »Du redest wie ein Kind, das Räuberhauptmann spielt.«
    Zum ersten Mal verschwand sein aufgesetzte Freundlichkeit, und an ihre Stelle trat – kein Zorn, aber Unmut. Er war immer der Gelassenere von ihnen gewesen. Nicht einmal Max hatte das in all seiner Gleichgültigkeit überbieten können.
    »Warum willst du mich beleidigen?« fragte er und klang dabei, als verstände er sie wirklich nicht.

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