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Hexe auf leisen Sohlen

Hexe auf leisen Sohlen

Titel: Hexe auf leisen Sohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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dreihundertneunundfünfzig, und ein Achtunddreißiger Smith & Wesson Police Spezial. Mit der Magnum kann man sich alles vom Leibe halten,
einschließlich eines ausgewachsenen Elefanten, aber wenn man sie in einem
Schulterhalfter tragen will, geht man unwillkürlich schief.
    Ich hielt den Smith & Wesson für ausreichend, um sowohl Herbie als auch Lamb auf
Distanz zu halten. Darum überprüfte ich die Kammern und schob die Waffe dann in
meine Hüfttasche.
    Charity beobachtete mich, als
ich durch das Zimmer zur Wohnungstür ging. »Wo gehen Sie hin?« fragte sie.
    »Aus, wie Ehemänner gern sagen
würden, es aber nicht riskieren«, antwortete ich. »Zum Frühstück etwa sollte
ich zurück sein. Wenn nicht, dann machen Sie sich keine Sorgen. Bleiben Sie
hier, bis ich wiederkomme, und machen Sie niemandem die Tür auf. Ich habe
Schlüssel bei mir. Wenn ich bald zurückkomme, werde ich hier auf der Couch
schlafen.«
    »Gut, Danny.« Sie lächelte
sanft. »Soll ich Ihnen etwas sagen? In Wirklichkeit sind Sie gar kein Wolf, Sie
sind einfach ein netter Kerl. Und hier in Ihrer Wohnung fühle ich mich sicher.
Das ist ein angenehmes Gefühl. Ich habe es früher noch nie gehabt.«
    »Sie können mir gefallen«,
erwiderte ich ungehalten. »Mit dieser Verteidigung erreichen Sie mehr als mit
sechs Monaten Judo=Unterricht oder dem lautesten Geschrei in ganz New York. Das
wissen Sie genau.«
    Ihr Lächeln vertiefte sich, wurde
etwas selbstgefällig in den Mundwinkeln. »Schneller als Sie ahnen, werden Sie
in mir nichts anderes als Ihre Schwester sehen.«
    »Niemals«, widersprach ich
entschieden. »Jedenfalls nicht solange Sie keinen Büstenhalter zu tragen
brauchen.«
    »Auf Wiedersehen, Danny«, sagte
sie ungerührt. »Nur noch eine Frage, ehe Sie gehen. Wer, glauben Sie, hat
Vernon umgebracht?«
    »Im Augenblick habe ich nicht
die geringste Ahnung«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Wiedersehen, Charity. In
der Kommode liegt irgendwo ein blauseidener Pyjama, falls Ihre Stimmung immer
noch indigo sein sollte.« Ich warf ihr noch einen begehrlichen Blick zu, ehe
ich die Tür schloß.
    Ich hatte das Haus schon halb
verlassen, als mir erst wirklich die Bedeutung ihrer Frage aufging. Richtig,
wer hatte denn Vernon Clyde umgebracht? Und dann sah ich nacheinander zwei
lebendige, deutliche Bilder vor Augen. Das erste war Clydes Schlafzimmer, wie
es aussah, als ich hereinkam. Überall Blut, und sein Körper quer über das
Kopfende des Bettes ausgestreckt. Das zweite Bild war mein Büro, wie es
ausgesehen hatte, nachdem Herbie mich mit seinem Messingschlagring außer
Gefecht gesetzt hatte. Ich erinnerte mich an die Empfindungen, als ich mich an
die Kante der Schreibtischplatte klammerte und mühsam auf die Füße zog.
    Dann folgten in schneller
Reihenfolge Nahaufnahmen meiner neuen Büromöbel, Stück für Stück. Wieder sah
ich den großen Tintenfleck mitten auf dem Teppich, die tiefen Messerschnitte im
weißen Leder der Sessel, die regelmäßigen, vier Zoll weiten Abstände zwischen
jedem Schnitt. Mir tauchte kurz der Anblick der zerschundenen
Schreibtischplatte vor Augen auf, ehe die Bilder verblaßten.
    Ich setzte meinen Weg zu meinem
Wagen fort. Ich ging nicht mehr ganz so schnell. In diesem Augenblick war das
Gefühl der Smith & Wesson , die kühl gegen meine
Hüfte drückte, beruhigend und tröstlich.
     
     
     

8
     
    Halb fünf Uhr morgens schien
eine teuflische Zeit zu sein, eine Bekanntschaft zu erneuern, die nur auf einem
halben Dutzend Worte beruhte. Aber, was sein muß, muß sein, wie jener Bursche
auf der einsamen Insel sagte, als er erkannte, daß der einzige andere
Überlebende bei dem Schiffbruch seine Schwiegermutter war.
    Ich drückte auf die Klingel an
der Tür zur Dachgartenwohnung und wartete, wie ich kurze Zeit vorher schon vor
Clydes Apartment gewartet hatte. Ich drückte die Daumen, daß mir hier nicht
eine weitere Leiche bevorstehen möge. Eine je Nacht sollte auch genügen, um
einen bösen Geist bei guter Laune zu halten.
    Als ich mit dem Daumen zum zweitenmal auf den Klingelknopf drücken wollte, öffnete
sich die Tür einen Spalt, gerade weit genug, um zu erkennen, daß die
Sicherheitskette noch vorgelegt war.
    »Wer ist da?« fragte eine
weibliche Stimme.
    »Danny Boyd«, antwortete ich.
»Wir haben uns für ein paar Minuten auf einer Ihrer Proben vor ein paar Tagen
gesehen, Miss Lee.«
    »Ich erinnere mich«, sagte sie,
ohne daß ihr Ton eine sonderliche Gemütserregung verriet. »Was wollen Sie

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