Hexenblut
Telefon in meiner Hosentasche. Ich sah auf das Display. Eine SMS von Katie. › Ruf mich bitte an. Dringend. ‹
69
A ls ich vor Sarahs Haus anhielt, kam Katie bereits in Tränen aufgelöst nach draußen gestürmt. Kaum war ich ausgestiegen, klammerte sie sich an mich.
»Jack, ich habe solche Angst!«
Ich löste mich behutsam aus ihren Armen. »Was ist denn los?«
Sie griff in die Tasche und zog einen Umschlag hervor.
»Noch ein Brief?«, fragte ich überrascht.
Sie nickte nur und wischte sich die Augen.
»Wurde er wieder eingeworfen, als du nicht zu Hause warst?«
Katie bejahte schniefend und drückte ihn mir in die Hand.
Ich sah mir den Umschlag an und atmete tief durch. Die Dinge spitzten sich zu und schienen auf den Facebook-Eintrag und auf Olwens Prophezeiung hinauszulaufen. Unwillkürlich dachte ich an die Reihenfolge der Briefe: erst die Anklage, dann der Beweis und schließlich der Schuldspruch. Jetzt konnte nur noch eines kommen: das Urteil.
»Hast du ihn gelesen?«
Stumm schüttelte Katie daraufhin den Kopf.
Ich betrachtete den Umschlag, dann die junge Frau, die sich umsah, als fürchte sie, jemand könnte sie beobachten. Ich atmete tief durch und öffnete den Brief. So nervös ich auch war, musste ich doch wissen, was diesmal darin stand.
»Okay«, sagte ich. »Es geht los.« Die Lasche war nur eingesteckt, im Umschlag fand sich auch diesmal wieder ein liniertes Blatt.
Ich sah Katie an, die die Augen zukniff.
Widerstrebend zog ich das Blatt heraus und faltete es auseinander. Ja, das war Sarahs Schrift, die diesmal allerdings fahriger wirkte. Ich las die wenigen Zeilen durch und merkte, wie ich einen trockenen Mund bekam.
»Was steht drin?«, fragte Katie.
Ich betrachtete die Worte noch einmal, dann las ich laut vor: » Von hier werde ich an den Ort gehen, von dem ich kam. Von dort werde ich zur Hinrichtungsstätte getragen werden, wo mein Leib gehängt werden wird, bis ich gestorben bin. Sarah. «
Katie legte ihre Hände vors Gesicht und begann zu schluchzen. »Das war’s«, jammerte sie. »Das ist das Ende.«
Während ich die Worte noch einmal las, wurde mir bewusst, dass tatsächlich keine andere Schlussfolgerung möglich war.
70
S arah saß wieder im Kreis. Sie spürte, dass es Abend war, und sie war sich sicher, welcher Tag heute war: Samhain. Ihr liebster Tag im ganzen Jahr. Der Tag, an dem sie mit ihren Freunden tanzte, an dem es Musik, Kuchen und Ale gab. Ihr Kopf war tief gebeugt, als sie an ihre Freunde zu denken versuchte, damit sie die Kraft zum Meditieren fand und sie sich im Geist mit ihnen zusammenschließen konnte. Aber es fiel ihr schwer, da sie sich vollkommen kraftlos und verzweifelt fühlte.
Als die Tür aufging, hob sie den Kopf. Der Mann kam nicht, um ihr Essen zu bringen, das ahnte sie bereits. Auch wenn sie seine Augen nicht sehen konnte, da sie wie immer hinter dem Stoff der Kapuze verborgen waren, machte er einen lebhafteren Eindruck als sonst. In einer Hand hielt er ein Seil, dessen Ende über der Erde schwang, in der anderen eine blaue Plastikfolie.
Sarah rührte sich nicht, außer dass sie den Kopf wieder sinken ließ und auf die Knochen schaute, die nach wie vor am Boden lagen. Würden ihre Eltern jemals erfahren, was mit ihr geschehen war? Oder würden sie weiter jeden Tag darauf hoffen, dass sie zu ihnen nach Hause käme?
Der Mann packte sie grob an den Armen und zog sie hoch, dann drückte er sie gegen die Wand, wobei er seine Hände um ihren Hals legt. Sarah wehrte sich nicht. Sie wollte kämpfen, ihm wehtun, aber sie konnte sich nicht dazu durchringen. Es war, als hätte sie keinen Funken Kraft mehr in ihrem Leib.
Sie spürte, wie seine Hände über ihre Kleidung streiften. Schließlich zog er sie aus, dann drückte er ihre Arme auf ihren Rücken und wickelte das Seil um die Handgelenke. Als er es festzurrte, um es zu verknoten, zuckte sie kurz zusammen. Er drehte sie um und schob sie wieder gegen die Wand, sodass die rauen Steine über ihre Wange kratzten. Er trat mit seinen schweren Stiefeln gegen ihre Knöchel, bis sie mit gespreizten Beinen vor ihm stand, dann spürte sie seine schwieligen Finger zwischen den Schenkeln. Eine Träne lief ihr über die Wange, und sie begann zu würgen, während sie darauf wartete, dass er sich wieder an ihr verging. Sie rührte sich nicht, sondern wartete einfach nur darauf, dass er es hinter sich brachte und sie in Ruhe ließ. Plötzlich schnappte sie nach Luft, da er irgendetwas in sie einführte. Sie kniff
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