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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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haben gesagt, dass sie die Handtasche auf der anderen Seite vom Bett gefunden haben.« Sie hielt kurz inne. »So weit bin ich nicht ins Zimmer gegangen.«
    Ich dachte einen Moment lang nach. Für Sarah sah es nicht gut aus. Ein Einbruch kam nicht infrage, denn Geld war nicht gestohlen worden. Aber wenn Sarah auf der Flucht war, dann hatte sie kein Geld in der Tasche. Und was war mit den Blutspuren im Waschbecken und an den Wasserhähnen? Wenn sie das weggewischt hatte, dann war das eine berechnende Handlung. Aber wenn Sarah die Mörderin war, warum war sie dann nicht berechnend genug gewesen, ihre Handtasche mitzunehmen, wenn sie doch wusste, sie würde auf der Flucht sein? Warum war sie nicht zum nächsten Geldautomaten gefahren und hatte ihr Konto leer geräumt? Mit Bargeld in der Tasche konnte sie erheblich länger untertauchen als mit einer Kreditkarte.
    Diese ganze Angelegenheit gefiel mir nicht. Zugegeben, auf den ersten Blick sah es so aus, als ob Sarah die Mörderin wäre, aber all diese kleinen Dinge passten einfach nicht zusammen. Kein erkennbares Motiv, keine Vorgeschichte hinsichtlich irgendwelcher psychischer Störungen. Kein Geld in der Tasche. Bewusstes Verwischen von Spuren nach der Tat.
    Luke musste den Mörder gekannt haben. Seine Beine waren noch in die Bettdecke gewickelt gewesen, also war er nicht aufgestanden, um sich gegen einen Eindringling zu wehren. Er hatte sich sicher genug gefühlt, um bis zu dem Moment im Bett zu bleiben, als die Klinge ihn in die Brust traf. Dass er nicht ganz unter der Bettdecke gelegen hatte, mochte darauf hindeuten, dass er vielleicht doch noch in letzter Sekunde hatte ausweichen wollen, als er die Klinge sah. Bis dahin jedoch hatte er sich damit begnügt, nackt und verwundbar im Bett liegen zu bleiben.
    »Kann ich mir das Zimmer mal ansehen?«, fragte ich.
    Katie wischte sich über die Augen und zeigte mir die Richtung. »Wenn du willst«, erwiderte sie.
    Ich faltete die Ausdrucke und schob sie in meine Gesäßtasche, dann ging ich nach nebenan. Als ich die Tür aufdrückte, stellte ich überrascht fest, wie normal das Zimmer erschien. Ich war mir nicht sicher, was ich erwartete, doch die Wände und der Boden sahen sauber aus, und auf der Kommode in der gegenüberliegenden Ecke tummelten sich etliche Bilderrahmen. Einen Teppich gab es nicht, und das Bett war weggeschafft worden.
    Ich zog die Vorhänge auf und warf eine Blick nach draußen auf die Straße. Eine ganz normale Aussicht. Dann wandte ich mich den Bilderrahmen zu. Ein Foto zeigte Sarahs Eltern, wie sie entspannt in einem Garten saßen. Da waren Bilder von Freunden, von einem schwarzen Labrador, von einer Gruppe junger Frauen, womöglich aus der Zeit auf dem College. Ich erkannte Sarah in der Gruppe, und so wie bei dem Facebook-Foto kam es mir auch hier so vor, als hätten die Zeitungen ihr mit ihrer Motivauswahl keinen Gefallen getan. Die abgedruckten Bilder wurden ihrem strahlenden, sorglosen Lächeln und der Art, wie ihr die Haare ins Gesicht fielen, nicht gerecht.
    Ich wollte ein Gefühl für die wahre Sarah bekommen, also zog ich eine Schublade auf. Darin lagen zwei Stapel T-Shirts, ein wenig schief, als hätte sie das unterste herausgezogen. Oder es war das Werk der Polizisten gewesen, die nach versteckten Beweisen gesucht hatten. Die nächste Schublade war schon unordentlicher – Unterwäsche und Socken, die sie womöglich in Eile wahllos in das Fach zurückgestopft hatten. In einer Ecke entdeckte ich ein Päckchen Kondome, drei der ursprünglichen zwölf fehlten.
    Die anderen Schubladen sah ich nur flüchtig durch und seufzte leise. Mir war klar, dass die Polizei natürlich alles Brauchbare mitgenommen hatte. Langsam ließ ich den Blick durch den Raum schweifen, dann machte ich ein paar Fotos und stellte mich schließlich dorthin, wo das Bett gestanden haben musste. Ich bemerkte, dass Katie mich beobachtete. Wieder schaute ich mich um und versuchte, das Ganze aus der Perspektive zu betrachten, aus der Luke in seinen letzten Momenten die Welt gesehen hatte. Da war das Fenster zur Straße hin, aber er wird sich unterhalb der Höhe der Fensterbank befunden haben, sodass er nicht beobachten konnte, was draußen geschah. Ich drehte mich zur Tür um und stellte fest, dass ich von seiner Position aus das Geländer auf dem Treppenabsatz sehen konnte.
    Ich versuchte, mir die Szene vorzustellen, wie Sarah zurück ins Schlafzimmer kam, die Hände auf dem Rücken. Luke war nackt, also hatten sie sich kurz

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