Hexenblut
Altersgenossen an Bushaltestellen herumzuhängen.
»Wie oft treffen sich Abigail und Ihre Mutter?«, wollte er wissen.
Emily überlegte kurz, dann sagte sie: »Einmal in der Woche, aber einmal im Monat gibt es dann noch ein richtig großes Treffen, und dann kommt Mum immer erst sehr spät nach Hause. Ich glaube, sie treffen sich irgendwo in der Nähe von Newchurch. Ich weiß das, weil sie sich mal mit meinem Dad darüber gestritten hat.«
»Wieso regt sich Ihr Dad so darüber auf?«
Emily zuckte mit den Schultern und spielte wieder mit den Griffen ihrer Tasche. »Er wird schnell eifersüchtig, aber Mum würde so was niemals machen.«
»Und was glauben Sie, was bei diesen Treffen tatsächlich abläuft?«, wollte er wissen.
»Keine Ahnung. Ich will nur nicht, dass meiner Mum dasselbe passiert. Irgendjemand hat in unserem Schuppen eine Sprengladung gezündet, und Abigail ist jetzt verletzt worden. Ich habe Angst, dass sie noch mal zu uns kommen könnten.«
»Können Sie herausfinden, wann und wo genau das nächste Treffen stattfindet, und mich dann anrufen?« Er gab ihr seine Visitenkarte mit allen Telefonnummern darauf. Während sie sich die Karte ansah, beugte er sich vor. »Danke, dass Sie hergekommen sind, Emily. Ich werde mich darum kümmern, dass Ihrer Mum nichts zustößt.«
Emily machte eine beruhigte Miene und verließ Rods Büro.
Als er wieder allein war, grübelte er kurz über Emily nach. Teenager lassen sich manchmal zu den absurdesten Dingen hinreißen, nur um Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Diese Gruppe sorgte für familiäre Probleme, und die Frage war, wie Emily das aufnahm. Womöglich war sie nicht ganz so unschuldig, wie sie tat.
24
I ch betrachtete mein Spiegelbild im Rückspiegel, bevor ich den Wagen verließ. Der Gedanke an das Wiedersehen mit Katie machte mich nervös. Bei Laura fühlte ich mich sicher, und ich wusste, ich sollte über solche Dinge gar nicht erst nachgrübeln. Doch die Art, wie Katie mit mir flirtete, ließ mich rätseln, was mich wohl erwartete.
Ich musste ein paar Straßen entfernt parken, da vor Sarahs Haus kein Platz mehr frei war. Viktorianische Reihenhäuser waren nicht für Familien mit zwei Autos geschaffen. Der steile Hügel erinnerte mich daran, dass ich am Morgen keinen Spaziergang gemacht hatte, und als ich schließlich an der Haustür anklopfte, war ich außer Atem. Während ich wartete, schaute ich mich um. Auf der Straße herrschte Ruhe, und es war bereits dunkel. Wenn der britische Sommer endete, dann schien schlagartig der Winter einzusetzen. Trotz der Dunkelheit sah ich ein Stück weiter den Hügel hinauf einen Van stehen, der grün zu sein schien, doch die orangefarbene Straßenbeleuchtung mochte meinen Augen einen Streich spielen.
Als die Tür aufging, drehte ich mich um, und vor mir stand Katie. Ihre Haare waren nass, und sie hatte sich ein Handtuch umgelegt.
»Tut mir leid«, sagte ich verlegen. »Ich bin wohl zu früh dran.«
Sie sah mich herausfordernd an. »Nein. Komm rein.«
Ich trat ein, Katie schloss hinter mir ab. Als ich mich irritiert umdrehte, meinte sie nur: »Die Macht der Gewohnheit.« Dann schob sie sich an mir vorbei und ging die Treppe hinauf. Ich sah ihr nach und nahm ihre bleichen, schlanken, aber muskulösen Beine wahr. Kurz bevor sie die oberste Stufe erreichte, ließ sie das Handtuch los, und meine Wangen liefen rot an, da sie sich kurz zu mir umdrehte, um zu sehen, wie ich ihr nachstarrte. Ehe sie ins Badezimmer verschwand, glaubte ich, den Hauch eines Lächelns auf ihrem Gesicht wahrzunehmen. Als ich hörte, wie der Föhn lautstark zu blasen begann, ging ich durch den Flur in das Zimmer, in dem ich schon am Tag zuvor gesessen hatte.
Ich fühlte mich unruhig, meine Wangen waren gerötet. Ihr Blick und ihr nackter Körper hatten mich erregt, obwohl ich das gar nicht wollte, also dachte ich an Laura, um mich nicht weiter ablenken zu lassen. Ich musste erfahren, was Katie mir über diese Briefe erzählen konnte und was die Polizei zu ihr gesagt hatte.
Als ich die Augen zukniff, sah ich trotzdem wieder Katie vor mir, nackt und verlockend. Das war gegenüber Laura und Bobby nicht fair, und mir selbst gegenüber war es auch nicht fair. Mein Leben lang hatte ich nach einer Frau gesucht, die ich so lieben konnte, wie mein Vater meine Mutter liebte. Die beiden waren ein glückliches, starkes Paar gewesen, bis der Krebs mir meine Mutter genommen hatte.
Ich wusste, was mein Vater in einer solchen Situation getan hätte. Er
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