Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Hexen: Vier historische Romane (German Edition)

Titel: Hexen: Vier historische Romane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
Vom Netzwerk:
teils unwirklicher, jedoch symbolhafter Vegetation, und im Hintergrund sah man immer wieder urzeitliche Gletscher-, Berg- und Flusslandschaften, in denen allerdings vereinzelt Bäume der Jetztzeit wuchsen. Zeit und Ort waren in diesen Werken aufgehoben, und dennoch waren sie wirklichkeitsnah, sie überzeugten durch ihren mystischen Wahrheitsgehalt. Das war überirdische Schönheit.
Wie lange Lukas vor diesen Gemälden verweilt hatte, hätte er nicht sagen können, das Rucken eines Hockers holte ihn zurück. Darauf strich er sich mit der Hand über die Stirn, gewahrte wieder, wo er sich befand, und unwillkürlich trugen ihn seine Beine rasch aus dem Atelier hinaus.
Noch immer nicht recht bei sich, band er im Hof Oskar los, saß auf und ritt davon. Doch wenige Minuten später wurde er von hinten angerufen: „Lukas, warte, Lukas!“
Im nächsten Moment tauchte zu Pferd Carlo neben ihm auf und teilte ihm außer Atem mit: „Du sollst morgen wiederkommen.“
„Weshalb - wer wünscht das?“
„Mein Maestro lässt dich darum bitten. Er hat mehrere Minuten nach uns das Atelier betreten und dich dann fortwährend mit seinem tiefgründigen Blick betrachtet. Nachdem du dann plötzlich hinaus gehetzt bist, hat er mich dir nachgeschickt, um dich für morgen einzuladen. Wirst du kommen?“
„Weiß nicht. Doch, ich denke schon.“
„Du musst kommen“, drängte Carlo, doch da Lukas außerstande war, verbindlich zuzusagen, bedankte er sich nur für die Botschaft und setzte seinen Ritt fort.

    I n der Suite musste Lukas zunächst seine so unerwarteten Erlebnisse verarbeiten.
Erst beim Mittagsmahl im Speisesaal konnte Lukas sein Herz entladen, indem er Alphonse von seinem Atelierbesuch berichtete. Alphonse hörte interessiert zu, stellte nur wenige Fragen und äußerte zu guter Letzt: „Nach diesem Signor werde ich mich erkundigen. Zum Glück kenne ich hier einige Kunstexperten, und wenn er tatsächlich ein anerkannter Künstler ist, könnte er dir womöglich für Florenz behilflich sein.“
    M it viel versprechendem Ausdruck kehrte Alphonse am Abend von seinem Erkundungsweg zurück, machte es sich dann mit Lukas in ihren Polstersesseln bequem und berichtete ihm bei reichlich Wein, was er in Erfahrung gebracht hatte.
Jener Maestro war tatsächlich eine Kapazität, er genoss sowohl als Baumeister wie auch als Artista einen beachtlichen Ruf. Außerdem stand er mit Ludovico Sforza, dem Herzog der Lombardei, auf vertrautem Fuß und leitete neben seiner Kunstwerkstatt die hinter der Stadtmauer gelegene herzogliche Gießerei. Und er hatte mehrere Jahre bei einem Florentiner Maestro studiert. Das war mehr, als sich Alphonse und Lukas wünschen konnten. „Allerdings hat die Angelegenheit einen kleinen Haken“, räumte Alphonse ein. „Ich bin bei meinen Recherchen auf einen, wie soll ich sagen, auf einen Schönheitsfehler gestoßen.“
„Nenne ihn mir.“
„Non“, wich Alphonse aus, „das hat Zeit.“ Als er dann weiter sprach geriet wieder jener Glanz in seine hellbraunen Augen, der allen Bellevilles bei freudiger Erregung zu Eigen war: „Jedenfalls werde ich dich morgen Früh zu der Bottega begleiten, vielleicht haben wir ja Glück und treffen den Maestro dort an.“
Im nächsten Moment begann Alphonse bereits systematisch zu planen, wie sie den Besuch am geschicktesten in die Wege leiten sollten, wobei er, wie immer in solchen Situationen, zunehmend nervöser wurde. Seine linken Finger begannen zu zucken, bald wird er ständig die Hand auf- und zuklappen, wusste Lukas, und in sein Italienisch, dessen sich beide auf seine eigene Anordnung strikte befleißigten, schlichen sich immer mehr französische Worte ein.
„Ein ganz entscheidender Tag morgen. Da muss alles stimmen, Lukas. Das beginnt mit der Kleidung.“
Längst klappte seine linke Hand auf und zu, womit er jetzt auch Lukas nervös machte. Nachdem die Kleiderfrage entschieden war, unterwies er Lukas bis ins Kleinste, wie er sich zu verhalten habe und wie er ihn, Alphonse, gegebenenfalls dann in das Atelier bitten soll.
Über all diese Überlegungen war es später Abend geworden, und als Lukas endlich ins Bett entlassen worden war, hallte es in ihm nach: Mich zurückhaltend geben, niemals meine Familie erwähnen. Kunstwerkstatt heißt hier Bottega, Künstler Artista, und Kunststudent heißt Garzone. Weiter: Statt ‚in Ordnung’ ‚va bene’ sagen und statt ‚mei’ besser ‚Mamma mia’ . .

    D en Weg zu der Botega legten sie zu Fuß zurück, wobei Alphonse Lukas mit

Weitere Kostenlose Bücher