Hexenblut
es sein wird.« Als ich ihn überrascht ansah, fuhr er fort: »Haben Sie sich schon mal etwas so intensiv vorgestellt, dass es eigentlich eine Enttäuschung war, als es dann tatsächlich eintrat?«
Ich nickte.
»Und genau das ist der Fall«, redete er weiter. »Die Fantasien, die Träume, wenn ich mir vorstelle, wie ich die Hände um ihren Hals lege und fest zudrücke, wenn in ihren Augen zuerst Lust zu erkennen ist, weil sie es nur für ein Spiel hält. Und wie dann die Angst einsetzt, wenn sie es begreift, wenn sie weiß, dass ihr Ende kommt, dass sie ihr Leben aushauchen wird. Was denkt sie in dem Moment? Was sieht sie?«
Mir entging nicht, dass seine Wangen während seiner Schilderungen rot geworden waren. Sein Atem ging schneller, und er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
»Das heißt, in Ihrer Vorstellung war es besser?«, fragte ich. »In der Realität empfanden die Frauen keine Lust, die sich in Angst verwandeln konnte?«
»Sie können mir tatsächlich folgen«, lobte er mich freudestrahlend. »In meinen Träumen machen sie sich nicht in die Hose, und sie schreien auch nicht nach ihrer Mama.«
»Und warum haben Sie es dann nicht bei einem Mal belassen?«
»Sind Sie schon mal Ihren Fantasien nachgejagt?«, wollte er wissen.
»Nicht, wenn das bedeutet, dass jemand zu Schaden kommt«, antwortete ich und sah ihm fest in die Augen, damit er den Eindruck bekam, ich hätte keine Angst. »Und in Ihren Träumen«, hakte ich weiter nach, »waren es da hübsche, junge Frauen, oder waren es Mitglieder des Hexenzirkels? Mir scheint, dass Sie zwischen beiden hin und her gesprungen sind.«
Dan machte einen Satz auf mich zu, ich drückte den Kopf nach hinten, als die Klinge in meinen Hals stach. Mathers Gesicht war schweißnass, seine Finger hielten krampfhaft das Messer umfasst.
»So einfach ist das nicht«, zischte er mich an.
»Ach, dann sind Sie jetzt auf einmal ein komplexer Mann? Hört sich ziemlich nach einem Klischee an, nicht wahr?«, spottete ich und versuchte, das Messer an meinem Hals zu ignorieren. Meine Hoffnung war, dass ich ihn dazu brachte, die Beherrschung zu verlieren, doch ich wusste, ich ließ mich damit auf ein lebensgefährliches Spiel ein. Ich spürte, wie der kalte Stahl die Haut durchdrang. Ich schluckte und versuchte, mich keinen Millimeter zu bewegen.
Plötzlich rief Katie: »Da draußen ist jemand!«
Mather drehte sich zu ihr um und ließ abgelenkt die Klinge sinken. »Wer ist es?«
Katie ging näher ans Fenster. »Die Polizei!«, kreischte sie. »Es ist Carson! Was sollen wir machen?«
Nach einem kurzen Blick zum Fenster meinte er grinsend: »Tom, kümmer du dich um sie.« Als er Katies entsetzte Miene bemerkte, fügte er an: »Es ist so weit.«
Tom lief zu einem abgeschlossenen Schrank und öffnete ihn, dann holte er eine Schrotflinte und eine Schachtel Patronen heraus.
»Was soll das werden?«, fragte Katie, die das Geschehen mit weit aufgerissenen Augen verfolgte.
»Schießübungen«, erwiderte Tom gut gelaunt.
Katie sah zu mir, und ich merkte ihr an, dass ihr Vergnügen an der Situation in Sorge umgeschlagen war. »Du kannst keine Polizisten umbringen!«, protestierte sie. »Die werden dich erbarmungslos jagen!«
Tom Mather schaute zu seinem Vater, dann zu mir, schließlich begannen die beiden, schallend zu lachen. »Es wird nichts geben, was die noch jagen könnten«, gab Dan zurück. »Das hier ist das Ende. Das hier ist kein Tagtraum, du dummes kleines Ding. Was hast du denn gedacht?«
Als Tom zur Treppe ging, brüllte Katie ihn voller Panik an: »Du hast gesagt, dass es dazu nicht kommen wird!« Er nahm von ihr keine Notiz, woraufhin sie zur Tür blickte, die nach draußen führte.
Dan schüttelte den Kopf. »Mach keine Dummheiten, Katie.«
Ich konnte beobachten, wie ihr der Angstschweiß auf die Oberlippe trat.
»Sie hat recht«, warf ich ein. »Wenn er auf die Polizisten schießt, kommen Sie hier niemals raus.«
Dan ging zum Fenster und sah hinaus. »Da ist die Tür, Garrett«, erwiderte er. »Wenn Sie Angst haben, Sie könnten zwischen die Fronten geraten, dann gehen Sie. Aber vergessen Sie nicht, dass Laura dann auf jeden Fall sterben wird. Und ich garantiere Ihnen, es wird ein qualvoller Tod sein.«
Ich wusste, ich konnte das Cottage nicht verlassen, und schaute Katie an. »Du siehst nicht aus wie jemand, der sich das Leben nehmen möchte«, sagte ich. »Das hier ist nichts Neues, das gab’s schon dutzendfach. Brady und Hindley, Fred und Rose West.
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