Hexenblut
auch wenn diese Truppe mir mit Erfolg Angst gemacht hatte. Aber wenn ich diese Angst zeigte, hatte ich auf ganzer Linie verloren.
»Na, dann reden Sie mal«, sagte ich. »Lassen Sie mich raten … Sie müssen DCI Carson sein.« Als er mich erstaunt ansah, fügte ich hinzu: »Die Leute erzählen keine besonders schmeichelhaften Dinge von Ihnen. Es ist nicht allzu schwer zu folgern, dass Sie dieser Arsch sind, über den alle so gern lästern.«
Ich hörte, wie jemand hinter mir nach Luft schnappte. Ich baute ganz auf die Tatsache, dass ich keiner von den Kriminellen war, mit denen er normalerweise zu tun hatte und deren Beschwerden von niemandem ernst genommen wurden. Ich würde einfach an die Öffentlichkeit gehen. Die Macht der Presse.
Er kam näher und sah mich mit seinen tiefblauen Augen an. »Ich möchte, dass Sie mir erzählen, was Sie letzte Zeit so getrieben haben. Sie müssen sich nicht abhetzen, wir haben viel Zeit.« Er sprach leise, aber eindringlich, sein Verhalten war sachlich.
»Stehe ich unter Arrest?«
Er schüttelte den Kopf.
»Dann haben Sie mich also entführt«, folgerte ich.
Daraufhin begann Carson zu lachen. Die anderen fielen in sein Gelächter ein.
»Sie sind freiwillig mitgekommen«, widersprach er mir. »Wenn Sie wollen, können Sie jederzeit gehen.«
Als ich mich umsah, stellte ich fest, dass die anderen alle grinsten. Zwei von ihnen standen gegen den Wagen gelehnt, ein weiterer zündete eine Zigarette an. Die Spitze war ein heller orangefarbener Lichtpunkt in der Dunkelheit.
»Dann lassen Sie uns zurückfahren«, sagte ich. »An dieser Unterhaltung bin ich nicht interessiert.«
Er deutete auf die Holperstrecke. »Zurück in die Stadt geht’s da lang.« Er sah zum Himmel. »Sie hätten einen Schirm mitbringen sollen. Es sieht nach Regen aus.«
Dann wurde mir klar, warum man mich hergebracht hatte. Mir blieb nur die Wahl, auf ihre Fragen zu antworten, oder einen langen Spaziergang zu unternehmen. Ich kannte genug Geschichten, bei denen Polizisten mit möglichen Verdächtigen oder Zeugen solche »Ausflüge« unternahmen, um an Informationen zu gelangen. Nun war ich das jüngste Opfer dieser Taktik geworden.
»Keine Lust?«, fragte er spöttisch. »Ich sage Ihnen, was Sie tun werden: Sie werden reden. Sie werden uns erzählen, was Sie so treiben. Sie werden uns erzählen, wo Sie gewesen sind, wohin Sie gehen werden, wenn wir hier fertig sind, und was Sie bislang herausgefunden haben.«
Damit war meine wichtigste Frage beantwortet, nämlich die, warum man mich hergebracht hatte. Jetzt wusste ich, es hatte mit Luke oder mit Sarah zu tun. Angestrengt überlegte ich, was ich tun sollte. Ich ließ meinen Blick über die versammelte Truppe schweifen. Der Raucher hatte seine Zigarette auf den Boden geworfen und trat sie aus, die anderen machten einen gelangweilten Eindruck.
Dann dachte ich an Laura. Ich konnte es mir nicht leisten, diese Leute gegen mich aufzubringen, weil sie das möglicherweise an ihr auslassen würden. Dass wir uns mit unseren Jobs mitunter gegenseitig ins Gehege kommen konnten, wusste sie, doch manchmal wurde die Situation einfach zu riskant. Ich beschloss, aus Sicherheitsgründen bei der Wahrheit zu bleiben, zumindest bei einer gekürzten Fassung.
»Die Eltern von Sarah Goode haben mich gebeten, Nachforschungen anzustellen, was ihrer Tochter zugestoßen ist«, antwortete ich und gestikulierte, als gebe es mehr nicht zu sagen.
»Wer ist Sarah Goode?«, fragte Carson.
»Sie wissen ganz genau, wer sie ist«, gab ich zurück. »Sie versuchen, sie zu finden, weil Sie glauben, dass sie ihren Freund ermordet hat.«
»Ich weiß, was sie ist. Ich will wissen, wer sie ist, wen sie kennt und wohin sie geht.«
Als ich mir seine Fragen durch den Kopf gehen ließ, wurde mir zum einen klar, dass sie nach wie vor die Hauptverdächtige war. Zum anderen merkte ich, wie wenig ich eigentlich über sie wusste. »Sehr viel habe ich auch noch nicht herausgefunden«, sagte ich.
»Und was haben Sie herausgefunden?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Das Gleiche wie Sie. Sie ist eine hübsche junge Lehrerin, die seit über einer Woche nicht mehr gesehen wurde und kurz nach der Ermordung ihres Freundes verschwunden ist.«
»Erzählen Sie mir von Katie«, forderte Carson mich auf.
Überrascht sah ich ihn an. »Ist sie auch eine Verdächtige?«
»Erzählen Sie mir einfach, was Sie wissen.« Er wurde allmählich ungeduldig.
Seufzend fuhr ich fort: »Auf mich macht sie den Eindruck
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