Hex
Häme sie über ihn herfallen würden.
Der Magier warf einen letzten Blick auf das Schlachtfeld, das seinen Untergang besiegelt hatte, wandte sich dann um und verschwand wortlos in seiner Garderobe. Den aufgeregten Theaterleiter, der mit pomadisiertem Haar und tränenden Augen hinter ihm her trampelte, sperrte er kurzerhand aus, und auch den Chef der Bühnenarbeiter ließ er vor verschlossener Tür einfach stehen. Er brauchte weder ihre Anklagen noch ihr Mitgefühl. Alles, was er jetzt wollte, war Ruhe. Er mußte darüber nachdenken, was noch zu retten war. Er hätte den beiden Zeitungsschmierern nachfahren und ihnen eine Kugel in den Kopf jagen können, aber das hätte wenig Sinn gehabt; er hätte schon die ganze Zeitungszunft ausrotten müssen. Und er war bereits zu lange in diesem Geschäft, um zu wissen, daß sein größter Gegner die Mundpropaganda war.
Nein, die Reporter zu töten, bevor sie ihre Pamphlete diktierten, war keine gute Lösung.
Er wusch sich die Schminke vom Gesicht und legte sein Zauberkostüm ab. Statt dessen schlüpfte er in einen bequemeren Ausgehanzug und horchte auf den Trubel draußen auf dem Gang. Der Theaterleiter würde einiges über sich ergehen lassen müssen. Sicher war es am besten, wenn auch der Magier ihm die Schuld zuschob. Ob das seinen Ruf retten würde, stand trotzdem in Zweifel.
Er hatte sich gerade ein Glas Scotch eingeschenkt, als es erneut an der Tür klopfte. Nicht das hektische Pochen der aufgeregten Theaterleute. Es war ein ruhiges, fast sanftes Klopfen mit nur einem Finger. Höflich, wie von jemandem, der nicht in Eile ist. Vielleicht einer der Reporter? Möglicherweise bot sich die Chance, ihm eine Lügengeschichte über die Unfähigkeit der Bühnenarbeiter aufzutischen. Nur töten konnte er ihn nicht, nicht hier drinnen. Zu aufwendig, die Leiche verschwinden zu lassen. Zu auffällig.
Der Magier trat an die Tür. »Wer ist da?« fragte er durchs Holz.
»Niemand, den Sie kennen«, antwortete gedämpft eine männliche Stimme.
»Nennen Sie mir Ihren Namen.«
»Das ist unnötig. Er würde Ihnen nichts sagen.« Soviel zur Höflichkeit. Aber es war kein Angestellter des Theaters. Offenbar auch kein Journalist. Selbst die unangenehmsten zeigten zu Anfang Manieren.
»Was wollen Sie?« Er hatte die Hand schon nach dem Schlüssel ausgestreckt, aber jetzt zog er sie wieder zurück. Abwarten.
»Mit Ihnen reden. Über Geld.«
Der Magier war nicht reich, aber seine Auftritte brachten genug ein, um gut davon leben zu können. Nach dem Vorfall heute abend würde er sich mit weniger gefüllten Sälen zufriedengeben müssen. Aber er legte keinen großen Wert auf Geld. Wichtig war ihm sein Ruf. Und den würde auch der Fremde vor der Tür nicht retten können.
Trotzdem öffnete er. Neugier war eine seiner Schwächen.
Draußen auf dem Gang stand ein Mann mit hochgeschlagenem Mantelkragen, dunklem Hut und einem Schal, den er sich bis zur Nase hochgezogen hatte. Er sah aus, als sei er dem Titelbild eines billigen Kriminalromans entstiegen, einem von der Sorte, die es für zwanzig Pfennig an jedem Kiosk gab, auf schlechtem, gelbem Papier gedruckt. John Kling’s Abenteuer oder Harry Piel.
Der Magier wollte die Tür gleich wieder zuschlagen. »Verzeihen Sie, ich habe keinen Sinn für Albernheiten dieser...«
Der Mann unterbrach ihn und setzte einen Fuß in die Tür. »Lassen Sie mich rein, und löschen Sie das Licht.«
»Das Licht?« fragte der Magier irritiert. Ein seltsames Gefühl überkam ihn. Erinnerungen, die er vergessen wollte.
Der Mann nickte. Seine Augen, das einzige, was von ihm zu sehen war, wirkten jung. Mochte der Himmel wissen, wie er in diesem Aufzug hinter die Bühne gelangt war. Wahrscheinlich hatte er die allgemeine Aufregung genutzt und nicht um Erlaubnis gebeten.
»Reicht es aus, wenn ich Oslo erwähne?« fragte er. »Oder Kopenhagen?«
Der Magier erstarrte. Nur für eine Sekunde. Dann sprang er herum, stürzte auf den Garderobentisch zu, riß die Schublade auf und packte die Pistole. Sie lag immer dort. Eine alte Angewohnheit.
Der Fremde war schnell. In Windeseile war er im Zimmer, hatte die Tür zugeschlagen und ließ den Drehschalter fürs Licht herumschnappen. Augenblicklich wurde es dunkel. Nur durch das einzige Oberlicht fiel der schwache Schein einer Straßenlaterne. Gerade genug, um den Umriß des Mannes aus der Finsternis zu schälen.
Die Waffe des Magiers deutete auf die Brust des Fremden. Zu seiner Überraschung machte der Mann keine
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