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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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miesen Ruf haben«, sagte sie spitz.
    »Ich tue das, was ich schon immer tun wollte. Ich habe viel Freizeit, und ich mache mir keine Gedanken darüber, was die Leute von mir halten.«
    »Das kümmert dich wirklich nicht?«, fragte Katie.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin freier Journalist, der in einem kleinen Cottage lebt, und das genügt mir.«
    »Und Laura?«
    Ich zuckte leicht zusammen. »Was soll mit Laura sein?«
    Sie blieb stehen und sah mich an. »Glaubst du, ihr beide werdet heiraten?«
    Darüber lachte ich etwas zu laut. »So weit im Voraus haben wir noch nicht geplant«, räumte ich ein und wunderte mich dann, warum sie das wissen wollte. »Ist heute Morgen irgendwas vorgefallen zwischen Laura und dir?«
    Katie lächelte. »Nur ein Gespräch unter Frauen«, antwortete sie und ging weiter, um mir die Tür aufzuhalten.
    Die Collegebibliothek entpuppte sich als kleiner, als ich erwartet hatte. Im Grunde war sie nur ein großes Zimmer im obersten Stock, von dem aus man Blackley überblicken konnte. Vor der Fensterfront standen Tische, die durch Trennwände voneinander abgeteilt waren, die Bücher lagen in düsteren Gängen gestapelt. Es war eine ganz andere Welt, als es meine Universität gewesen war, wo die Bibliothek ein eigenes Gebäude beanspruchte. Hier war es zwar heller und moderner, aber es wirkte so, als wäre es den Verantwortlichen erst nach der Fertigstellung des Gebäudes eingefallen, dass sie auch eine Bibliothek unterbringen mussten.
    Katie drückte mir ein Blatt in die Hand. »Den Brief von gestern Abend habe ich auch noch eingescannt, bevor ich ihn der Polizei überlassen habe. Kümmere du dich um den, ich nehme mir die ersten beiden vor.«
    Während Katie an den Regalen entlangging, fragte ich mich, was es mit ihrer Theorie auf sich haben mochte. Wenn es tatsächlich eine Verbindung gab, war es zwar denkbar, dass Sarah Nachrichten übermittelte, doch die waren meiner Ansicht nach viel zu sehr verschlüsselt, als dass man sie verstanden hätte.
    Ich legte meine Jacke über einen Stuhl und folgte Katie in den Teil der Bibliothek, den sie aufgesucht hatte. Es gab einen Bereich, der ganz der Lokalgeschichte gewidmet war und sich mit Themen wie der industriellen Revolution oder Religionsstreitigkeiten auseinandersetzte. Und es fand sich auch eine Abteilung mit Veröffentlichungen über Hexen. Die meisten berichteten über die Pendle-Hexenprozesse, lieferten Mitschriften der Anklage und Beweisführung, beschäftigten sich mit den Ursachen und Hintergründen der Vorfälle.
    Mit einigen recht brauchbar erscheinenden Titeln, darunter einer exakten Prozessmitschrift – zumindest so exakt, wie es in einer Zeit vor der Erfindung der Kurzschrift möglich gewesen war – sowie zwei Bänden über die an den Verfahren beteiligten Personen, kehrte ich an den Tisch zurück. Da ich Katie nirgends sehen konnte, machte ich mich allein an die Arbeit und blätterte die Bücher durch.
    Aus meiner Tasche zog ich den Scan von Sarahs Brief und legte ihn neben die Bände, um ihn noch einmal zu lesen:
     
    Es weilt niemand unter den Lebenden, der unwilliger ist, dieses traurige und schwerwiegende Urteil zu verkünden, als ich selbst. Aber das Blut dieses unschuldigen Kinds, das ich auf so grausame und barbarische Weise ermordet habe, hat zu dieser Zeit dieses schwerwiegende Urteil über mich gebracht.
    Sarah
     
    Leise seufzend fragte ich mich, ob Katie vielleicht zu angestrengt versuchte, einen Grund für Sarahs Tat zu finden. Aber dann musste ich an Sarahs Vorfahrin Anne Whittle denken. Zumindest hatte ich einen Ansatzpunkt.
    Die Bücher waren schwere Kost, und irgendwann merkte ich, wie meine Gedanken abzuschweifen begannen. Ich dachte an Sarahs Eltern, die zweifellos voller Sorgen waren, was wohl ihre Tochter in dem Moment machte, da ich in staubigen Büchern blätterte, die sich mit vierhundert Jahren alten Geschehnissen befassten. Und ich fragte mich, was DCI Carson wohl sagen würde, wenn er davon wüsste.
    Ich hatte von den Pendle-Hexen gehört, und mir waren auch einige Namen vertraut – Bulcock, Alice Nutter –, doch bei dieser Lektüre wurde mir klar, dass die Geschichte weitaus komplexer war und es um mehr ging als um Hexenprozesse gegen ein paar Frauen aus der Gegend.
    Die Pendle-Hexen waren so wie alle anderen, die man der Hexerei bezichtigte: arme, ungebildete Frauen, die als Außenseiterinnen angesehen wurden.
    Zwei Familien spielten die zentrale Rolle: die Southerns und die Whittles, beide

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