Hexen Kuss. Liebes-Zauber: Leidenschaft des Blutes (German Edition)
lächelte verschmitzt, als wüsste er alles. „Die Kleine hat dich wohl verhext und deinen Kopf verdreht. Kam mir gleich merkwürdig vor, wie ihr euch angesehen habt. Sieh dich besser vor!“
Die Ziege im Nebenraum meckerte wie zur Bestätigung und steckte ihren schwarzen Kopf in den Raum.
Ich lachte dümmlich – natürlich tat ich nur so. Man musste seine Reaktionen an das Niveau dieser Leute anpassen.
„Verhext, ha, ha! Die ist doch noch ein Kind“, scherzte ich. „Ihr Sibirier glaubt an jedes Märchen! Bald schleichen noch die Werwölfe herum!“ Mein wissenschaftlich geschulter Verstand machte sich lustig, gleichzeitig wollte ich so von dem heißen Thema ablenken. Wer sprach schon gern über die Liebe zu einer höchstwahrscheinlich fiktiven Person? Sicher würde selbst mein Urgroßvater Witze reißen, wenn ich ihm offenbarte, dass mein Herz nur der Allervollkommensten gehörte.
Doch er nahm das ernst.
„Wir reden darüber, wenn ich zurückkomme!“, versprach er und machte sich bereit zum Aufbruch.
Das war mir peinlich. Er gab einer Zwölfjährigen die Schuld an meiner Gefühlsmisere. Wie sollte ich ihm erklären, dass nicht dieses Kind mich verzaubert hatte, sondern die Allervollkommenste? Mein Herz pochte im Schmerz der unsterblichen Liebe. Die Sehnsucht nach der Allerwertesten überwand Zeit und Raum.
Zum Glück konnte ich mir noch alles zurechtlegen, da meinem Gastgeber im Moment anderes Wichtiger war. Er verschwand durch die Felle. Das Türbrett knarrte und schlug laut wieder an den Rahmen. Abgesehen von einer Ziege und gackernden Hühnern war ich hier allein.
Der Überfall
Die Abwesenheit des Hausherrn beschloss ich gut zu nutzen. Bisher hatte er mich nie längere Zeit allein gelassen, schon gar nicht untätig. Selbst während seines Toilettengangs hatte er mich irgendwie beschäftigt. Notfalls musste ich mit der Ziege reden oder in Hühnerfüßen Buchstaben entdecken. Ob Sinn oder Unsinn, ihm fiel immer was ein. Dahinter steckte ein System. Der Schamane wollte etwas vor mir verbergen.
Misstrauisch schaute die Ziege durch die Bretter. Das Alleinsein mit mir war ihr nicht geheuer. Schließlich kaute sie nachdenklich etwas Heu. – Aber womöglich deutete ich dies falsch und sie war meine Aufpasserin, die dem Gastgeber jeden Fehltritt erzählen würde. Nach wie vor behielt sie mich im Auge.
Letztlich siegte meine Neugier über die Sorge vor einer meckernden Ziege. Mein Interesse galt vor allem der geheimnisvollen Medizin. Angeblich heilte sie Sterbende und sogar den Zarensohn von tödlichen Erkrankungen. Alle wollten sie besitzen. Hing auch die Dauerjugend meines Urgroßvaters damit zusammen?
Zuerst wollte ich jedoch endlich den Zettel des Mädchens lesen.
Du hast mir mein Herz gestohlen!, stand in krakeliger Schrift darauf.
Der Ärmsten ging es genauso wie mir. Auch ich hatte mich in jemanden verliebt, der unerreichbar war. Tiefes Mitleid zu meiner neuen Leidensgefährtin entwickelte sich. Gerade der Schmerz der Unerreichbarkeit verband uns. In unserem Schmerz waren wir Zwillinge.
Aber musste ich sie irgendwie trösten, denn was wusste so ein junges Ding von richtigen Gefühlen? Sie verwechselte Verliebtheit mit Liebe. Ein wenig schmeichelten die kindlichen Worte mir trotzdem. Wenn sogar sie Zuneigung für mich entwickeln konnte, dann war das sicher auch für die Allervollkommenste möglich. Ihr hatte ich mein Herz bereits geschenkt.
Ich verstaute den Zettel in meinem Hemd und schob die Truhe vor Uropas „heiligster Kammer“ beiseite. Die Dunkelheit des feuerlosen Raumes drückte mir furchterregend entgegen. Aber wenn ein Sibirier hier unzählige Male lebend herauskam, würde ich dieses Kunststück auch schaffen.
Die Angst überwindend, kroch ich hinein.
Irgendwo hier musste die Wundermedizin versteckt sein, bestimmt unter einer Burg aus gefährlichen Utensilien. Ich sah mich schon Ratten, Spinnen und Totenköpfe beiseiteschieben.
Mein Mut hielt bloß drei Schritte lang. In mir machte sich Beklommenheit breit und bei jedem noch so kleinen Laut erschauerte ich. Die Haare auf den Armen standen aufrecht. Zwar sah ich es nicht, aber ich fühlte es zur Genüge. Verstärkt wurde der Schreck durch das züngelnde Licht des Feuers, welches durch den kleinen Eingang hereindrang. Das erzeugte gruselige Schatten , die ein Eigenleben entwickelten. Nur langsam gewöhnten sich meine Augen an die Finsternis.
Der niedrige Raum war von oben bis unten mit unheimlichen Dingen
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