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Hex

Titel: Hex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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drei zurückgefallen waren. Von Poser hing schlaff in den Armen seiner Kinder. Sina fragte sich unwillkürlich, ob er überhaupt noch lebte.
    Noch etwas sah sie: Der Felsengang hinter den drei war leer. Wo waren all die Menschen geblieben? Es mußten Dutzende gewesen sein, die zur Balustrade gestürmt waren. Und jetzt waren sie alle verschwunden. Einfach fort. Vor ihre Augen trat wieder die Lichtwoge, die auf die Brüstung zugeschossen war, und sie fragte sich, ob es außer ihnen überhaupt noch Überlebende gab. Nicht, wenn Zacharias’ Plan aufgegangen war. Er hatte alle, die von den Fremden wußten, hier unten versammelt. Und alle waren auf einen Schlag ausgelöscht worden.
    War die Helligkeit im Rücken von Max und den anderen nicht schon intensiver geworden?
    Du wirst hysterisch, schalt sie sich bitter.
    Aber nein, sieh doch! Es ist heller geworden!
    Vor ihnen waren die Gänge wie ausgestorben. »Wie weit ist es noch?« Im Laufen rang sie nach Atem.
    »Gleich da«, stöhnte Dominik.
    Sie fragte sich, wann der Schock nachlassen, wann der Tod seines Vaters zu ihm durchdringen würde. Spätestens dann mußten sie die Treppe erreicht haben.
    Wenn uns nicht vorher das Licht erwischt!
    »Fräulein Zweisam«, sagte eine leise Stimme.
    Sina hörte sie nicht.
    »Fräulein Zweisam!« Lauter, diesmal.
    Sie blieb stehen. Auch Max und die anderen verharrten schlagartig. Sie befanden sich mitten auf einer Kreuzung, wo ein hoher, straßenbreiter Stollen den schmaleren Gang schnitt, den sie entlanggelaufen waren. Die Stimme war von rechts gekommen.
    »Und ich hatte schon befürchtet, wir würden uns nicht wiedersehen«, sagte der Magier. Er lehnte neben einer offenen Tür in der rechten Wand des Stollens. Hinter ihm endete der breite Gang in einer Sackgasse; die Stirnseite war mit Holz vertäfelt. Sie waren am Ziel.
    In der rechten Hand hielt der Magier eine Pistole.
    »Was wollen Sie?« Sina spürte, wie sich ihr Körper versteifte.
    Max hatte seinen Vater und Evelina in ein paar Metern Entfernung zurückgelassen und wollte vorspringen, doch Sina hielt ihn am Arm zurück.
    »Meinen Auftrag erfüllen«, sagte der Magier mit zuvorkommendem Lächeln. »Schließlich habe ich einen Ruf zu verlieren.«
    Max sah aus, als wollte er sich jeden Moment auf den Mann stürzen.
    »Stellen Sie sich vor«, sagte der Magier freundlich, »es kommt noch besser...«
    Damit griff er mit der Linken in die offene Tür und zerrte eine weitere Gestalt hervor.
    »Das Bonbon, sozusagen.«
    Es war Larissa. Ihr Mund war geknebelt, ihre Hände vor dem Bauch verschnürt. Nur die Füße waren frei. Ihre Augen blickten groß und ängstlich, aber sie weinte nicht; statt dessen warf sie trotz ihrer Furcht immer wieder haßerfüllte Blicke auf den Magier.
    Max schrie auf. Sina wollte ihn abermals festhalten, aber diesmal kam ihre Reaktion zu spät. Er stürmte vor, auf den Magier zu, und hatte die Distanz bereits zur Hälfte überwunden, als zwei Kugeln vor seinen Füßen den Fels splittern ließen.
    Schlagartig blieb er stehen.
    »Sehen Sie, wir verstehen uns«, sagte der Magier gelassen.
    »Schwein!« brüllte Max in hilfloser Wut.
    Der Magier setzte zu einer Antwort an, als sein Blick auf ihre Schatten am Boden fiel. Sie wurden mit jedem Augenblick dunkler, krochen auf ihn zu. Was immer ihnen von der Halle aus gefolgt war, es kam näher. Der helle Schein eilte ihm voraus.
    »Ich fürchte, wir müssen uns beeilen«, sagte der Magier und zog Larissa wie einen Schutzschild vor sich. »Ihre Verlobte, Herr von Poser, kam auf die unglückliche Idee, auf eigene Faust in die Burg einzudringen. Sie gab vor, eine Bedienstete zu sein. Als Schauspielerin ist ihr das wohl recht überzeugend gelungen.« Er lächelte wohlmeinend. »Erst, als sie versuchte, das Innere des Berges zu erkunden, hat man sie erwischt. Eine Schande. Sie hätte zu einer interessanten Figur in dieser Angelegenheit werden können.« Bedauernd tätschelte er ihr blondes Haar. Larissa riß angewidert den Kopf zur Seite. »Jetzt ist sie leider nur das gleiche wie wir alle – ein Opfer!«
    »Lassen Sie sie frei!« Max hatte die Hände zu Fäusten geballt, sein Körper war angespannt und sprungbereit.
    »Weshalb sollte ich das tun?« Ruhig und lächelnd hob der Magier seine Pistole und setzte sie an Larissas Schläfe. »Sie werden mir jetzt ihre Waffen aushändigen.«
    Da ergriff zum ersten Mal Dominik das Wort. »Hören Sie auf!«
    Der Magier sah ihn gleichgültig an. »Mischen Sie sich nicht in meine

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