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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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einsperren?«
    »Nee. Ich hab mit meinem Dad gesprochen, und er sagt, wenn sie zu seinem Anwalt geht, dann kommt sie gleich wieder frei, weil er der Beste ist. Sie ist viel zu nett, um ins Gefängnis zu kommen.« Mit diesen Worten steckte er sich seine Kopfhörer in die Ohren und ging weg.
    Mir wurde klar, dass mir durch einen puren Zufall von einem Schüler eine zitierfähige Aussage in den Schoß gefallen war, die besser war als alles, was der Direktor hatte verlauten lassen. Manchmal musste man den Dingen nur ihren Lauf lassen, anstatt zu versuchen, irgendetwas zu erzwingen.

22
    S arah saß zusammengerollt in einer Ecke ihrer Zelle, die Knie drückte sie gegen ihre Brust, ihr Blick war starr geradeaus gerichtet. Sie stieß lange, verängstigte Schreie aus, riss an ihren Haaren und schabte mit den Füßen über den Boden.
    Sie hatte geglaubt, Leute zu sehen, von denen sie beobachtet wurde. Lachende Leute, deren Gesichter sich dicht, viel zu dicht vor ihr befanden. Sie hatte die Augen zugekniffen, dann aber etwas gehört. Stöhnen, Schreien. Als sie die Augen öffnete, war da ein Pärchen, das direkt vor ihr Sex hatte. Die grellen Farben ihres Fleischs bewegten sich aufgeregt zuckend über den Boden. Und dann waren die Bilder in ihrem Kopf. Lachende, grinsende Gesichter, Körper, die sich maschinengleich bewegten und Geräusche machten, die unendlich viele Echos warfen. Der Herzschlag beschleunigte sich, und die Farben wurden zu einem blutigen Rot.
    Doch dann endete das Farbspiel, stattdessen bewegte sich die Tür. Laut knarrend ging sie immer wieder auf und zu und machte Sarah Hoffnung auf eine Flucht. Doch sobald diese sie ergriff, sah sie, dass die Scharniere Zähne hatten. Die Tür ging auf, und die gewaltigen Kiefer schnappten nach ihr und erwischten ihre Füße, sodass Sarah immer wieder an die Wand zurückgetrieben wurde.
    Wenn die Tür sich schloss, zogen sich die Zähne zurück, und für eine Sekunde konnte sie nach draußen sehen. Licht war zu erkennen, das an Sonnenschein erinnerte. Hell, rein und warm. Ein sanfter gelblicher Schein, der sie zu sich rief, so wie die Gestalten ihrer Träume, geformt aus Wolken, die sie zu sich zogen. Wieder näherte sie sich der Tür, verließ die Sicherheit der Wand hinter ihr, um sich zu dem Licht zu begeben, aber die Tür schlug mit lautem Nachhall zu, und Sarah stolperte sofort zurück zur Mauer. Sobald die Tür geschlossen war, wurde sie wieder massiv und schwer, und jede Hoffnung, von hier entkommen zu können, schwand.
    Sie sah sich um, da sie glaubte, etwas zu hören. Gesang von Leuten, die sich wie in Trance rhythmisch hin und her wiegten.
    Vorsichtig streckte Sarah die Hand aus, da sie einen von diesen Menschen berühren wollte, um eine Verbindung herzustellen, doch da öffnete sich die Tür wieder und bleckte ihre Zähne, und augenblicklich waren die Leute verschwunden. Sarah war wieder in ihrer Ecke und schrie vor Angst, aber jeder Laut wurde aus ihrem Mund und aus dem Raum gerissen, um weit davongetragen zu werden.
    Und dann die Spinnen. Sie krabbelten vor ihr über den Boden, und das in solchen Massen, dass sie wie ein lebender Teppich wirkten. Sie krochen über ihre Füße, die Berührungen ihrer Beine fühlten sich wie zarte Küsse auf ihrer Haut an. Sie liefen zu den Wänden, krabbelten nach oben und strömten auf die Lampen zu.
    Sarah kniff die Augen zu.
    Es war die Hölle.

23
    L aura fasste das soeben geführte Verhör des Kabeldiebs zusammen. Wie nicht anders zu erwarten, hatten sie keine Antworten auf ihre Fragen bekommen. Jetzt folgte der ganze Papierkram: die Zusammenfassung des Falls, die Vordrucke für die Anklage, ein letzter Blick, ob womöglich weitere Beweise erforderlich waren.
    Plötzlich schob sich ein Schatten über ihren Schreibtisch. Als sie aufsah, entdeckte sie Karl Carson. Er stand so dicht vor ihr, dass ihr erster Blick auf seinen Schritt fiel, als sie den Kopf hob.
    »Warum haben Sie mir nichts von Ihrem Freund und den Briefen erzählt?«
    Laura hatte den Eindruck, dass sein Gesicht vor Wut gerötet war. »Wer sagt, dass ich darüber etwas weiß?«, fragte sie ganz ruhig.
    »Weil er es weiß«, knurrte er. »Also darf ich annehmen, dass Sie beide sich gestern Abend darüber unterhalten haben.«
    »Wenn er etwas weiß, hat er es nicht von mir«, sagte sie. »Und wenn Sie etwas anderes glauben, müssen Sie das schon beweisen.«
    Seine Gesicht rötete sich noch mehr. »Machen Sie es uns nicht unnötig schwer«, warnte er sie leise.

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