Hexenblut
fragte ich. »Die Briefe, meine ich.«
»Bei der Polizei.«
»Und was meint die dazu?«
»Keine Ahnung, ich erfahre von der Polizei nichts.«
Ich biss mir auf die Lippe. Wenn es tatsächlich Geständnisse gab, dann verlieh das der Story eine ganz neue Perspektive. »Was stand in diesen Briefen?«, beharrte ich.
Katie lächelte. »Das werde ich dir zeigen, wenn du mit nach oben kommst.« Ich musste verwirrt dreingeschaut haben, denn sie ergänzte: »Ich habe sie in meinen Computer eingescannt. Für alle Fälle.«
Sie stand auf und ging in die Küche. Als sie wieder kam, hielt sie die Flasche Wein in der Hand. »Komm schon und nimm dein Glas mit. Ich werd’s dir zeigen.« Dann hörte ich sie barfuß die Treppe hinaufgehen.
Ich betrachtete mein leeres Glas und fragte mich, wie klug es wohl war, ihr nach oben zu folgen. Aber wenn ich an die Story dachte, wusste ich genau, was ich tun würde.
25
S arah lag mitten auf dem Boden und lachte laut. Die Bilder waren vorübergezogen, der Albtraum verblasste. Die Zelle sah allmählich wieder normal aus, so wie vor dem Essen. Die Lichter brannten nach wie vor, aber sie hatten jetzt nicht mehr die kaleidoskopartige Wirkung, die sie während der letzten Stunden wahrgenommen hatte. Sie war wieder allein in ihrer Zelle, allein mit ihren Ängsten.
Doch sie verspürte jetzt keine Angst mehr, nur noch überwältigende Erleichterung. Er hatte ihren Verstand angegriffen, auf eine Art, bei der es ihr schwerer fiel, sich zur Wehr zu setzen, aber jetzt war es vorüber, und sie hatte überlebt. Sie wälzte sich lachend auf dem Boden hin und her, sie zeigte auf die Wände und auf die Tür, sie hielt sich den Bauch und krümmte sich, weil sie so sehr lachen musste, dass es ihr wehtat.
Die Wände bewegten sich nicht, die Tür blieb geschlossen, und Sarah lachte immer weiter, während es allmählich wieder kälter wurde.
26
K aties Schlafzimmer überraschte mich. Sie war klug und hübsch, aber ihr Zimmer war hoffnungslos unordentlich, nichts schien an seinem eigentlichen Platz zu liegen. Auf dem Fußboden war Kleidung verstreut, als hätte sie sie auf dem Weg ins Bett einfach hingeworfen. An einem Ende des Betts stapelten sich Geschichtsbücher, einige aufgeschlagen, andere geschlossen. Es roch feminin nach einer Mischung aus Kosmetika und dezenten Parfüms. Lediglich das Surren der PC-Lüftung störte die Aura.
Der Rechner stand auf einem alten Schreibtisch vor dem Fenster, und Katie bewegte die Maus, um den Bildschirmschoner abzuschalten. Dann setzte sie sich auf einen ramponierten alten Stuhl, während ich mich ein Stück von ihr entfernt gegen die Wand lehnte.
»Ich habe zwar eben von Geständnissen gesprochen«, begann sie, »aber im eigentlichen Sinn sind das wohl keine Geständnisse. Genau genommen weiß ich gar nicht so genau, ob ich sie überhaupt verstanden habe.«
»Wie meinst du das?«
»Ich meine die Sprache, die sie benutzt. So redet kein Mensch. Es klingt eigenartig, als ob mit der Tonlage etwas nicht stimmt.«
»Hast du das der Polizei auch gesagt?«
Sie lachte. »Seit wann ist das mein Job?« Sie stellte das Weinglas auf den Schreibtisch und winkte mich zu sich, dann tippte sie mit einer Hand auf die Bettkante. »Komm her, du willst dir das doch ansehen, oder nicht?«
Ihr Top rutschte nach vorn, als sie sich vorbeugte, und ich konnte sehen, dass sie keinen BH trug. Oder vielleicht hatte ich das ja auch sehen sollen. Sie lächelte mich an, ihre Pupillen waren geweitet, und sie trotzte meinem Blick.
Ich verspürte ein Kribbeln im Bauch, aber das war keine Lust, sondern Angst. Ich wusste, ich sollte jetzt gehen, weil ich mir Sorgen machte, was passieren würde, wenn ich noch länger blieb. Ich war nicht so lange aus dem Rennen, dass ich die Zeichen nicht mehr erkannt hätte. Katie flirtete mit mir, sah mir tief in die Augen, spielte mit ihrem Haar. Jedoch kam es mir nicht echt vor. Sie spielte mit mir, das konnte ich spüren, nur war mir der Grund dafür nicht klar.
Ich setzte mich auf die Bettkante, während Katie sich durch verschiedene Ordner klickte. »Ich habe den Scan verschlüsselt wegen der Polizei«, sagte sie. »Ich muss kurz überlegen, wo ich den Brief abgelegt habe.«
Ich sah zu, wie sie weitersuchte, dann hörte sie auf zu klicken und lehnte sich nach hinten. »Da wären wir«, sagte sie. »Das ist der erste Brief. Sieh ihn dir an.«
Das Bild eines handgeschriebenen Textes war auf dem Monitor zu sehen. Die Handschrift war klar und ordentlich –
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