Hexenblut
begabte Familien dazu verleiteten, sich für die eine oder andere Seite zu entscheiden. Und wir sind diejenigen, die bezahlen in ihrem persönlichen kleinen Krieg.«
»Das Haus Deveraux hat den Gott gewählt und Cahors die Göttin«, sagte Holly.
»Nein! Beide haben sich auf die Seite des Gehörnten gestellt, aber gemeinsam waren sie zu mächtig. Das Gleichgewicht kippte, die Blinden Richter griffen ein. Als Cahors und Deveraux einander zu bekämpfen begannen, wechselte das Haus Cahors die Seiten.«
»Woher weißt du das?«, fragte Holly scharf. »Wer bist du?«
Kari drehte sich langsam um und deutete auf die Armeen der Geister. »Sie erzählen es mir. Sie können alles bezeugen.«
Da entdeckte Holly eine flammende Macht, die sich hoch über den Willen der Richter erhob: Das Gleichgewicht war alles, das Gleichgewicht musste gewahrt werden, und der Gott und die Göttin handelten nicht so, wie sie sollten, töteten nicht diejenigen, die sie töten sollten.
»Es liegt bei dir«, sagte die Stimme - die Stimme des Einen Höchsten Wesens, dem Holly in Wahrheit diente.
Demütig neigte Holly den Kopf. Dann hob sie die Arme und verkündete ihr letztes Urteil. »Gott und Göttin, ich binde euch und verbanne euch von diesem Schlachtfeld. Ihr dürft niemals zurückkehren. Geht.«
Jer hob den Kopf und sah gerade noch, wie der Gehörnte Gott und die Göttin verschwanden. Dann starrte er Holly an, die in ihren weißen Gewändern mit flatterndem Haar und leuchtenden Augen einen prachtvollen Anblick bot. Vielleicht waren sie nun alle gerettet.
Aber sie ließ die Arme sinken und wandte sich ab. In diesem Augenblick durchbrachen Laurents Ritter seine Barriere. »Holly, hilf uns!«, schrie Jer.
Sie hatte ihn wohl nicht gehört, denn sie ging weiter, weg von ihm.
»Holly, bitte! Verlass mich nicht.«
Sie blieb stehen und drehte sich langsam um. »Warum bittest du mich einzugreifen?«, fragte sie mit hohler Stimme.
»Weil nur eines wichtiger ist als das Gleichgewicht«, antwortete er.
»Und das wäre?«
»Liebe. Holly Cathers, ich liebe dich, und ich werde dich durch diese Welt und die nächste verfolgen.«
Da lächelte sie. »Das wird nicht nötig sein«, flüsterte sie.
Sie riss erneut die Arme hoch, und die Geisterkrieger, die ihn umringt hatten, zerfielen zu Staub. Richard stürzte vor und nahm ihm Owen ab.
Isabeau und Jean gingen. Sie wusste nicht, wohin - sie wusste nur, dass sie weitergingen. Sie hörte schrille Schreie und blickte hinab auf die Leichen derer, die sie besessen hatten.
»Wir verdanken ihnen unsere Freiheit«, sagte sie zu Jean.
»Ich habe noch etwas zu erledigen. Wirst du auf mich warten?«, fragte er sie.
Sie nickte und schwebte zu den Leichen.
»Merci, et adieu, mes braves. Für das, was ihr uns geschenkt habt, will ich euch etwas zurückgeben.« Mit geisterhaften Fingern berührte sie erst Nicole, dann Eli. Beide erwachten und schnappten nach Luft.
Isabeau wandte sich ab und suchte nach ihrem Gemahl.
Jean schritt über das Schlachtfeld, so prächtig und kraftvoll wie an jenem Tag, da er Isabeau zur Frau genommen hatte. Alle, die ihn sahen, wichen voller Angst zurück. Er würdigte sie keines zweiten Blickes. Er suchte nur eine.
Und dann war er bei ihr, bei Catherine aus dem Hause Cahors. Ihre Geistergestalt war beinahe ebenso imposant, wie sie im Leben gewesen war. Sie wandte sich um, und als sie ihn erblickte, flackerte Angst in ihren Augen auf. Er zauberte ein Fläschchen mit einem feinen Pulver herbei, eine besondere Mixtur, an der er jahrhundertelang gearbeitet hatte. Oft hatte er daran gedacht, sie für sich selbst zu benutzen, doch dies war ein viel besserer Verwendungszweck.
»Zur Hölle mit dir«, fauchte er und schüttete ihr das Pulver ins Gesicht.
Sie kreischte vor Qual, und einen Moment später war sie weg.
Verschwunden.
Auf ewig. Verflucht sollte sie sein.
Er machte kehrt, um nach Isabeau zu suchen, doch sein Vater, Duc Laurent, wundersamerweise lebendig und aus Fleisch und Blut, hielt ihn zurück. In diesen kleinen Trick hatte der alte Herr seine Kinder nie eingeweiht.
»Jean«, begann Laurent. »Entmannt von dieser...«
Ehe er den Satz beenden konnte, trat Jer Deveraux, sein ferner Nachfahre, hinter den mächtigen Herzog und schlitzte ihm mit einem Athame die Kehle auf. Blut sprudelte hervor. Der Herzog versuchte verzweifelt, die Wunde mit den Händen zu verschließen, doch er kippte vornüber und schlug tot auf dem Boden auf. Blut bildete eine Pfütze um seinen
Weitere Kostenlose Bücher