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Hexe auf leisen Sohlen

Hexe auf leisen Sohlen

Titel: Hexe auf leisen Sohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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dann?«
    »Dann... nichts.« Sie
schauderte heftig zusammen. »Was danach kam, war das reine Alpdrücken. Ich
wußte, daß ich die Polizei anrufen sollte, aber das Telefon stand bei ihm im
Schlafzimmer, und das hätte bedeutet, daß ich es alles noch einmal sehen mußte.
Und dann war ich auch überzeugt, daß die Polizei bestimmt glauben würde, ich
wäre es gewesen, wenn ich bei ihr anrief. Danach muß ich dann hysterisch
geworden sein. Ich kann mich nicht mehr deutlich daran erinnern, aber
wahrscheinlich war ich es, als Sie hier ankamen.«
    »Kam jemand in die Wohnung,
während Vernon im Schlafzimmer war?«
    »Niemand«, erklärte sie
nachdrücklich.
    »Wer hat ihn dann umgebracht?
Ein dreiköpfiges Monstrum aus dem Weltenraum?«
    »Jemand konnte über die
Feuertreppe in das Schlafzimmer gelangen«, antwortete sie. »Die Feuertreppe
führt unter dem Schlafzimmerfenster vorbei.«
    Ich erinnerte mich, daß das
Fenster in dem Zimmer offengestanden hatte. Es klang glaubwürdig. Er mochte mit
dem Rücken zum Fenster gestanden und der Mörder von der Feuertreppe nach ihm
gestochen haben. Darauf konnte Clyde auf das Bett zugetaumelt sein, wobei er
die Blutspuren hinterließ, während der Mörder ihm dicht auf den Fersen folgte
und dabei immer wieder mit dem Messer zustieß.
    »Kann ich noch etwas Kognak
haben?« fragte Charity.
    »Gewiß«, antwortete ich, holte
ihr Glas und füllte es.
    »Danke.« Sie trank mit
gleichmäßigen Schlückchen, hob dann ihren Kopf einen Bruchteil und sah mich
über den Rand ihres Glases an. »Das Zeug macht einen wieder lebendig, finden
Sie nicht?« meinte sie. »Ich fühle mich fast wieder auf der Höhe.«
    »Das ist immer der richtige Augenblick,
nicht mehr weiterzutrinken«, sagte ich. »Je weniger benommen man sich fühlt, um
so stärker spürt man die volle Wirkung hinterher.«
    »Das ist mir im Augenblick
gleichgültig«, erklärte sie einfach.
    »Den Mörder auf der Feuertreppe
will ich Ihnen abnehmen«, begann ich wieder. »Wir haben also keine Ahnung, wer
es gewesen sein könnte. Wie lange waren Sie schon hier, ehe es geschah?«
    »Etwa sechs Wochen«, antwortete
sie ausdruckslos.
    »Ich hätte Ihnen keinen Kognak
mehr geben sollen«, meinte ich verdrossen. »Zuerst waren Sie übergeschnappt,
und jetzt sind Sie besoffen.«
    »Das ist mein Ernst«,
entgegnete sie kalt. »Sie haben mich gefragt, wie lange ich hier war, ehe es
passierte, und sechs Wochen sind die Wahrheit.«
    Jetzt war ich an der Reihe, sie
anzustarren. »In was haben Sie sich zuerst verliebt?« fragte ich. »In seine
Glatze oder in die Rolle, die er Ihnen in dem Stück gab?«
    »Als Schauspielerin muß man
Erfahrungen im wirklichen Leben sammeln, ehe man auf der Bühne überzeugen
kann«, belehrte mich Charity ernsthaft. »Wie soll man das können, wenn man
nichts erlebt hat? Ich bin eine Frau. Ich muß die gleichen Erfahrungen machen
wie alle anderen Frauen.«
    »Wie alt sind Sie, Charity?«
fragte ich sie müde.
    »Neunzehn«, erwiderte sie
herausfordernd.
    »Dann haben Sie keine Ursache,
sich zu beklagen. Sie sammeln Ihre Erfahrungen wirklich frühzeitig. Wer weiß
denn davon, daß Sie in den letzten sechs Wochen mit Vernon Clyde zusammen
gelebt haben?«
    »Meiner Meinung nach niemand.
Wir waren immer sehr vorsichtig. Ich habe es keinem Menschen erzählt, und ich
bin überzeugt, er tat es auch nicht.«
    »Seien Sie dessen nicht zu
sicher«, warnte ich sie.
    »Das zu sagen, ist
niederträchtig.«
    »Kann sein«, gab ich zu, »aber
packen Sie jetzt Ihr Zeug zusammen.«
    »Wo soll ich denn hin?«
    Ich schloß einen Augenblick die
Augen, öffnete sie dann wieder. »Haben Sie irgendwelche Verwandte?«
    »In Omaha.« Sie versuchte zu
lächeln. »Ich glaube nicht, daß sie sehr begeistert sein würden, mich
wiederzusehen. Ich bin das abschreckende Beispiel in der Familie für das, was
aus einem Mädchen wird, das nicht guttut. Alle sind sie überzeugt, daß aus mir
eine Groschenhure irgendwo in der Bowery geworden
ist. Die wissen nicht einmal, daß die Bowery gar
nicht mehr existiert. Natürlich haben sie darüber gelesen, aber sie haben es
nicht mit eigenen Augen gesehen. Doch bei mir brauchen sie gar nicht einmal
davon zu lesen oder es gar selbst zu sehen. Von mir wissen sie es einfach.«
    »Wir werden schon etwas
finden«, sagte ich gleichgültig. »Aber fangen Sie endlich an.«
    »Ich habe nur meine Kleider
hier«, sagte sie, »sie gehen alle in einen Koffer.«
    »Na glänzend.«
    Sie brauchte etwa zehn Minuten.
Dann

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