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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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hatte und dass wir uns geirrt haben. Hätten wir intensiver nachgeforscht, wären wir vielleicht noch rechtzeitig auf sie gestoßen.«
    »Und was ist mit Ihnen?«
    »Oh, ich werde noch eine Weile hierbleiben.«
    »Wer wird es Sarahs Eltern sagen?«
    Carson atmete tief durch. »Das werde ich übernehmen. Sie sollen wissen, dass ich mich nicht aus der Verantwortung stehlen werde, ganz egal, was da auf mich zukommt.« Er sah Joe an. »Das gilt für jeden in unserem Team.«
    »Und was ist mit mir, Sir, was kann ich tun?«, wollte Laura wissen.
    Er überlegte einen Moment lang, dann wandte er sich zu Joe um, der ihm zunickte. »Können Sie gegen Mitternacht im Präsidium sein?«, fragte Carson.
    »Ich werde da sein, Sir.«
    »Gut«, sagte Carson. »Dann kehren Sie jetzt zu Ihrer Familie zurück und verbringen Sie etwas Zeit mit ihr.«
    Laura ging los, blieb wieder stehen und warf einen letzten Blick über die Schulter. Sie fragte sich, wie Sarahs letzte Momente wohl gewesen sein mochte, so nahe an der Stadt, so nahe bei den rettenden Häusern, aber von Entsetzen und Schmerzen erfüllt. Und von Einsamkeit, weil sie so weit weg gewesen war von den Menschen, die sie liebte.
    Nach ein paar Sekunden wandte sie sich ab, da sie zu der Erkenntnis gekommen war, dass sie darüber eigentlich gar nicht so intensiv nachdenken wollte.

75
    I ch wachte auf, als ich Lauras Hand auf meinem Haar spürte. Ich war am Tisch eingeschlafen, der Laptop hatte sich ausgeschaltet, da der Akku schon vor Stunden den Geist aufgegeben hatte. Der Tisch war übersät mit Papieren.
    »Wie spät ist es?«, murmelte ich.
    Sie küsste mich auf den Kopf. Ich nahm an ihr den Geruch einer langen Nacht wahr: zu viel schlechter Kaffee und zu viele Schokoriegel, um die Müdigkeit zu bekämpfen. Als ich mich zu ihr umdrehte, bemerkte ich dunkle Ringen unter ihren Augen. Ich schaute auf die Uhr. Kurz nach sechs am Morgen.
    »Geht es dir gut?«, fragte ich.
    »Ja, den Umständen entsprechend«, antwortete sie gedehnt. »Die Nacht war lang, und ich habe manchmal dieses spezielle Gefühl, wenn Leute sterben, weißt du? Ich erlebe einen neuen Tag, der einem anderen verwehrt geblieben ist.«
    Ich nahm ihre Hand und küsste sie. Ich wusste, was sie meinte. Immerhin hatte ich beide Elternteile verloren, und ich konnte mich gut an die Schuldgefühle erinnern, die mich überkamen, wenn ein neuer Tag anbrach und das Leben einfach weiterging.
    »Was macht deine Story?«, fragte sie.
    »Ich komme damit nur mühsam voran«, räumte ich ein und streckte mich. »Vielleicht versuch ich’s später noch mal, sofern mir nicht die Augen zufallen.«
    »Bist du noch zu sehr involviert?«
    Ich lachte leise. »Ja, etwas in der Richtung.«
    »Bobby geht’s gut?«
    »Alles bestens.«
    Laura ging in die Küche, und ich hörte, wie sie den Wasserkocher einschaltete. Ich machte den Fernseher an, zappte mich durch bis zum Nachrichtensender und wartete auf die lokalen Meldungen. Ich musste wissen, ob meine Story im Begriff war, Allgemeingut zu werden.
    Als Laura mir eine Tasse Kaffee reichte und sich dann neben mich setzte, kam ein junger Reporter ins Bild, der sein Handwerk zu einer Tageszeit lernte, zu der so gut wie niemand vor dem Fernseher saß und etwas von ihm mitbekam. Carson gab sich wortkarg und sagte im Polizeijargon etwas davon, dass man in alle Richtungen ermittele. Dann wurde ins Studio zurückgeschaltet, der Sprecher machte einen Moment lang eine angemessene, betretene Miene und wandte sich dann einem Bericht über einen Tanzwettbewerb in Blackpool zu. Ich machte den Fernseher aus.
    »War das alles?«, wunderte sich Laura.
    »Er gibt sich verschlossen«, stellte ich fest und zupfte an meiner Unterlippe. »War er bei eurem mitternächtlichen Treffen auch so?«
    »Du weißt, ich darf dir darüber nichts erzählen, Jack. Wenn, dann muss Carson dich in die Dinge einweihen, die momentan geheim gehalten werden.«
    »Was ist mit unserem Sorgerechtsstreit? Ist das okay, wenn du in seinem Team mitmachst?«
    »Jenny wird ihren Bericht längst geschrieben haben. Wir haben getan, was wir tun konnten.«
    Ich ließ mich nach hinten sinken und rieb mir mit beiden Händen übers Gesicht. Dass ich eine gute Story hatte, wusste ich, aber es frustrierte mich, dass ich Sarah nicht rechtzeitig gefunden hatte. Der Story fehlte dadurch der Schluss.
    Das Telefon klingelte, und wir sahen uns kurz an, ehe Laura nach dem Hörer griff. Während sie sich unterhielt, ging ich zum Fenster und betrachtete das

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