Hexenblut
beeindruckt war. Der Mörder zeigt mit einem großen Pfeil auf sein Zuhause, obwohl er genau das Gegenteil erreichen wollte.
Doch dann kam mir etwas in den Sinn, und ich dachte über die Gegebenheiten in Lancashire nach, einer Grafschaft an der Westküste mit den heruntergewirtschafteten Urlaubsorten Blackpool und Morecambe, in deren Landesinnerem die Städte Person und Lancaster lagen. Östlich davon erstreckte sich weites Land, mit den Hügeln des Ribble Valley und der rauen Wildheit der Moore weiter südlich. Durch diese Landschaft zog sich der Baumwollgürtel mit seinem Band an Baumwollstädten, die sich am Kanal zwischen Liverpool und Leeds drängten, bis er sich in den Pennine Hills und Yorkshire verlor.
»Aber wenn Sie die Toten, die zu dem Hexenzirkel gehören, in die Gleichung einbeziehen«, überlegte ich laut, »würde sich damit nicht der Mittelpunkt dieses Kreises verschieben? Susannah Martin wurde in einem Waldstück ganz in der Nähe von Skipton gefunden, was viel weiter östlich liegt.«
»Womit der Mittelpunkt in die Nähe vom Pendle Hill rückt?«, fragte Joe und redete weiter, bevor ich antworten konnte: »Sie versuchen, die Fakten an die Schlussfolgerung anzupassen. Das ist genau der falsche Weg.«
»Aber die Opfer entsprechen seinem Muster«, hielt ich dagegen. »Hübsche, junge Frauen, was auf den Großteil der Mitglieder des Zirkels nicht zutrifft.«
»Die meisten Opfer solcher Morde sind generell hübsche junge Frauen«, sagte Joe, hob jedoch sogleich die Hand. »Okay, ich folge jetzt mal Ihrem Szenario. Zuerst hatte er es nicht auf diese Mitglieder abgesehen. Er konzentrierte sich auf junge Frauen, vorwiegend blonde. Wenn er danach auf die Mitglieder des Zirkels umgeschwenkt ist, dann folgt er weiter seinem bisherigen Muster, allerdings beschneidet er damit seine Auswahl. Aber der Rest passt nicht. Und warum sollte er sich auf einmal für die Mitglieder eines Hexenzirkels interessieren? Kein anderes Opfer ist so gestorben wie Rebecca.«
»Wir haben zwei Vermisste, wir wissen nicht, wie sie gestorben sind«, wandte ich ein.
»Wir wissen nicht mal, ob sie überhaupt tot sind«, konterte Joe.
Ich atmete schnaubend aus. »Das ist verdammt komplex.«
»Nein, das ist es nicht«, widersprach Joe. »Das bilden Sie sich nur ein. Vielleicht haben Sie sich ja in einer Verschwörungstheorie verstrickt, bei der wie so oft aus Möglichkeiten Wahrscheinlichkeiten gemacht werden. Aber ich glaube nach wie vor nicht, dass es einen Zusammenhang zwischen Sarah und Rebecca Nurse oder den anderen Mordopfern gibt. Und wenn es nichts mit Rebecca zu tun hat, dann bleiben nicht mehr viele Übereinstimmungen.«
»Ich hoffe, Sie haben recht«, sagte ich. »Denn heute ist Halloween, Samhain oder wie auch immer Sie es nennen wollen, und wenn es doch eine Verbindung gibt, dann wird Sarah heute Nacht sterben.«
»Das weiß ich«, erwiderte Joe grimmig. »Aber wir haben keinen handfesten Hinweis und schon gar keine Spur. Ich werde einen allgemeinen Alarm ausgeben, damit unsere Leute heute Abend Ausschau nach ungewöhnlichen Aktivitäten halten. Doch das wird nicht so einfach sein, schließlich wimmelt es in der ganzen Grafschaft von Masken und Kürbislaternen.«
In dem Moment fiel mir etwas ein. »Ich bin verfolgt worden.«
Laura sah mich entsetzt an. »Wie meinst du das?«
»So, wie ich es sage. Jemand in einem ramponierten Kombi, einem weißen Opel Astra. Nachdem er mir das erste Mal aufgefallen war, habe ich ihn immer wieder irgendwo gesehen.«
»Wieso glaubst du, dass das etwas mit dem Fall zu tun haben könnte?«, hakte sie besorgt nach.
»Weil ich ein paarmal zu Sarahs Haus gefahren bin und ich in der Gegend um den Pendle Hill Fragen gestellt habe. In Newchurch habe ich den Wagen zum ersten Mal gesehen.«
Joe nickte und notierte etwas auf einem Zettel, den er in die Hosentasche steckte. »Okay, wir werden dem nachgehen. Wenn wir etwas finden, werden Sie es als Erster erfahren.« Dann lächelte er mich an und deutete auf Laura. »Der Nachmittag ist fast um. Fahren Sie mit Laura zum Pendle Hill hinauf. Das machen hier an Halloween die meisten Leute. Wenn Sie mit Ihrer Vermutung richtigliegen, ist hier nämlich gleich die Hölle los.«
Ich erinnerte mich an die Tradition aus meiner Kindheit, an den Fackelzug den Hügel hinauf. Unzählige begeisterte Kinder mit Masken und Kostümen, der Hang mit Lichtern übersät, die wie Glühwürmchen wirkten, die in Reih und Glied flogen.
In dem Moment vibrierte das
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