Hexenblut
Leicht zu beeindruckende, junge Frau lernt faszinierenden Psychopathen kennen. Sie spielt sein Spiel mit, um ihn nicht zu verlieren.«
»So war es nicht«, widersprach sie voller Unbehagen.
»Und wie war es dann?«, hakte ich nach. »Die Serienmörderin Myra Hindley hat seinerzeit auch die Kinder, die sie später ermordet hat, in den Wagen bugsiert. Sie haben ihr vertraut, sie war eine Frau. Und du? Hast du das Gleiche getan?«
Katie schüttelte den Kopf.
»Du hast die ganze Zeit nur mit mir gespielt«, warf ich ihr vor. »Warum?«
»Vielleicht hat es mir ja Spaß gemacht«, gab sie spöttisch zurück, doch ich konnte einen unsicheren Unterton heraushören. Mir entging auch nicht, dass sie nicht mich, sondern Dan ansah.
»Aber du bist ein Risiko eingegangen«, fuhr ich fort. »Du bist an die Öffentlichkeit gegangen, indem du diese Briefe an die Polizei weitergeleitet hast.«
»Was für Briefe?«, ging Dan wütend dazwischen.
»Wussten Sie das nicht?«, fragte ich erstaunt.
Katie riss den Mund auf und sah sich entsetzt um.
»Sarah hat Briefe geschrieben«, erklärte ich. »Und Katie hat sie der Polizei übergeben und so getan, als wären sie in den Briefkasten von Sarahs Haus eingeworfen worden.«
Dan blickte sie forschend an und atmete schnaubend.
»War es nur ein Spiel?«, fragte ich. »Und jetzt macht es dir keinen Spaß mehr, Katie?«
»Was stand in diesen Briefen?«, knurrte Dan.
»Sag’s ihm, Katie«, forderte ich sie auf.
Kopfschüttelnd wich sie vor Dan zurück.
»Es ging immer um die Hexen«, antwortete ich für sie. »Und als die Polizei den Zusammenhang nicht erkannt hat, da bist du zu mir gekommen, damit ich darauf stoße. So war es doch, Katie, nicht wahr? Diese Briefe haben mich hierher geführt. Dieser Besuch in der Bibliothek, als du angeblich alle Passagen aus den Briefen in den Büchern über die Hexenprozesse entdeckt hast. Auch nur Theater, so wie die Flirts und die Tränen. Wirklich gut gespielt, Katie.«
»Warum?«, fragte Dan sichtlich verwundert. »Du hast uns verraten!«
»Wir hatten das so abgesprochen«, antwortete sie jämmerlich und brach in Tränen aus. »Es war Toms Idee!«
Dann war aus dem ersten Stock Lärm zu hören.
85
W er hat sich bloß diese Zufahrt ausgedacht?«, beklagte sich Carson auf dem Weg zum Cottage. »Das dauert ja eine Ewigkeit.«
Joe suchte den Hügel und das Haus nach verdächtigen Bewegungen ab. »Vielleicht ist das ja der Sinn der Sache«, überlegte er, dann hob er die Hand. »Halt«, rief er. »Da ist jemand.«
»Wo?« Carson betrachtete das Gebäude.
»Im Dach, an einem der Fenster.«
Rod sah ebenfalls hin, dann brüllte er: »Runter!« Im nächsten Moment schallte das Donnern einer Schrotflinte über das Gelände. Die Männer warfen sich auf den Boden, Rod schrie auf.
»Scheiße!«, fluchte Carson.
»Unten bleiben!«, rief Rod mit schmerzverzerrtem Gesicht.
Es gab nirgendwo Schutz, sie befanden sich auf freiem Feld. Kein Busch und kein Baum, nur eine Mauer, die Mathers Land von dem seines Nachbarn trennte.
Wieder wurde geschossen, und sie duckten sich, doch der Schütze hatte sie verfehlt. Dann herrschte wieder Stille.
Carson sah seine Begleiter an, beiden stand der Schweiß auf der Stirn, sie atmeten angestrengt. Aber Rod war der Einzige, der wie unter Schmerzen das Gesicht verzog.
»Hat er Sie getroffen?«, fragte Carson besorgt.
Inspector Lucas nickte und zeigte auf sein Hosenbein, das zerfetzt und blutig war. Er deutete auf die Mauer und presste hervor: »Wir müssen von hier verschwinden.«
»Wie in der Ausbildung«, warf Joe ein. »Zügig laufen und geduckt bleiben. Kriegen Sie das hin?«, fragte er Rod.
Der nickte wieder angestrengt. »Ich warte nicht, bis er nachgeladen hat«, erwiderte er und humpelte in Richtung Mauer, so schnell er konnte.
Carson musste fast lächeln, als er das sah, dann trat er ebenfalls die Flucht an, um in Deckung zu gehen.
* * *
Tom kam die Treppe runtergerannt und strahlte begeistert.
»Ich hab sie erwischt«, rief er aufgeregt und fuchtelte mit der Schrotflinte. Sein Gesicht war vor Erregung gerötet. »Jetzt wissen sie, dass wir hier sind.«
»Was waren das für Briefe?«, knurrte Dan ihn an.
Abrupt blieb Tom stehen und wurde bleich. »Das war nur ein Spiel«, antwortete er. »Um sie ein bisschen zu beschäftigen.«
Sein Vater atmete tief durch. »Wir werden alle in den Flammen enden«, erklärte er in bedrohlichem Ton, dann wandte er sich zu mir um. »Haben Sie sich
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