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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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mit ihr los war, doch sie wusste auch, sie konnte nichts dagegen unternehmen. Ihre Beine wurden schwer, und sie sank zu Boden, ohne sich bewegen zu können. Schnell kniff sie die Augen zu, aber die Lichter waren immer noch da. Erst rot, dann lila, dann blau. Das Licht wurde grün, dann gelb, dann wieder rot. Der Kreislauf begann von Neuem, diesmal beschleunigte er sich jedoch, bis aus dem rhythmischen Wechsel ein ineinanderfließender Farbenwirbel wurde. Der Lärm dieser Farben kreischte in ihrem Kopf.
    Voller Angst öffnete sie die Augen. Die Decke stürzte auf sie zu, sie hielt sich schützend die Hände vors Gesicht. Als sie allerdings die Arme ausstreckte, war die Decke wieder so weit entfernt wie zuvor. Sarah schrie, doch der dröhnende Herzschlag aus den Lautsprechern war so ohrenbetäubend, dass sie ihre eigene Stimme nicht hören konnte.
    Die Wirklichkeit war schon die Hölle, aber das hier war noch viel schlimmer.

21
    S arahs Schule war eine Gesamtschule aus den Sechzigern auf einem der Hügel oberhalb von Blackley, einer der Problemviertel der Stadt, in dem die Jugendlichen sich Bandenkriege mit den Asiaten von der Schule nebenan lieferten. Die Zeit war mit dem Gebäude nicht gnädig umgegangen, die Farbe blätterte von den metallenen Fensterrahmen in allen drei Stockwerken ab, die Ziegelsteine wirkten dort durchnässt, wo das Regenwasser vom Flachdach in ein Fallrohr geleitet wurde.
    Die Schüler stürmten soeben aus den Klassen, als ich mir den Weg zum Sekretariat bahnen wollte. Die meisten von ihnen trugen ihre Schuluniform, doch die Fliegen waren nur lasch gebunden, die Hemdkragen aufgeknöpft und die Schultaschen lässig über eine Schulter geworfen. Ein paar von ihnen hatten die Jacken über den Kopf gezogen und versuchten, mich im Vorbeigehen einzuschüchtern. Ich nahm von ihnen keine Notiz. Das waren einfach nur Teenager, und ihre momentane Rolle sah nicht vor, zu anderen Leuten nett zu sein.
    Die Sekretärin beobachtete, wie ich mich dem Tresen näherte. Ich lächelte sie an.
    »Hallo, mein Name ist Jack Garrett, ich bin …«
    »Reporter?«, ergänzte sie für mich.
    Ich konnte nur nicken, etwas anderes blieb mir nicht übrig.
    Sie stand auf und stützte sich auf den Tresen. »Nein, wir haben Sarah nicht gesehen. Ja, sie war eine gute Lehrerin. Ja, es hat uns alle überrascht. Ob sie es getan hat? Wissen wir nicht.« Sie zeigte auf die Tür. »Damit wären alle Ihre Fragen beantwortet, Sie können also wieder gehen.«
    Mir entging nicht der gelangweilte Ausdruck in ihren Augen. Sie kannte Sarah, vielleicht konnte sie sie sogar gut leiden, und Leute meines Berufsstands hatten sie in ihrem alltäglichen Leben gestört, nur um eine brauchbare O-Ton-Aussage zu erhaschen. Aber so lief das nun mal in meinem Beruf, und ich war nicht auf Beliebtheit aus.
    »Vielen Dank«, erwiderte ich. »Wenn ich keinen Lehrer sprechen kann, dann warte ich draußen und frage Ihre Schüler.«
    »Das ist auch keine neue Drohung.«
    »Dann werden Sie ja daran gewöhnt sein«, konterte ich knapp und wandte mich zum Gehen. Ich wusste, sie würde mich zurückrufen. Sie war sauer auf uns Reporter, weil ihr keine andere Wahl blieb, als mit uns zu reden.
    »Also gut, Mr Garrett, ich werde sehen, was sich machen lässt«, sagte sie, dann zeigte sie auf einen niedrigen Sessel gleich neben der Tür und fauchte mich an. »Setzen Sie sich da hin und wagen Sie es nicht, sich von der Stelle zu rühren.«
    Ich lächelte sie an und versuchte, sie wieder für mich zu gewinnen, doch ihr wütender Blick verriet mir, dass ich mit meinen Bemühungen auf Granit beißen würde.
    Die Schüler zogen einer Karawane gleich am Sekretariat vorbei, dann kehrte die Frau an den Tresen zurück und deutete in den Korridor hinaus. »Die Tür dort«, sagte sie knapp.
    Als ich der angezeigten Richtung folgte, sah ich an der besagten Tür einen Mann in einem grauen Jackett stehen, der die Hände in die Hüften gestemmt hatte. Ich bedankte mich bei der Sekretärin, doch die hatte sich längst von mir abgewandt. Als ich losging, hörte ich sie rufen: »Hier wird nicht gerannt!« Sofort verlangsamten sich die Schritte der jungen Leute.
    Der Direktor betrachtete mich nicht mit Verärgerung, sondern eher auf eine gelangweilte Art. Zu seinem billigen grauen Jackett trug er ein dünnes weißes Hemd, eine schwarze Hose und abgewetzte Wildlederschuhe. Sein Schnauzbart war so buschig, dass nicht zu erkennen war, ob der Mann lächelte oder nicht.
    »Hallo, ich bin Jack

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