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Hex

Titel: Hex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Jahrhunderts.
    »Also, Frau Zweisam«, begann er erneut und richtete seine tiefliegenden Augen auf Sina, »sind Sie schon einmal mit einem Luftschiff... gefahren?« Er schenkte Max einen Seitenblick, den dieser mit seinem freundlichsten Lächeln quittierte.
    »Nein.«
    »Es wird Ihnen gefallen. Und vielleicht findest du, Max, ja auch noch Gefallen daran.«
    »Wenn du es sagst, Onkel Johannes.« Max wußte, daß Zacharias es haßte, wenn er ihn in Anspielung auf seine Patenschaft so nannte.
    »Wo fliegen wir hin?« wollte Sina wissen, der bei dem Gedanken keineswegs wohl war.
    Zacharias lehnte sich in seinem Stuhl zurück, verhakte die Finger vor dem Bauch und lächelte zum ersten Mal. »Nach Grönland.«
    Ihnen beiden blieb schlagartig die Luft weg. Während Sina pflichtschuldig schwieg, sah Max keinerlei Veranlassung, sich zurückzuhalten. »Grönland?« stieß er hervor. Seine weiteste Reise in den Norden hatte ihn nach Schweden geführt. Das war vor drei Jahren gewesen.
    »Allerdings.« Zacharias wirkte beinahe amüsiert und fügte hinzu: »Zieh dich warm an, sonst wirst du dich erkälten.«
    Sina gewann langsam ihre Fassung zurück. »Ich nahm an, die Aktivitäten der Abteilung beschränken sich aufs Reich.« Tatsächlich waren die wenigsten von ihnen über die Hauptstadt hinausgekommen.
    »Der Fall ist durchaus eine Reichsangelegenheit«, sagte Zacharias mit eigenartiger Betonung. »Und zwar eine von enormer Bedeutung. Deshalb habe ich Sie dafür ausgewählt, Frau Zweisam.« Max blickte er dabei nicht einmal an.
    »Was ist passiert?«
    »Eines unserer Forschungsluftschiffe ist abgestürzt, in der Nähe einer Stadt namens« – er griff nach einem Zettel und las ab – »Ittoqqortoormiit. Verzeihen Sie, wenn ich das falsch ausspreche.«
    »Kein Problem«, erwiderte Max mit großmütigem Lächeln.
    Zacharias ignorierte ihn. »Die Stadt liegt irgendwo an der Ostküste Grönlands. Das Gebiet steht unter dänischer Hoheit, wird aber von den Norwegern beansprucht. Es kommt ständig zu Reibereien. Das ist leider auch schon alles, was ich über den Ort weiß.«
    Sina beugte sich verständnislos vor. »Aber das ist keine Angelegenheit des Hex.«
    »O doch«, widersprach der Alte und stützte seine Ellbogen auf die Tischkante. »Es gab einen Funkspruch, wenige Augenblicke vor dem Absturz. Die Dänen haben ihn aufgefangen und ihn – unglücklicherweise rein phonetisch – aufgeschrieben. Falls die Nachricht korrekt entschlüsselt wurde, hat der Kapitän des Luftschiffs behauptet, kurz vor der Katastrophe eine Erscheinung am Himmel gesehen zu haben. Eine leuchtende Scheibe.«
    »Du liebe Güte!« Max wand sich gequält in seinem Sessel. »Und deshalb willst du uns in die Arktis schicken? Wegen einer Scheibe am Himmel, die irgendein Kapitän in Todesangst gesehen haben will? Ich bitte dich!«
    »Nein, ich bitte dich!« fuhr Zacharias zornig auf. »Und zwar, deine Aufgabe ein einziges Mal ernst zu nehmen. Nur dieses eine Mal, Maximilian.«
    Sina fühlte sich plötzlich in die Rolle der Schlichterin gedrängt. Sie behagte ihr nicht im geringsten.
    Einen Augenblick später aber hatte Zacharias sich wieder unter Kontrolle. Er wandte seinen Blick von Max ab und fixierte statt dessen Sina. »Ich weiß, daß es zahllose Verrückte gibt, die immer wieder Engel und Lichter und weiß-der-Teufel-was am Himmel sehen. Und ich weiß natürlich, wie viele von diesen Meldungen wir untersucht und als Unfug zu den Akten gelegt haben.«
    »Alle«, bemerkte Max leise.
    Jetzt war es Sina, die einen wütenden Blick auf ihn abschoß. Er hob eilig beide Handflächen und gab sich geschlagen.
    »Aber in diesem Fall liegen die Dinge ein wenig anders«, fuhr der Alte fort. »Wir haben Grund zu der Annahme, daß unser Luftschiff mit etwas kollidiert ist. Und daß alle beide, das Schiff und diese Scheibe, abgestürzt sind.«
    »Wie kommt ihr darauf?« fragte Max. Sein Potential an Trotz war allmählich erschöpft.
    Zacharias starrte ihn über die Dokumentenwüste seines Schreibtischs an. »Beim Aufschlag ist es zu einer Explosion gekommen, die das Eis im Umkreis von vier Kilometern geschmolzen hat. Die Stadt, von der ich sprach, liegt neunundzwanzig Kilometer vom Absturzort entfernt – und selbst dort hat die Schockwelle noch einige Fenster eingedrückt. So etwas passiert nicht, wenn ein Luftschiff vom Himmel fällt.«
    Sina fing sehr sorgfältig seinen Blick auf und versuchte, seine Beweggründe zu durchschauen. »Was hoffen Sie dort zu finden? Bei

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